Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Mehr Internet-straftaten, dafür weniger Wohnungseinbrüche
Welche Corona-beschränkungen laut Kemptener Polizeipräsidium am häufigsten missachtet wurden – Und wie die Pandemie 2020 die Kriminalität beeinflusste
- Die Corona-pandemie wirkt sich massiv auf die Aufgaben von Polizistinnen und Polizisten im Allgäu aus. „Die Arbeit der Polizei ist unterm Strich nicht mehr geworden, aber sie hat sich verändert. Die Corona-einsätze sind neu dazugekommen, dafür sind Einsätze etwa im Zusammenhang mit Veranstaltungen wie der Allgäuer Festwoche oder beim Ikarus Festival am Allgäu Airport weggefallen“, sagt der Leitende Kriminaldirektor Michael Haber. Wie Corona die Arbeit des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/west im Vorjahr beeinflusste, zeigen Zahlen, die der „Allgäuer Zeitung“vorliegen.
Corona-verstöße: 7400 Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz hat die Polizei vergangenes Jahr im Gebiet des Präsidiums Schwaben Süd/west festgestellt. Die überwiegende Anzahl richtete sich gegen die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen sowie die nächtliche Ausgangssperre (71 Prozent), die in Gruppen von mehr als zwei Personen begangen wurden, gefolgt von Verstößen gegen die Maskenpflicht (zwölf Prozent). Bei der Aufnahme von Anzeigen im Zusammenhang mit den Corona-regeln waren Beleidigungen oder körperliche Angriffe gegen Beamte mit etwa einem Prozent der Fälle die Ausnahme.
Grundsätzlich gilt laut Haber: Die
Polizei hat den
Auftrag, durch Kontrollen etwa Ausgangsund Kontaktbeschränkungen oder Regeln zum Tragen eines Mund-nasen-schutzes zu überwachen. Die Ahndung von Verstößen orientiere sich an der Verhältnismäßigkeit und am aktuellen Infektionsgeschehen. Heißt: Bei einem deutlichen Anstieg der Neuinfektionen werden die Kontrollen intensiviert und Verstöße geinfektionsschutzgesetz gen das konsequent geahndet. In diesen Fällen erstattet die Polizei Anzeige beim zuständigen Gesundheitsamt. Dann wird ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Wie viele Bußgeldbescheide die Verwaltungsbehörden erlassen haben, ist der Polizei nicht bekannt.
Wohnungseinbrüche: Ausgangsund Kontaktbeschränkungen sowie die coronabedingten Grenzkontrollen wirkten sich auch auf die Kriminalität aus. Die Zahl der Wohnungseinbrüche ging 2020 um 24 Prozent zurück. „Diese Entwicklung ist auch darauf zurückzuführen, dass sich viele Personen im Homeoffice oder aufgrund von Kurzarbeit vorwiegend zu Hause befanden, wodurch pozentielle Täter abgeschreckt wurden“, sagt Haber.
Internet-straftaten: Dagegen haben die Straftaten im Internet weiter zugenommen. Hier dominierte der Warenoder Warenkreditbetrug. Fälle von online bestellter und bezahlter Ware, die nicht geliefert wurde, oder online bestellter und gelieferter Ware, die nicht bezahlt wurde, stiegen um 14 Prozent an.
Körperverletzung: Bei der gefährlichen und schweren Körperverletzung gab es einen Anstieg um acht Prozent. „Viele dieser Straftaten ereigneten sich im privaten Bereich und nicht im öffentlichen Raum. Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen könnten zu den Konflikten vor allem in prekären Wohnverhältnissen beigetragen haben. Häufig spielte Alkohol eine große Rolle“, so Haber.
Häusliche Gewalt: Die Zahl der Straftaten von Häuslicher Gewalt stieg um zwölf Prozent. Der Begriff bezieht sich auf körperliche, sexuelle oder psychische Gewalt in Beziehungen. Haber vermutet den Grund für diese Entwicklung nicht in mehr Delikten, sondern darin, dass das „hohe Dunkelfeld aufgehellt“worden sei.
Die Auswirkungen des Lockdowns auf die häusliche Gewalt dürften erst mit Abstand erkennbar werden, da Beziehungstaten häufig erst später angezeigt werden.