Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Kostbares Nass
Je nach Wohnort fallen die Preise für Trinkwasser sehr unterschiedlich aus
- Wer sein Trinkwasser von den Stadtwerken Sigmaringen oder der e.wa riss aus Biberach bezieht, hat Glück. Im baden-württembergischen Vergleich ist Wasser von dort besonders günstig. Pech hat, wer zum Beispiel in Ellwangen, Blaubeuren oder Schwäbisch Hall wohnt. Dort zahlen die Menschen vergleichsweise viel für ihr Wasser. Das geht aus der neuen Liste der Landeskartellbehörde für Energie und Wasser hervor. Doch warum unterscheiden sich die Preise für Trinkwasser überhaupt? Und welche Faktoren sind entscheidend? Antworten auf die wichtigsten Fragen:
Wo ist Trinkwasser besonders teuer, wo besonders günstig?
Pro Kopf verbraucht ein Badenwürttemberger am Tag 115 Liter Trinkwasser. Etwas weniger sparsam sind die Bayern: Sie verbrauchen im Schnitt 129 Liter pro Person und Tag. Je nachdem, wo der Wasserhahn aufgemacht wird, unterscheiden sich die Preise. In Badenwürttemberg reicht die Spanne von von 1,99 Euro pro Kubikmeter (Stadtwerke Bietigheim-bissingen) bis 3,54 Euro (Stadtwerk Külsheim). Auf Platz acht der 83 Wasserversorgungsunternehmen landen die Stadtwerke Sigmaringen (2,27 Euro), die e.wa riss aus Biberach belegt mit 2,47 Euro pro Kubikmeter Rang 17. Das Stadtwerk am See in Überlingen landet auf Rang 24 (2,64 Euro), die Stadtwerke Tuttlingen belegen Rang 28 (2,68 Euro), die Technischen Werke Schussental in Ravensburg Rang 33 (2,72). Auf dem 78. Platz landen die Stadtwerke Ellwangen (3,21 Euro).
Bei einem Verbrauch von 150 Kubikmetern im Jahr, was für eine vierköpfige Familie normal ist, zahlen die Sigmaringer somit rund 340 Euro, die Ellwanger immerhin knapp 482 Euro. Im Schnitt liegt der Jahrespreis in Baden-württemberg bei 416 Euro. In den vergangenen zwei Jahren sind die Trinkwasserpreise der Wasserversorger, die die Kartellbehörde im Blick hat, durchschnittlich um 3,42 Prozent angestiegen. 30 von den 83 Wasserversorgern haben ihre Preise stabil gehalten.
Warum werden nicht alle Wasserversorger in der Liste aufgeführt?
Eigentlich gibt es mehr als 1000 Wasserversorger in Baden-württemberg. Die Landeskartellbehörde betrachtet jedoch nur jene 83 Stadtwerke, die zwar in öffentlicher Hand, aber privatgesellschaftlich organisiert sind und Preise erheben. Sie liefern immerhin rund 45 Prozent des Trinkwassers in Baden-württemberg, vor allem in Städten, größeren Gemeinden und Ballungszentren. Daneben gibt es rund 900 weitere Versorger, die kommunal organisiert sind, in denen also der Gemeinderat über die Höhe der Gebühren entscheidet.
Wieso gibt es so große Unterschiede bei den Preisen?
„Warum ein Wasserpreis unterschiedlich ist, hat verschiedene Gründe“, erklärt ein Sprecher des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU). Vereinfacht gesagt: Unterschiedliche Preise entstehen durch unterschiedliche Voraussetzungen. Je nach dem, mit wie viel Aufwand also Wasser gewonnen und gereinigt wird, steigen oder sinken die Preise. „Es gibt ja kein einheitliches Wasserreservoir, das einfach angezapft werden kann“, sagt der Sprecher. Die Übersicht der Landeskartellbehörde für Energie und Wasser über die Wasserpreise bezeichnet er als „etwas unglücklich“. Sie arbeite gar nicht heraus, welche Faktoren eigentlich zu den Preisen führen. „Ein hoher Wasserpreis kann einfach gerechtfertigt sein“, erklärt er. Und: „Im Gegensatz zu den Strompreisen fallen die Wasserpreise in den Haushaltsgrößen eigentlich doch kaum ins Gewicht. Da wundere ich mich schon manchmal, wie emotional über einen Preis von etwa 0,2 Cent pro Liter bei dieser phänomenalen Qualität gestritten wird.“
Welche Faktoren machen Wasser teuer?
In Bayern wie in Baden-württemberg überwiegt die ortsnahe Wassergewinnung. Die Wasserversorgung der Stadt Lindau etwa wird zu 95 Prozent mit Wasser aus dem Bodensee sichergestellt. Während auch das
Wasser im Donauried teilweise direkt aus der Donau oder aus nur wenigen Metern Tiefe entnommen und aufbereitet wird, gibt es auch Gemeinden, die auf Tiefenbohrungen angewiesen sind. „Die müssen zum Teil 20 oder 30 Meter in die Tiefe gehen. Das macht das Ganze natürlich viel teurer“, erklärt der Sprecher. Andere Gemeinden sind auf Lieferanten, wie etwa die Bodenseewasserversorgung, angewiesen und sind damit schon durch den Einkauf an gewisse Preise gebunden.
Eine Rolle spiele auch der Kalk. „Wir entnehmen teilweise Wasser mit einem Härtegrad nach deutscher Härte von 20 und mehr“, sagt der Vku-sprecher. „Wenn Sie damit eine Waschmaschine betreiben, ist die nach wenigen Wochen verkalkt. Dem Wasser Kalk zu entziehen kostet Geld. Das ist ein aufwendiges Verfahren.“Hinzu kommen zum Beispiel die Auswirkungen der Landwirtschaft. Werden die Felder gedüngt, kann Nitrat ins Wasser gelangen. Je weiter oben das Wasser entnommen wird, desto mehr Nitrat muss herausgefiltert werden. Und das ist nicht der einzige Stoff, der ins Grundwasser gelangt: In Gewässern lässt sich etwa Diclofenac oder Ibuprofen nachweisen. Auch Süßstoff kann die Natur nicht abbauen.
Was hat der demografische Wandel mit dem Wasserpreis zu tun?
Die Menschen werden älter, die Bevölkerung nimmt einerseits in immer mehr Regionen ab, andererseits stehen vor allem Großstädte und Großstadtregionen anhaltendem Bevölkerungswachstum gegenüber. Das wirkt sich auch auf die Wasserversorgung aus. „Es gibt manche Straßenzüge, in denen vor zehn Jahren noch lauter Vier-personenhaushalte mit höherer Wasserabnahme waren“, sagt der Sprecher. „Heute wohnt da oft nur noch eine Person. Die Infrastruktur ist aber noch dieselbe. Und die Pflege dieser Infrastruktur ist kostenintensiv.“
Welche Rolle spielt der Klimawandel?
In der Branche wird davon ausgegangen, dass es aufgrund des Klimawandels zu steigenden Wasserpreisen kommt. „Es gibt jetzt schon Kommunen, da laufen die Brunnen an Hitzetagen nur noch auf zehn Prozent Schüttung“, sagt der Sprecher. „Trotzdem muss die Wasserversorgung ja gewährleistet werden. Die Versorger werden sich dann viel stärker mit den Nachbarn vernetzen müssen. Es müssen neue Leitungen gebaut werden, vielleicht auch mehr Speicher, um die Hitzetage zu überbrücken. Kostentreiber sind dann genau diese 20 oder 30 Tage im Jahr.“
Einen grafischen Überblick über die Wasserpreise in Baden-württemberg gibt es auf www.schwaebische .de/wasserpreise