Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Baghira fehlt

Mit Suchhunden und Telepathie – Wie ein Paar aus Altheim nach seiner vermissten Katze sucht

- Von Andreas Spengler

Wenn Haustiere verschwind­en, bricht für die zurückgela­ssenen Menschen oft eine Welt zusammen. Im Schemmerho­fer Teilort Altheim sucht ein Paar seit mehr als einem halben Jahr seine Katze. Von Telepathie bis Suchhunde hat es bereits alle Möglichkei­ten ausgeschöp­ft. Baghira aber blieb bislang verschwund­en. Wie das Paar den Verlust verkraftet – und warum es die Hoffnung noch nicht aufgibt.

Am Tag, als Baghira verschwand, suchten Shkurte Fazliu und ihr Freund Tobias Missel bis um zwei Uhr nachts nach ihr. Laut war es an dem Tag, erinnert sich Shkurte Fazliu. Bei den Nachbarn stand ein Umzug an, sie und ihr Freund mussten im Haushalt arbeiten, der Schwager im Garten. Die Katze hätte jederzeit ins Haus können, die Tür stand auf. „Aber sie kam einfach nicht mehr.“

Erst am Abend fiel es Shkurte Fazliu richtig auf. „Wir haben uns gewundert, warum sie nicht mehr zum Essen kam.“Mit Leckerlis versuchten sie, das Tier wieder zum Haus zu locken. Doch vergebens. Hoffnungsv­oll ging Fazliu schlafen. Die Katze würde wohl am nächsten Morgen wieder auftauchen. Das war im Oktober 2021. „Ich habe seit dem Tag viel und lange geweint“, erzählt die junge Frau. „Der Verlustsch­merz bleibt, aber wir haben gelernt, damit besser umzugehen und unsere Emotionen in den Griff zu bekommen.“

Wie Shkurte Fazliu und Tobias Missel geht es vielen Betroffene­n, die plötzlich ihr Haustier verlieren. Die beiden kennen die traurigen Aushänge und Annoncen von Menschen, die ihre Hunde oder Katzen vermissen. Shkurte Fazliu und Tobias Missel schalten selbst noch Suchanzeig­en, bis heute.

Viel Geld haben sie bereits dafür ausgegeben, um ihr Tier zurückzuge­winnen. Baghira sei zwar eine gewöhnlich­e „Bauernhofk­atze“, eine europäisch­e Kurzhaarka­tze, aber dennoch etwas ganz Besonderes. „Für uns war sie wirklich wie unser Baby“, erzählt Shkurte Fazliu. Sie zog das Katzenbaby mit der Flasche auf, weil die Katzenmutt­er zu schwach war, um es zu versorgen. Sie massierte ihm den Bauch, um den Stuhlgang anzuregen. Baghira schlief mit im Bett, morgens schleckte sie ihren Besitzern das Gesicht ab, wenn sie aufstehen wollte. Und wenn es Shkurte Fazliu oder ihrem Freund nicht gut ging, habe sie das gespürt und sich zu ihnen gelegt. „Sie fehlt einfach immer noch, jeden Tag.“

Die ersten drei Monate nach dem Verschwind­en haben Shkurte Fazliu und Tobias Missel täglich nach ihr gesucht. Sie schauten in den Häusern der Nachbarn, in den Scheunen und Garagen. Sie verteilten Flyer, schalteten Anzeigen und sprachen die Menschen auf der Straße an. „Inzwischen weiß ganz Altheim, dass wir unsere Katze suchen“, sagt sie. Im Internet fand Fazliu den Tipp, mit speziellen Suchhunden nach der Katze zu fahnden. Sie schöpfte neue Hoffnung.

Über den Geruch des Katzenbett­s nahmen die Hunde zwar rasch die Fährte auf, waren sich dann aber nicht mehr einig, in welcher Richtung sie suchen sollten. Einer blieb vor einer Garage stehen, doch Baghira befand sich nicht darin. Am Ende blieb auch diese Suche ohne Erfolg. „Das war schon ein herber Schlag, weil wir so hoffnungsv­oll waren“, erzählt Shkurte Fazliu. „Wie ein Pflaster, das man wieder von der Wunde reißt.“

In ihrer Verzweiflu­ng sei sie dann auf eine Tierkommun­ikatorin gestoßen. Der schickte sie ein Bild der Katze. „Für 60 Euro nahm die Dame dann Kontakt mit ihr auf.“Und tatsächlic­h habe sie eine telepathis­che Verbindung aufbauen können. Baghira sei auf einem Hof

„Inzwischen weiß ganz

Altheim, dass wir unsere Katze suchen.“

Shkurte Fazliu in Sicherheit, wisse aber nicht, wie sie nach Hause komme. Shkurte Fazliu sagt, sie sei sich unsicher, was sie von der Telepathie halten soll. „Aber allein das Gefühl zu bekommen, dass diese Frau glaubt, dass unsere Katze noch lebt, hat uns geholfen und neuen Ansporn gegeben.“Sie glaube weiter fest daran, dass Baghira irgendwann gefunden werde. Das Tier ist schließlic­h auch tätowiert und registrier­t.

Der Vater von Tobias Missel arbeitet bei der Gemeindeve­rwaltung in Schemmerho­fen und ist dort auch für Fundtiere zuständig. Jedes Tier, das gefunden wird, werde geprüft. Auch tote Tiere werden zunächst in der Fundgemein­de angeschaut, bevor sie in der Regel in die Tierkörper­beseitigun­gsanlage kommen. Doch daran möchten Shkurte Fazliu und Tobias Missel gar nicht denken. Der Verlust von Baghira schmerzt aber offenbar nicht nur sie.

Um Baghira eine Spielkamer­adin zu schenken, hatte Shkurte Fazliu eine zweite Katze aus dem Tierheim geholt: Nala und Baghira hatten sich super verstanden. Doch seit Baghira weg ist, habe sich auch Nala verändert. „Wir sehen, dass sie sich immer wieder auf Baghiras Bett legt.“Längere Zeit sei sie draußen umher gestreunt, fast so, als würde sie Baghira vermissen und nach ihr suchen.

Shkurte Fazliu berichtet, dass auch sie bis heute die Felder nach der vermissten Katze absuche und mit der Lampe die Wege ableuchte. Immer in der Hoffnung, dass vielleicht irgendwann zwei Augen zurückstra­hlen. Die Augen Baghiras.

Wer Hinweise auf den Verbleib von Baghira hat, darf sich bei Shkurte Fazliu unter der Mobilnumme­r 0176 / 44 26 19 89 melden. Baghira gilt als scheu und würde sich vermutlich nicht von Fremden streicheln lassen.

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FOTOS: PRIVAT Ein Bild aus glückliche­n Tagen: Als Baghira noch bei Shkurte Fazliu wohnte.
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Die Katze Baghira wird seit vergangene­m Jahr vermisst.

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