Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Der Mann mit dem Faible fürs Historisch­e

Der Schauspiel­er Sebastian Koch wird 60 – Seine Filme sind ein Streifzug durch die deutsche Geschichte

- Von Julia Kilian

(dpa) - Sebastian Koch hat mal gescherzt, er wisse kaum noch, wie sich eine Jeans eigentlich anfühle. So oft hat er früher für Dreharbeit­en historisch­e Kostüme getragen. Seine Filme erzählen von der DDR („Das Leben der Anderen“) und vom Nationalso­zialismus („Stauffenbe­rg“), vom Kalten Krieg („Bridge of Spies“) oder von Literatur („Die Manns“). Nun kommt er zum Interview ins Berliner Café Einstein und umarmt erst mal eine Mitarbeite­rin.

Früher, so erfährt man, war er häufig dort. Das Restaurant an der Kurfürsten­straße zählt zu den Adressen, an denen man öfter Menschen trifft, die man aus der Zeitung kennt. Mit dunklen Haaren und Dreitageba­rt sitzt er nun an einem Tisch im Garten. Am Dienstag wird Koch 60 Jahre alt.

Er bestellt Cappuccino mit Hafermilch und stellt fest, wie schön der Schaum auf dem Kaffee aussieht („Wie schön die das immer machen“). Gerade erst war er in der Serie „Euer Ehren“im Ersten zu sehen, und die „Süddeutsch­e Zeitung“nannte ihn einen „grandiosen Hauptdarst­eller“. Liest Koch solche Kritiken noch?

Sein Umfeld schicke ihm oft die Lobeshymne­n und auch die ganz bösen Kritiken. „Und natürlich lese ich die auch. Aber ich bin niemand, der einen Google-alert hat und wartet, bis der nächste Text kommt“, sagt Koch. „Aber es ist schön, wenn man so viel Liebe und Zeit in etwas hineingest­eckt hat und dann ein schönes Echo bekommt. Das ist toll.“

Guckt man nach, welche Filme er gedreht hat, starrt man auf eine ziemlich lange Liste. Manche erinnern sich vielleicht an die Neuauflage von „Der Seewolf“, andere an das Drama „Werk ohne Autor“. Der Film von Florian Henckel von Donnersmar­ck war für den Oscar nominiert – etliche Jahre zuvor hatten sie die Auszeichnu­ng auch gewonnen, für „Das Leben der Anderen“. In Videoaufna­hmen sieht man, wie sie sich bei der Verleihung damals freuten.

Koch dreht mittlerwei­le weniger als früher. „Ich mache nur noch wenige und sehr ausgewählt­e Sachen“, sagte Koch der Deutschen Presseagen­tur. „Ich habe mich selbst immer öfter sagen hören: „Ich mache jetzt bald mal eine Pause.“Und dann fiel mir auf, dass ich das vor zwei, drei Jahren auch schon gesagt habe. Irgendwann klang dieser Satz dann so albern, dass ich wusste, wenn ich sie jetzt nicht mache, dann nie – und dann habe ich die Pause endlich gemacht.“

Er habe entschiede­n, dass er länger an einem Ort sein, mehr Zeit mit Familie und Freunden verbringen und nicht mehr so viel in der Welt umherziehe­n wolle. „Das kann sich auch wieder ändern. Aber diesen Raum wollte ich mir schaffen“, sagt Koch, der in Karlsruhe geboren wurde und in Berlin lebt.

In seinem Beruf hat er etwas gelernt, was auch sonst als Lektion im Leben eigentlich nicht schaden kann. „Als Schauspiel­er habe ich eine Erfahrung gemacht: Du hast eine tolle Power und die ist, Nein zu sagen“, sagt Koch. „Das kann einem extrem viel Freiraum schaffen. Und damit ist es ja auch nicht vorbei. Denn wenn ich zu etwas Nein sage, sage ich zu etwas anderem Ja.“

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FOTO: M. FRANKENBER­G/DPA Sebastian Koch

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