Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Katholisches Arbeitsrecht steht vor Systemwechsel
Beschäftigung in der Kirche soll unabhängig von sexueller Orientierung und Lebensform möglich sein
(KNA/AFP) - Die Regeln für die rund 790 000 Beschäftigten der katholischen Kirche und der Caritas in Deutschland sollen sich grundlegend ändern. Am Montag veröffentlichte die Deutsche Bischofskonferenz den Entwurf für eine neue „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“. Demnach sollen Mitarbeiter unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und ihrer Lebensform in der katholischen Kirche in Deutschland beschäftigt sein können, solange sie eine positive Grundhaltung und Offenheit gegenüber dem Evangelium und dem christlichen Charakter der Einrichtung achten.
Das öffentliche Propagieren von Abtreibung oder Fremdenhass, das Verunglimpfen von katholischen Glaubensinhalten, Riten und Gebräuchen sowie die Werbung für andere Weltanschauungsgemeinschaften während der Arbeitszeit sollen Beschäftigten der Kirche weiterhin verboten bleiben. Ein Austritt aus der Kirche zöge auch nach der neuen Ordnung in der Regel eine Entlassung nach sich. Davon sollen aber Ausnahmen möglich sein. Der Entwurf wurde den Angaben zufolge von einer Arbeitsgruppe unter Vorsitz des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki geschrieben. Die Beratungen
sollen unter breiter Beteiligung von Gremien und Berufsgruppen noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.
Die deutschen Bischöfe werden laut Mitteilung erstmals in der zweiten Junihälfte über die neue Grundordnung beraten. Das Regelwerk war zuletzt 2016 modifiziert worden. Insbesondere wurden damals Kündigungsdrohungen gegen Beschäftigte wegen privater Lebensumstände abgeschwächt, allerdings nicht völlig gestrichen. Dies forderte zuletzt die Initiative #Outinchurch. Auch beim Reformprojekt Synodaler Weg war das katholische Arbeitsrecht ein wichtiges Thema. Bei ihrer Frühjahrsvollversammlung stellten die Bischöfe im März eine Änderung noch für dieses Jahr in Aussicht.
Die Gewerkschaft Verdi hat einen am Montag von der deutschen Bischofskonferenz vorgelegten Entwurf für eine neue Grundordnung für das katholische Arbeitsrecht scharf kritisiert. Konkret kritisierte vom Verdi-bundesvorstand Sylvia Bühler, dass auch nach der Neufassung der Grundordnung Tarifverträge nicht auf Augenhöhe ausgehandelt werden könnten und den in katholischen Einrichtungen Beschäftigten weiterhin das Grundrecht auf Streik abgesprochen werde.