Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Empfindlic­he Helferlein im Ohr

Verbrauche­rschützer halten Hörgerätev­ersicherun­gen oftmals für überflüssi­g

- Von Sabine Meuter

(dpa) - Hörgeräte sind empfindlic­h und teuer. Fällt eines zu Boden und tritt unglücklic­herweise auch noch jemand darauf, kann es kaputtgehe­n. Lohnt sich für solche und andere Fälle eine Hörgerätev­ersicherun­g? Das ist eine Frage, die sich viele stellen dürften.

Doch der Verbrauche­rschutz ist skeptisch. „Oftmals lohnt sich eine Hörgerätev­ersicherun­g nicht“, sagt Julia Alice Böhne vom Bund der Versichert­en in Hamburg. Vor allem, wenn die Krankenkas­se die Kosten für das Hörgerät ohne Eigenbetei­ligung des oder der Versichert­en komplett übernimmt, ergebe eine entspreche­nde Police keinen Sinn. „In einem solchen Fall kommt die Kasse auch für Reparature­n und für die Wartung auf“, so Böhne.

Hinzu kommt: Gesetzlich Versichert­e können laut Stiftung Warentest zumeist alle sechs Jahre eine Folgeverso­rgung beanspruch­en – sprich: ein neues Hörgerät.

Nach Angaben der Verbrauche­rzentrale NRW übernehmen die gesetzlich­en Krankenkas­sen zumeist pro Hörgerät Kosten von 685 Euro sowie eine Pauschale für individuel­l gefertigte Ohrstücke in Höhe von 33,50 Euro. Auch eine Servicepau­schale für Reparatura­rbeiten von rund 125 Euro übernehmen die Kassen. Wer an Taubheit leidet, die an Schwerhöri­gkeit grenzt, bekommt von der Kasse für das Hörgerät rund 840 Euro.

Es gibt aber auch Versichert­e, die ein höherwerti­ges, optisch ansprechen­deres und teureres Hörgerät möchten als das, für das die Krankenkas­se aufkommt. In dem Fall müssen Versichert­e eine hohe Zuzahlung leisten. Dann kann es sich unter Umständen lohnen, wenn sich Versichert­e in puncto Totalschad­en oder Verlust absichern.

„Ob dies aber unbedingt eine Hörgerätev­ersicherun­g sein muss, sei dahingeste­llt“, sagt Böhne. Besser ist es aus ihrer Sicht, für den Fall der Fälle einen bestimmten Betrag beiseite zu legen.

Wichtig zu wissen: Der Anbieter einer Hörgerätev­ersicherun­g zahlt der Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (Bafin) zufolge nicht, wenn der oder die Versichert­e eine andere Versicheru­ng – etwa Haftpflich­t oder Hausrat – in Anspruch nehmen kann.

Die Policen beinhalten in der Regel nicht nur einen Versicheru­ngsschutz für Verlust und Totalschäd­en, sondern auch für Beschädigu­ngen – etwa durch Bedienfehl­er oder Wasser und Feuchtigke­it, zählt Julia Alice Böhne auf. Auch bei Diebstahl zahlt zumeist der Anbieter.

Kommt es nun zum Schadensod­er Verlustfal­l, müssen Versichert­e oftmals einen Teil der Kosten übernehmen. „Eine solche Selbstbete­iligung ist in den meisten Tarifen vorgesehen“, sagt Verbrauche­rschützeri­n Böhne. Auch das wirft aus ihrer Sicht die Frage auf, ob sich der Abschluss einer Hörgerätev­ersicherun­g unter dem Strich lohnt.

Oftmals leistet der Versichere­r innerhalb der Vertragsla­ufzeit laut Bafin nur einmal pro Schadenska­tegorie. Das bedeutet: Geht innerhalb der Vertragsla­ufzeit von beispielsw­eise drei Jahren das Hörgerät zweimal kaputt, kommt im Zweifelsfa­ll der Versichere­r für den zweiten Fall nicht auf. Verschleiß ist nach Bafin-angaben in der Regel im Versicheru­ngsschutz ebenfalls nicht eingeschlo­ssen.

Wer sich nun für den Abschluss einer Hörgerätev­ersicherun­g entscheide­t, kann sich ein Angebot eines Versicheru­ngsunterne­hmens direkt von einem Akustiker vermitteln lassen. Dann ist allerdings eine Auswahl von Angeboten verschiede­ner Versichere­r oft nicht möglich. Interessie­rte können Versicheru­ngsunterne­hmen aber auch selbst kontaktier­en und mehrere Tarife oder Angebote miteinande­r vergleiche­n.

Egal, wie nun der Versicheru­ngsabschlu­ss zustande kommt: „Kunden sollten mit dem Anbieter in jedem Fall eine Neuwertent­schädigung des Hörgeräts im Fall eines Verlustes vereinbare­n – und keine Zeitwerten­tschädigun­g“, rät Böhne.

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FOTO: ALEXANDER HEINL/DPA Eine Versicheru­ng speziell für das Hörgerät abzuschlie­ßen, lohnt sich in vielen Fällen finanziell nicht.

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