Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
59-Jähriger legt Widerspruch gegen Ausgangssperre ein
Warum er die Maßnahme des Landratsamts für unlogisch hält und wie er mit einer Gerichtsentscheidung umgehen will
(gem) - Ab diesem Mittwoch (14. April), 0 Uhr, gilt im Landkreis Biberach wieder eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 21 und 5 Uhr. Trotz „Notbremse“sei die Sieben-tage-inzidenz weiterhin merklich angestiegen, begründet das Landratsamt den Schritt und beruft sich als Rechtsgrundlage auf die Corona-verordnung des Landes. Das Sozialministerium habe in einem Schreiben an die Landkreise mitgeteilt, dass jedenfalls ab einer Inzidenz von 150 je 100 000 Einwohnern nächtliche Ausgangsbeschränkungen zu verhängen sind, so das Landratsamt (SZ berichtete). Hermann Steinwandel aus Bad Buchau will das so nicht hinnehmen und hat Widerspruch gegen die Ausgangssperre eingelegt – nicht zum ersten Mal.
Bereits Mitte Februar, als der Landkreis Biberach wegen der Corona-fallzahlen erstmals eine nächtliche Ausgangssperre verhängt hatte, legte der 59-jährige Ingenieur aus Bad Buchau Widerspruch ein – ohne
Erfolg. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen lehnte diesen damals ab. Die Verfahrenskosten von rund 200 Euro hatte Steinwandel zu bezahlen.
Diese sei er nun bereit, erneut zu bezahlen, sagt er im Gespräch mit der SZ. Er habe erneut Widerspruch gegen die Ausgangssperre eingelegt, weil sich die Sachlage seit Februar seiner Ansicht nach geändert habe. Ein Nachweis für die Wirksamkeit einer Ausgangssperre auf die Verbreitung des Coronavirus sei nicht erbracht, schreibt Steinwandel. Er bezieht sich dabei auf die Aussagen von Aerosolexperten, die eine Ansteckung im Freien für sehr gering halten. Die derzeit geltenden Kontaktbeschränkungen reichten aus seiner Sicht deshalb aus, so Steinwandel. „Wenn ich tagsüber keine Party mit mehreren Menschen feiern darf, dann darf ich das auch nachts nicht.“Aber wieso solle er nachts nicht an der frischen Luft spazieren gehen dürfen. „Das entzieht sich meiner Logik“, so der 59-Jährige. „Nur weil einige mit 180 über die Bundesstraßen brettern, verbietet man doch auch das Autofahren nicht.“
Er stehe mehrheitlich hinter den getroffenen Corona-maßnahmen und sei kein Verschwörungstheoretiker und würde auch an keiner Corona-demo teilnehmen, aber die Politiker, egal von welcher Partei, agierten momentan „einfach planlos“. „Corona ist eine Katastrophe – unbestritten. Ich hatte in meinem Bekanntenkreis selbst heftige Fälle“, so der 59-Jährige, „aber wir haben das jetzt seit einem Jahr und müssen eine Lösung finden, wie wir damit vernünftig umgehen.“Das Virus sei nicht mehr auszurotten, die Welt werde sich damit auch künftig auseinandersetzen müssen. Er selbst tendiere eher zum schwedischen Modell, dessen höheres Risiko ihm durchaus bewusst sei.
Dass er mit seinem Widerspruch gegen die Ausgangssperre am Ende erfolgreich ist, glaubt Steinwandel eher nicht. „Ich sehe meine Chancen zwar besser als im Februar, aber immer noch unter 50 Prozent“, sagt er und wartet nun gespannt auf die Begründung des Verwaltungsgerichts in Sigmaringen.
Dort wie auch beim Biberacher Landratsamt bestätigt man den Eingang des Widerspruchs. „Er wird nun dem Landratsamt zur Stellungnahme zugeleitet, und es werden entsprechende Unterlagen angefordert“, erläutert Gerichtssprecher Florian Nagel
auf Anfrage. Dann werde sich die zuständige Kammer des Verwaltungsgerichts damit befassen. „Die Kammer beabsichtigt, das Verfahren nach Eingang einer Stellungnahme des Landratsamts am Donnerstag zu entscheiden“, so der Gerichtssprecher.
Die Entscheidung des Gerichts, egal wie sie ausfalle, werde er akzeptieren, kündigt Steinwandel an. Dass er bei einer Ablehnung seines Widerspruchs die nächste juristische Instanz anruft, schließt er aus. „Dann müsste ich mich anwaltlich vertreten lassen, und das wird mir zu teuer.“Aber auf der untersten gerichtlichen Ebene wolle er die Möglichkeiten nutzen, die sich ihm als Bürger böten.
Eine aufschiebende Wirkung habe Steinwandels Widerspruch nicht, teilt das Landratsamt mit. Das bedeutet, dass die Ausgangssperre wie geplant in Kraft tritt. „Die Allgemeinverfügung ist aufgrund des Infektionsschutzgesetzes sofort vollziehbar“, so Pressesprecherin Verena Miller.