Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Wenn der „Offene Mittagstisch“geschlossen bleibt
Senioren reagieren traurig, aber größtenteils mit Verständnis
AULENDORF - „Als bekannt gegeben wurde, dass der Offene Mittagstisch in Aulendorf vorerst nicht stattfinden wird, bekam ich viele Anrufe von unseren Senioren, die natürlich sehr enttäuscht waren“, berichtet Teamleiterin Christina Näßler. Kein Wunder, hatte dieses Angebot der katholischen Kirchengemeinde doch einen Stammplatz im Kalender vieler Senioren.
Über das Winterhalbjahr organisierte bislang ein ehrenamtliches Betreuungsteam im Gemeindehaus St. Martin jeden Donnerstag ein warmes Mittagessen in Gesellschaft für alle, die beides gut gebrauchen können. Dieses Angebot stand allen Menschen offen und war nicht zuletzt für ältere Aulendorfer eine bereichernde Abwechslung. Wer den Beitrag von vier Euro aufbringen konnte, gab diesen in ein „Kässle“, wer diesen Betrag nicht aufbringen konnte, gab weniger. Das Essen aus Suppe oder Salat, Hauptgang und Dessert kam in Warmhalteboxen vom Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Bad Schussenried. Die Besucherzahlen gingen in den letzten sieben Jahren stetig nach oben und pendelten sich zuletzt bei etwa 40 Teilnehmern ein.
Im achten Jahr müssen die Senioren nun auf dieses liebgewonnene Angebot verzichten. Viele Stammgäste reagieren traurig, aber mit großem Verständnis, so wie Anneliese Müller: „Es war immer sehr schön, das Essen war gut und natürlich die Gemeinschaft. Aber jetzt ist es eben anders. Wir Senioren haben schon so vieles mitgemacht, da stehen wir diese Zeit auch noch durch. Wichtig wäre, dass sich alle an die Auflagen halten und nicht wie in Leipzig ohne Abstand und ohne Mundschutz demonstrieren.“
Maria Moser fehlt der Mittagstisch sehr, es sei immer so nett gewesen, der Impuls vom Diakon, das Essen und vor allem natürlich die Tischgemeinschaft. „Und hinterher haben wir dann immer noch einen Verdauungsspaziergang gemacht“, blickt die rüstige Seniorin bedauernd zurück. Sie wünscht sich sehnlichst, „dass die ‚Kommede‘ bald vorbei ist.“
Doch nicht nur den Teilnehmern fehlt die Aktion, auch das Team vermisst den Dienst. „Sollte sich die Lage zum Positiven verändern, sind wir alle mit Begeisterung auch kurzfristig jederzeit bereit für den Einsatz“, bestätigt die ehrenamtliche Teamleiterin Näßler. Diakon Willy Schillinger betont, dass seitens des Veranstalters die Verantwortung für die Gesundheit von Mitarbeitern und Gästen im Vordergrund stehe. „Wir wissen nicht, was nach dem Lockdown-Light sein wird, aber wir werden unsere Planungen entsprechend abstimmen“, betont der Hauptverantwortliche.
Bis dahin seien alle gedanklich im Gebet miteinander verbunden, mit der gemeinsamen Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen beim Offenen Mittagstisch. „Wenn die Einsamkeit zu sehr drückt, dürfen sich Betroffene jederzeit gerne bei mir oder den anderen Seelsorgern der Gemeinde melden,“lautet der abschließende Rat des Diakons.