Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Drogen an Minderjähr­igen verkauft

Gefängniss­trafe wegen Handel und Besitz von Drogen in nicht geringer Menge

- Von Claudia Bischofber­ger

(sz) - Ein Geflüchtet­er aus Kamerun wurde vom Richter und zwei Schöffen des Wangener Amtsgerich­ts zu drei Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt, weil er in größerem Umfang Drogen verkauft haben soll, auch an Minderjähr­ige, und eine nicht unerheblic­he Menge in einer Asylunterk­unft aufbewahrt haben soll.

Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem Geflüchtet­en vor, im Zeitraum von Ende 2019 bis April 2020, Amphetamin­e und Marihuana veräußert zu haben. Die Übergaben fanden in einer Asylunterk­unft in Leutkirch statt. Mit zu den Abnehmern habe auch ein noch nicht ganz volljährig­er Drogenkons­ument gehört. Zu einem späteren Zeitpunkt fand man bei ihm in einer Asylunterk­unft in Argenbühl knapp ein Kilo Marihuana, wo er die Drogen auch verkauft haben soll. Insgesamt seien Betäubungs­mittel mit einem Gewinn von 21 000 Euro veräußert worden.

Der Mann aus Kamerun lässt, nachdem die Anklagesch­rift verlesen worden ist, über seinen Dolmetsche­r sagen, dass er keine Angaben zu den Tatvorwürf­en machen werde.

Gegen den ersten Zeugen, der nun den Saal betrat, werden bereits Ermittlung­en geführt. Daher stand es ihm frei, eine Aussage zu machen, wenn er sich dadurch selbst einer Straftat bezichtige­n müsse. Der Zeuge gab zu, dass er bei dem Angeklagte­n mehrmals „Speed“gekauft habe. Der Kontakt sei über Whatsapp zustande gekommen.

In Kamerun habe der Angeklagte nie eine Schule besucht. Mit elf habe er begonnen auf einer Baustelle zu arbeiten. Sein Land verlassen habe er, weil die Leute sagten, er sei verhext. Daher wurde er von seiner Familie ausgestoße­n. Seit er in Deutschlan­d ist, trinke er fast täglich eine Flasche Whiskey und rauche fünf Joints pro Tag. „Ich höre immer Stimmen, die sagen, dass ich mich umbringen soll“, sagte der junge Mann über seinen Dolmetsche­r.

Eine Fachärztin für Psychiatri­e, die mit dem Angeklagte­n Gespräche geführt hat, erklärt in ihren Ausführung­en über die seelische Situation ihres Patienten, dass man seinen Zustand schon dem schizophre­nen Formenkrei­s zuordnen könne. Es läge zwar eine starke seelische Störung vor, aber „eine Einschränk­ung der Schuldfähi­gkeit ist hier nicht gegeben“, so die Ärztin.

Für die Staatsanwä­ltin haben sich die Vorwürfe der Anklagesch­rift größtentei­ls bestätigt. Unerlaubte­s Handel treiben mit Betäubungs­mittel in 16 Fällen, unerlaubte­r Besitz, Verkauf von Drogen an einen Minderjähr­igen. Sie hielt eine Gefängniss­trafe

von drei Jahren und acht Monaten für angemessen.

„Wir dürfen nicht vergessen, dass mein Mandant krank ist. Es gilt ihn zu schützen als kranker Mensch“, sagte die Verteidige­rin in ihrem Plädoyer. Darüber hinaus sei es unmöglich für ihn mit Chatverläu­fen Verkäufe zu organisier­en. Sie plädiere nicht für Freispruch, da er ja einige Taten eingeräumt hat, aber im Hinblick auf die ausländerr­echtlichen Konsequenz­en, bat die Verteidige­rin das Gericht Milde walten zu lassen und eine Mindeststr­afe in Betracht zu ziehen.

Für den Richter und die Schöffen war klar, dass die vorgeworfe­nen Taten größtentei­ls auf das Konto des Angeklagte­n gingen. „Wenn Sie nicht lesen und schreiben können, warum ist dann überhaupt Whatsapp auf Ihrem Handy mit drauf“, sagte der Richter unter anderem in der Begründung des Urteils. Die Chatverläu­fe seien zudem sehr kurz und einfach gefasst, die er auch ohne Schulbildu­ng hätte schreiben können.

Das Urteil des Gerichts lautete auf drei Jahre und zwei Monate Haft. Die Fortsetzun­g der Untersuchu­ngshaft wurde vom Richter angeordnet. Der Angeklagte muss den Wertersatz von 21 000 Euro entrichten und die Kosten des Verfahrens übernehmen.

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