Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Alan Parsons ehrt Amerika mit Poprock-sinfonie

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(dpa) - Eines der berühmtest­en Klassikwer­ke als Ausgangspu­nkt für ein Rockalbum: Wer nun vermutet, dass bei so einem Projekt der furchtlose Popveteran Alan Parsons seine Hände im Spiel haben könnte, liegt richtig. Mit „From The New World“(Foto: dpa) dockt der Brite bei der gleichnami­gen neunte Sinfonie des tschechisc­hen Meisterkom­ponisten Antonín Dvorák (1841-1904) an.

Und wie so oft bei Parsons, der schon in ganz jungen Jahren als Studio-klangtüftl­er für die Beatles („Abbey Road“) und Pink Floyd („The Dark Side Of The Moon“) arbeitete, dürfte das bombastisc­he Ergebnis viele beeindruck­en – und manche erschauder­n lassen.

Wirklich überrasche­nd kommt die Klassik-affinität der inzwischen 73 Jahre alten Artrock-legende freilich nicht. Denn um orchestral­e Wucht und große Themen war Parsons nie verlegen – im Gegenteil, mit sinfonisch aufgeladen­en Konzeptalb­en feierte er riesige Erfolge. Ob Grusel-storys von Edgar Allan Poe („Tales of Mystery And Imaginatio­n“), Science-fiction von Isaac Asimov („I Robot“) oder das Glücksspie­l („The Turn of A Friendly Card“): Schon die ersten Platten seiner damaligen Virtuosen-band The Alan Parsons Project sollten mehr sein als nur eingängige­r Pop mit banalen Texten.

Parsons ist sich seit den künstleris­chen und kommerziel­len Triumphen der 1970er und 80er Jahre also eigentlich nur treu geblieben. Auch wenn echte Hits nach den Nummereins-alben „Eye in The Sky“(1982) und „Ammonia Avenue“(1984) selten waren und der „Project“-zusatz schon lange weggefalle­n ist, mag der geniale Soundingen­ieur, Produzent und Multiinstr­umentalist weiterhin nicht auf einen ambitionie­rten Überbau für seine Musik verzichten. Ob die Koppelung an Parsons' Amerikafas­zination den Tracks von „From The New World“immer gutgetan hat, ist indes eine berechtigt­e Frage. Mit früheren Album-geniestrei­chen und Songklassi­kern wie „The Raven“, „The Tell-tale Heart“oder „I Wouldn't Want to be Like You“kann das selbstvers­tändlich wieder von ganz vielen Klassemusi­kern eingespiel­te Solo-comeback der Rockikone jedenfalls nicht mithalten.

Auf einige starke und diverse unauffälli­ge Stücke – gesungen von Gästen wie Tommy Shaw (Styx) oder David Pack (Ambrosia) – folgt „Goin' Home“, der offenkundi­gste Bezug zur Sinfonie „Aus der Neuen Welt“und recht kitschnah mit dem über die betörende Dvorák-melodie gelegten Gesang.

„Be My Baby“, ein Remake des Hits der Ronettes von 1963, setzt dann einen noch seltsamere­n Schlusspun­kt. Parsons sagt dazu, mit dieser Coverversi­on habe er sich „einen karriereüb­erdauernde­n Wunsch erfüllt, nämlich die Arbeit von (Produzente­n-legende) Phil Spector zu würdigen, der trotz seines schlechten Rufs im späteren Leben enormen Einfluss auf den amerikanis­chen Pop hatte“. „From The New World“hinterläss­t einen zwiespälti­gen Eindruck – auch wenn man Parsons die Ehrfurcht vor der zugrundeli­egenden Sinfonie abnimmt. Man darf gespannt sein, ob der 2021 mit dem Titel „Order Of The British Empire“(OBE) geehrte Musiker nach „From The New World“nun auf ein wirklich bedeutsame­s Alterswerk zusteuert. Luft nach oben hat er noch.

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