Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Hermann will Panoramabahn dauerhaft erhalten
Studie bescheinigt der Trasse großen Nutzen – Künftige Anbindung der Gäubahn weiter ungewiss
- Verkehrsminister Winfried Hermann will die Panoramabahn in Stuttgart dauerhaft erhalten. Dazu stellte der Grünen-politiker am Mittwoch eine Untersuchung vor, die der Panoramabahn einen „hohen verkehrlichen Nutzen“bescheinigt. Hermann setzt auch weiterhin auf eine umsteigefreie Anbindung der Gäubahn an den Stuttgarter Hauptbahnhof – beides hängt aber nicht zwingend miteinander zusammen.
Bisherigen Plänen der Bahn zufolge müssen Gäubahn-reisende aus Zürich, Singen, Tuttlingen, Spaichingen oder Rottweil ab Mitte 2025 in Stuttgart-vaihingen in die S- oder Stadtbahn umsteigen um zum Hauptbahnhof zu gelangen. Die Gäubahn wird im Stuttgarter Stadtgebiet bislang über die Trasse der Panoramabahn in den Stuttgarter Kessel geführt. Im Zuge der Umgestaltung des Stuttgarter Bahnknotens sollen die Gäubahn-züge künftig über den Flughafen geführt werden – letzten Plänen zufolge über den noch zu bauenden Pfaffensteigtunnel, der aber wohl frühestens in zehn Jahren fertig wird. Bislang gibt es nur vorbereitende Planungen, der Lenkungskreis für Stuttgart 21 hat das Thema am kommenden Montag auf dem Tisch. Die Pläne sehen auch vor, die Panoramabahn außer Betrieb zu nehmen.
Das Verkehrswissenschaftliche Institut Stuttgart (VWI) hat nun in
Hermanns Auftrag untersucht, ob ein Weiterbetrieb der Panoramabahn sinnvoll wäre. Ergebnis: „Die Panoramabahn ist eine gute Ergänzung zu den bestehenden Strecken in Stuttgart und eine gute Möglichkeit, zusätzliche Fahrgäste zu gewinnen“, so der Verkehrsminister. Mehr noch: Bestehende Schieneninfrastruktur aufzugeben, komme einer „politischen Sünde“gleich.
Die Stadt Stuttgart will bislang von einem Weiterbetrieb der Panoramabahn nichts wissen. Sie plant Teile der Flächen, die in ihrem Besitz sind, für den Wohnungsbau zu nutzen. Dies betrifft aber nicht die ganze Trasse, die ohne die bisherige Anbindung an den Hauptbahnhof womöglich auch noch einen Zweck erfüllen könnte.
Die Vwi-wissenschaftler haben untersucht, ob die Panoramabahn zwischen Vaihingen im Süden und Cannstatt oder Feuerbach im Norden sinnvoll wäre, wenn man sie als Teil einer darüber hinaus reichenden Nahverkehrsstrecke nutzen würde – etwa zwischen Tübingen oder Horb im Süden und Winnenden oder Lauffen am Neckar im Norden. 20 mögliche Verbindungen unter Einbeziehung der Panoramabahn-trasse wurden untersucht. Ergebnis: „Wenn eine Linie im Halbstundentakt verkehrt, können pro Tag 10 000 Fahrgäste gewonnen werden, bei zwei Linien und damit einem Viertelstundentakt 20 000 Fahrgäste“, sagte Vwi-geschäftsführer
Stefan Tritschler. Entlang der Strecke könnten neue Haltepunkte gebaut werden, es gebe ein Potenzial von bis zu 50 000 Anwohnern, denen man so neue Nahverkehrsangebote machen könne.
Ullrich Martin, Professor an der Uni Stuttgart und Vwi-präsident, hob außerdem die Rolle hervor, die die Panoramabahn bei der Entlastung des Stuttgarter Bahnknotens spielen könne – wenn andere Streckenabschnitte wegen Sanierungen ausfallen, aber auch bei kurzfristigen Störungen: „Schnell reagieren kann man immer dann, wenn man bestimmte Kompensationsmöglichkeiten hat, um Wirkungen hinreichend abzumildern. Da spielt die Panoramabahn eine wichtige Rolle.“
Für die Frage, ob die Gäubahn-reisenden weiterhin umsteigefrei zum Hauptbahnhof gelangen können, spielt all dies nicht unmittelbar eine Rolle. Bliebe die Gäubahn als Tangentiale – also ohne Anbindung an den Hauptbahnhof – in Betrieb, könnten Reisende aber bis zu einem möglichen Nordhalt gut drei Kilometer nördlich des Hauptbahnhofs gelangen – also immerhin in den Stuttgarter Talkessel. Sie hätten dann neben der Haltestelle Vaihingen eine weitere Umsteigemöglichkeit ins Stuttgarter Stadt- und S-bahnnetz, allerdings nur mit einigen Hundert Metern Fußweg. Für Reisende im Fernverkehr sei das aber auch nicht komfortabel, so Verkehrsminister Hermann.
Für ihn wäre weiterhin der Bau eines unterirdischen Ergänzungsbahnhofs am Stuttgarter Tiefbahnhof eine Lösung, den die Gäubahn-züge von Norden her ansteuern können. Der spielt in den bisherigen Plänen der Bahn aber keine Rolle. Alternativ wird derzeit auch geprüft, die Fernzüge aus Zürich über Horb und Tübingen oder über Böblingen und Renningen umzuleiten, wenn die Panoramabahn wegfällt. Mehrere Studien ziehen zudem die rechtliche Zulässigkeit einer Abbindung der Gäubahn vom Hauptbahnhof in Zweifel. Der Landesnaturschutzverband hat deswegen das Eisenbahnbundesamt eingeschaltet.