Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Angeklagter soll Ehepaar aus Weingarten um 45 000 Euro betrogen haben
Mit „Falschem Gewinnversprechen“wurde ein Paar in die Falle gelockt – Masche ist weit verbreitet
WEINGARTEN - Vor dem Landgericht Ravensburg hat am Mittwoch der Prozess gegen einen 49-jährigen Mann aus Mannheim begonnen, der ein älteres Ehepaar aus Weingarten vom Frühjahr bis Sommer vergangenen Jahres mit dem sogenannten „Falschen Gewinnversprechen“um rund 45 000 Euro betrogen haben soll.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, gemeinsam mit einem Komplizen im April 2020 die Opfer mit einem Lotteriegewinn von 340 000 Euro in eine Falle gelockt zu haben. Wie Staatsanwalt Peter Spieler in der Anklageschrift darlegte, habe der Komplize, der sich als ein „Herr Hoffmann“ausgab, am Telefon dem Paar die Nachricht mitgeteilt. Um den den Gewinn zu bekommen, seien allerdings vorab Zollgebühren fällig, die vor der Auszahlung beglichen werden müssten.
Mitte Juni sei es dann zur ersten Geldübergabe in der Wohnung des Ehepaars gekommen. Sie übergaben dem Angeklagten 33 000 Euro in bar. Zwei Wochen später habe es eine weitere Zahlung gegeben. Dieses Mal übergab das Paar dem 49-Jährigen 9 750 Euro und bei einem dritten Treffen 2 700 Euro.
Beim vierten Treffen Mitte Juli 2020 war, so Spieler, die Polizei auf den Fall aufmerksam geworden. Das Paar übergab dem Angeklagten ein präpariertes Päckchen, in dem sich statt der geforderten 43 000 Euro nur Papierstreifen befanden. Die Polizei konnte den Angeklagten daraufhin festnehmen. Er sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
In der Wohnung des Angeklagten fanden die Beamten Bargeld in Höhe von 28 450 Euro, die dem Ehepaar zurückerstattet wurden. Ihm entstand ein Schaden von 17 000 Euro.
Neben Betrug wirft die Staatsanwaltschaft dem 49-Jährigen auch gewerbsmäßigen Betrug vor, was juristisch bedeutet, der Angeklagte habe damit seinen Lebensunterhalt bestritten. Ob er bereits wegen ähnlicher Delikte straffällig geworden ist, kam am ersten Verhandlungstag nicht ans Licht. Nach der Verlesung der Anklageschrift beendete Richter Veiko Böhm die Sitzung. Der Prozess wird am 1. Februar fortgesetzt. Dann werden auch die ersten Zeugen gehört.
Die Masche mit falschen Gewinnversprechen ist der Polizei nicht unbekannt, wie die „Schwäbische Zeitung“auf Anfrage beim Polizeipräsidium Ravensburg erfuhr. Sie komme in den unterschiedlichsten Varianten vor. Das Prinzip sei immer dasselbe: Vor einer Gewinnübergabe werden die Opfer dazu aufgefordert, eine Gegenleistung zu erbringen, beispielsweise „Gebühren“zu bezahlen, Telefonnummern anzurufen oder an Veranstaltungen teilzunehmen, auf denen minderwertige Ware zu überhöhten Preisen angeboten wird.
Meist melden sich die Täter per Telefon, manchmal auch per E-Mail oder per Post. Zielgruppe seien zumeist ältere Menschen, die von überwiegend aus der Türkei agierenden Betrügern kontaktiert werden. Um ihre Opfer in Sicherheit zu wiegen, geben sie vor, im Auftrag von Rechtsanwälten und Notaren anzurufen, und teilen den angeblichen Gewinnern eine Rückrufnummer für die weitere Gewinnabwicklung mit. Melden sich die Opfer dort, fordert man sie auf, angeblich anfallende Kosten zu zahlen, bevor sie den Gewinn bekommen können.
Bei ihren Anrufen täuschen die Täter seriöse Rufnummern mit einer speziellen Technik vor. Sie geben klare Zahlungsanweisungen, beispielsweise Bargeld zu transferieren oder Prepaid-Karten für Online-Einkäufe zu kaufen. In amtlich wirkenden Briefen werden die Opfer aufgefordert, eine bestimmte Telefonnummer zu wählen. Die Opfer landen dann in einer Warteschleife und es entstehen hohe Telefonkosten.
Ist der Anrufer kritisch und nicht zu leicht zu überzeugen, üben die Täter massiven Druck aus und drohen nicht selten mit Konsequenzen, wie einer Strafanzeige. Zahlt das Opfer, lassen die Täter nicht locker und stellen immer weitere Forderungen. Sie geben sich als Polizisten, Staatsanwälte oder Richter aus.
Mit 50 Fällen im Jahr 2019 liegt der Landkreis Ravensburg an der Spitze im Zuständigkeitsbereich vor dem Landkreis Bodensee mit 40 und dem Landkreis Sigmaringen mit 30 Fällen. Die Schadensummen seien trotz steigender Fallzahlen - in den vergangen Jahren rückläufig.
So hätten Täter ihre Opfer um rund 92 000 Euro geprellt. Allerdings seien seit der Corona-Pandemie die Fallzahlen nochmals deutlich gestiegen, sagt Daniela Baier von der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit beim Polizeipräsidium Ravensburg. Genauere Zahlen dürften noch nicht veröffentlicht werden.
Die Polizei warnt eindringlich vor dieser Masche: Wer nicht an einer Lotterie teilgenommen hat, kann nichts gewonnen haben.