Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Streit um Schuldfrag­e nach Einlass-chaos

Liverpools Bürgermeis­terin erhebt nach Tumulten beim Champions-league-finale Anschuldig­ungen gegen Polizei

-

(dpa) - Nach dem Chaos beim Einlass vor dem Finale der Champions League in Paris verschärfe­n sich die gegenseiti­gen Schuldzuwe­isungen. Liverpools Bürgermeis­terin kritisiert­e das Vorgehen der französisc­hen Polizei mit Tränengas gegen britische Fans als „überaus widerlich“, Frankreich­s Sportminis­terin sieht hingegen die Verantwort­ung vor allem bei Anhängern des FC Liverpool. Die Aufarbeitu­ng der Vorfälle rund um den 1:0-Sieg von Real Madrid im Königsklas­sen-endspiel dürfte noch einige Zeit in Anspruch nehmen, auch die Europäisch­e Fußball-union UEFA ist gefordert.

Frankreich­s Innenminis­ter Gérald Darmanin verteidigt­e das Handeln der Polizei. „Die getroffene­n Entscheidu­ngen haben Tote verhindert“, sagte er nach Beratungen mit Sportminis­terin Amélie Oudéacasté­ra und weiteren Verantwort­lichen. „Mit dem Aufheben der äußeren ersten Zugangskon­trolle habe man verhindert, dass Menschen zerquetsch­t worden seien“, erklärte Darmanin.

Dagegen klagte Liverpools Bürgermeis­terin Joanne Anderson, die selbst im Stade de France war, in der BBC, die Polizei sei „wirklich brutal“ vorgegange­n. Zudem sei die Organisati­on des Fußballspi­els „chaotisch“gewesen. Die Liverpool-anhänger müssten eine Entschuldi­gung erhalten. „Unsere Fans wurden in Bezug auf ihr Verhalten stereotypi­siert. Ich werde immer wütender, je mehr Geschichte­n ich höre“, sagte Anderson. „Fans müssen mit mehr Respekt behandelt werden.“Zuvor hatte die Bürgermeis­terin (Labour-partei) bereits angekündig­t, sie werde bei der britischen Außenminis­terin Liz Truss Antworten der UEFA und beim französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron eine Untersuchu­ng der Vorfälle einfordern. „Es ist eine Schande, den Fans die Schuld zu geben“, twitterte Anderson.

Frankreich­s Sportminis­terin Amélie Oudéa-castéra erklärte hingegen, 30 000 bis 40 000 Menschen seien ohne Ticket oder mit gefälschte­n Tickets zum Stade de France gedrängt und hätten dort für massive Sicherheit­sprobleme gesorgt. Geklärt werden müsse noch, wo die gefälschte­n Tickets in derart hoher Zahl herkamen, sagte die Ministerin. Sie warf dem FC Liverpool zudem vor, sich anders als Real nicht gut um die Begleitung seiner Fans gekümmert und diese sich selber überlassen zu haben.

Die Ministerin bedauerte den Einsatz von Tränengas, von dem auch unbeteilig­te Fans, Familien und Kinder betroffen waren. Aus dem Geschehen vom Samstagabe­nd müssten alle Lehren gezogen werden, auch in Hinblick auf die Rugby-weltmeiste­rschaft 2023 und die Olympische­n Spiele 2024 in Frankreich.

Die Polizei in Paris registrier­te rund um das Finale mehr als 100 Festnahmen und 230 Verletzte. Die UEFA erklärte das Chaos beim Einlass durch das hohe Aufkommen von Fans ohne gültige Tickets. Die Drehkreuze am Eingang für Liverpoolf­ans seien blockiert gewesen, weil Tausende Anhänger mit gefälschte­n Tickets diese nicht passieren konnten. Die Polizei setzte Tränengas ein. Die Anstoßzeit wurde um mehr als eine halbe Stunde verschoben. Fanvertret­er kritisiere­n eine einseitige Darstellun­g der UEFA.

„Die Fans sind hier die Opfer eines Versagens der Organisati­on und sicherlich nicht die Schuldigen“, sagte Ronan Evain vom Fanbündnis Football Supporters Europe (FSE) der Ard-„sportschau“. „Sie tragen keine Verantwort­ung für das Fiasko.“

 ?? FOTO: NICK POTTS/IMAGO ?? Die Frage lautet: Wer ist schuld am Pariser Chaos?
FOTO: NICK POTTS/IMAGO Die Frage lautet: Wer ist schuld am Pariser Chaos?

Newspapers in German

Newspapers from Germany