Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Wieder mehr Gründer nach Corona-delle
(dpa) - Nach einer deutlichen Corona-delle haben sich im vergangenen Jahr wieder mehr Menschen in Deutschland selbstständig gemacht. Auch weil 2020 viele Projekte auf Eis gelegt wurden, stieg die Zahl der Existenzgründungen mit Nachholeffekten nun wieder um 70 000 (13 Prozent) auf 607 000, wie die staatliche KFW Bankengruppe am Montag in Frankfurt berichtete.
Mit 42 Prozent war der Frauenanteil laut Kfw-gründungsmonitor so hoch wie nie. Auch waren besonders viele junge Menschen bereit, auf eigenes Risiko ein Geschäft zu starten. Das Durchschnittsalter der Gründer und Gründerinnen sank so auf 35 Jahre. In der Pandemie setzten sich zudem digitale Geschäftsideen so stark durch wie noch nie: Internet-basiert waren 41 Prozent der Gründungen, und 31 Prozent der Gründer setzten bei ihren Kunden voraus, dass diese digitale Technologien nutzen. Zu 85 Prozent wurden neue Unternehmen gegründet.
Die Kfw-chefvolkswirtin Fritzi Köhler-geib nannte die Entwicklungen „erfreulich“. Allerdings bewege man sich auf einem sehr niedrigen Niveau, das weit von den Höchstständen zu Beginn der 2000er-jahre entfernt sei. Im Jahr 2003 hatte es fast 1,5 Millionen Neugründungen gegeben. Neben dem starken Arbeitsplatzangebot spiele die demografische Entwicklung die Hauptrolle für fehlenden Gründergeist. „Wir sind eine alternde Gesellschaft, und mit steigendem Alter nimmt der Wunsch nach beruflicher Selbstständigkeit ab“, erklärte Köhler-geib.
Wir haben zur Krisenbekämpfung in den vergangenen Jahren mehrere zeitweilige Steuersenkungen gehabt. Was sollen sie bewirken und erreichen sie ihr Ziel?
Die zeitweilige Senkung der Mehrwertsteuer 2020 hatte das Ziel, die Wirtschaft anzukurbeln. Der Erfolg ist allerdings schwer zu beurteilen. Denn viele Einkäufe wurden einfach nur vorgezogen und blieben im Jahr darauf aus. Amortisiert hat sich die Senkung für den Staat nicht. Bei der Steuersenkung beim Sprit lässt sich die Wirkung ebenfalls nicht vorhersagen.
Ende August steigt die Steuer wieder. Dann kostet der Sprit über Nacht 30 Cent mehr. Zerstört das nicht wieder das Vertrauen der Bürger in die Steuergerechtigkeit? Das muss nicht der Fall sein. Die Frage ist, ob es als Steuererhöhung überhaupt wahrgenommen wird. Auch hier ist die Mehrwertsteuersenkung 2020 ein gutes Beispiel. Als die Reduzierung zum Jahresende auslief, wurde dies nicht als Steuererhöhung diskutiert. völkerung. Der Bürger wendet sich in der Folge dem zu, der Schutz bietet, und das ist der Staat. Es gab eine deutliche Wende hin zu einer hohen Zufriedenheit mit der Politik. Anfangs war die Mehrheit der Menschen einverstanden mit den Maßnahmen gegen Corona, auch wenn diese die Freiheit einschränkten. Und eine positive Bewertung von Politik und Staat fördert positive Einstellungen zu Steuern. Mittlerweile hat aber die Kritik an politischen Entscheidungen wieder zugenommen.
Die Wohlhabenden leiden weniger unter der Inflation als Geringverdiener oder Familien mit durchschnittlichen Einkommen. Verbreitet ist der Eindruck, dass es ungerecht zugeht und mehr umverteilt werden müsste. Doch Steuererhöhungen für Reiche scheut die Bundesregierung. Warum eigentlich?
Eindruck ist tatsächlich in der Bevölkerung weit verbreitet. Das bestätigt unsere jüngste Befragung: Viele meinen, dass die Steuern für geringe und mittlere Einkommen sinken und die für Reiche steigen sollten. Und selbst prominente Wohlhabende fordern öffentlich, sie sollten mehr Steuern bezahlen. In der Vergangenheit hat es zwar einige Steuersenkungen gegeben. Doch statt mehr von oben nach unten umzuverteilen, haben die Reformen das Gegenteil bewirkt. Bei diesem Thema steht momentan ganz offensichtlich die FDP auf der Bremse. Aber auch andere Parteien haben generell Angst, bei Steuererhöhungen an Ansehen zu verlieren, selbst wenn die Mehrheit ihrer Wähler davon profitieren würde.
Warum reagieren Menschen bei manchen Steuern und Abgaben emotional sehr stark, bei anderen so gut wie gar nicht? Dient die
Steuersenkung beim Benzin der Politik als so etwas wie ein Ventil für den Dampf, der sich angesichts der vielen Krisen in der Bevölkerung angesammelt hat?
Diese Karte wird von der Politik vermutlich bewusst gespielt. Und die FDP, die sich stets für Steuersenkungen starkmacht, kann damit ein konkretes Ergebnis vorweisen. Dazu kommt das besondere Verhältnis der Deutschen zum Auto. So lässt sich mit einem geringen Aufwand möglicherweise ein großes Ergebnis erzielen. Viele Reaktionen in der Steuerpolitik werden durch psychologische Faktoren beeinflusst. Wir haben zum Beispiel gefragt, ob die Pandemiekosten durch eine höhere Erbschaftsteuer beglichen werden sollten. 59 Prozent waren dagegen, obwohl die meisten von einer Erhöhung gar nicht betroffen wären. Es ist die diffuse Angst vor einer höheren Belastung, die zu dieser Haltung führt.