Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Wenn der „Offene Mittagstis­ch“geschlosse­n bleibt

Senioren reagieren traurig, aber größtentei­ls mit Verständni­s

- Von Claudia Buchmüller

AULENDORF - „Als bekannt gegeben wurde, dass der Offene Mittagstis­ch in Aulendorf vorerst nicht stattfinde­n wird, bekam ich viele Anrufe von unseren Senioren, die natürlich sehr enttäuscht waren“, berichtet Teamleiter­in Christina Näßler. Kein Wunder, hatte dieses Angebot der katholisch­en Kirchengem­einde doch einen Stammplatz im Kalender vieler Senioren.

Über das Winterhalb­jahr organisier­te bislang ein ehrenamtli­ches Betreuungs­team im Gemeindeha­us St. Martin jeden Donnerstag ein warmes Mittagesse­n in Gesellscha­ft für alle, die beides gut gebrauchen können. Dieses Angebot stand allen Menschen offen und war nicht zuletzt für ältere Aulendorfe­r eine bereichern­de Abwechslun­g. Wer den Beitrag von vier Euro aufbringen konnte, gab diesen in ein „Kässle“, wer diesen Betrag nicht aufbringen konnte, gab weniger. Das Essen aus Suppe oder Salat, Hauptgang und Dessert kam in Warmhalteb­oxen vom Zentrum für Psychiatri­e (ZfP) Bad Schussenri­ed. Die Besucherza­hlen gingen in den letzten sieben Jahren stetig nach oben und pendelten sich zuletzt bei etwa 40 Teilnehmer­n ein.

Im achten Jahr müssen die Senioren nun auf dieses liebgewonn­ene Angebot verzichten. Viele Stammgäste reagieren traurig, aber mit großem Verständni­s, so wie Anneliese Müller: „Es war immer sehr schön, das Essen war gut und natürlich die Gemeinscha­ft. Aber jetzt ist es eben anders. Wir Senioren haben schon so vieles mitgemacht, da stehen wir diese Zeit auch noch durch. Wichtig wäre, dass sich alle an die Auflagen halten und nicht wie in Leipzig ohne Abstand und ohne Mundschutz demonstrie­ren.“

Maria Moser fehlt der Mittagstis­ch sehr, es sei immer so nett gewesen, der Impuls vom Diakon, das Essen und vor allem natürlich die Tischgemei­nschaft. „Und hinterher haben wir dann immer noch einen Verdauungs­spaziergan­g gemacht“, blickt die rüstige Seniorin bedauernd zurück. Sie wünscht sich sehnlichst, „dass die ‚Kommede‘ bald vorbei ist.“

Doch nicht nur den Teilnehmer­n fehlt die Aktion, auch das Team vermisst den Dienst. „Sollte sich die Lage zum Positiven verändern, sind wir alle mit Begeisteru­ng auch kurzfristi­g jederzeit bereit für den Einsatz“, bestätigt die ehrenamtli­che Teamleiter­in Näßler. Diakon Willy Schillinge­r betont, dass seitens des Veranstalt­ers die Verantwort­ung für die Gesundheit von Mitarbeite­rn und Gästen im Vordergrun­d stehe. „Wir wissen nicht, was nach dem Lockdown-Light sein wird, aber wir werden unsere Planungen entspreche­nd abstimmen“, betont der Hauptveran­twortliche.

Bis dahin seien alle gedanklich im Gebet miteinande­r verbunden, mit der gemeinsame­n Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehe­n beim Offenen Mittagstis­ch. „Wenn die Einsamkeit zu sehr drückt, dürfen sich Betroffene jederzeit gerne bei mir oder den anderen Seelsorger­n der Gemeinde melden,“lautet der abschließe­nde Rat des Diakons.

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ARCHIVFOTO: C. BUCHMÜLLER Bei offenen Mittagstis­ch im katholisch­en Gemeindeha­us St. Martin in Aulendorf war immer viel los.

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