Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Finanzamt kommt nicht, um Grundstücke zu besichtigen“
Diese praktischen Tipps gibt das Finanzamt Ravensburg zur Grundsteuerreform – und warnt vor Betrügern
- Wer ein Haus, eine Wohnung oder sonst ein Gebäude besitzt, ist in diesem Jahr dazu verpflichtet, eine zusätzliche Steuererklärung an das Finanzamt abzugeben, eine sogenannte Feststellungserklärung. Grund dafür ist die Reform der Grundsteuer. Im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“erläutern der Leiter des Ravensburger Finanzamts Frank Widmaier und Sachgebietsleiter Christoph Fröhlich, wo die Daten für die Erklärung zu finden sind, wie Eigentümer Unterstützung für das Ausfüllen des Formulars bekommen können, ob es auch andere Wege als den über Elster gibt und warum nicht alle Eigentümer ein Informationsschreiben erhalten haben. Sie warnen zudem vor Betrugsversuchen und kostenpflichtigen Webseiten im Internet.
Allein die Zahlen lassen das Ausmaß der Datenerhebung erahnen. Im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts Ravensburg sind es etwa 72 000 Erklärungen, die von den Eigentümern abgegeben werden müssen.
Die Frist für die Abgabe hat am
1. Juli begonnen und läuft noch bis
31. Oktober. „Etwas mehr als 1000 Elster-erklärungen sind bisher eingegangen“, berichtet Fröhlich. Elster steht dabei für „Elektronische Steuererklärung“. Die Nutzung des Onlineportals ist kostenlos und für die Abgabe der Feststellungserklärung der erste Weg.
Für diejenigen, die eine Eigentumswohnung haben, hat der Finanzamtsleiter einen praktischen Tipp: „Auch Hausverwaltungen sind ausdrücklich berechtigt, diese Erklärungen zu übermitteln.“Dass Hausverwaltungen dies für die Eigentümer übernehmen dürfen, stehe im Gesetz. „Sie dürfen es, und aus unserer Sicht begrüßen wir es auch, wenn sie es tun“, betont der Finanzamtsleiter.
Wer die Erklärung selbst ausfüllt, braucht neben einem Elster-zugang ein paar Daten. Einige davon stehen in dem Informationsschreiben, das die Finanzverwaltung seit Mitte Mai an Eigentümer verschickte. Nach Angaben des Finanzamts seien mittlerweile fast alle Schreiben versandt worden. „Wer bis zum 18. Juli noch keinen Brief bekommen hat, darf sich gerne bei uns melden“, sagt Fröhlich.
Doch dass ein Eigentümer oder eine Eigentümerin bis jetzt noch kein Schreiben erhalten hat, kann auch andere Gründe haben. „Die Schreiben gingen nur an natürliche Personen und nicht juristische, also beispielsweise nicht Firmen und Vereine“, erläutert Fröhlich. Und eine weitere Besonderheit gab es: „Wenn mehrere Eigentümer im Grundbuch stehen, ging das Schreiben nur an eine Person und zwar an die, die unserer Datenbank an erster Stelle steht“, berichtet Widmaier. Bei Ehepaaren sei das meistens der Ehemann gewesen. Die beiden Finanzamtsmitarbeiter lassen durchblicken, dass das für Verwirrung und teils auch Verärgerung bei Eigentümerinnen sorgte. „Es ist zentral so festgelegt worden“, sagt Widmaier.
Weitere wichtige Daten finden Eigentümer nicht im Brief, sondern online auf der Seite www.grundsteuer-bw. Die Benutzung der Seite ist komfortabel gestaltet: Gibt man die Adresse ein, springt das Programm zum jeweiligen Grundstück. Auf einen Blick sind dort dann Grundstücksgröße und Bodenrichtwert zu sehen, zumindest überwiegend. „Für 80 Prozent der Grundstücke im Land sind die Bodenrichtwerte übermittelt“, berichtet Fröhlich. Die Kommunen sind zwar gesetzlich verpflichtet, die Werte an die Plattform zu übermitteln, aber noch nicht alle Gemeinden im Kreis haben das auch getan. Fröhlich weist darauf hin, dass die Seite fortlaufend aktualisiert werde.
Wer eine Eigentumswohnung hat, braucht zusätzlich zur Grundstücksgröße
die Zahl der Miteigentumsanteile, beispielsweise 50 Tausendstel (50/1000). „Diese Zahl steht im Kaufvertrag oder man fragt bei der Hausverwaltung nach“, sagt Fröhlich. Bei Häusern müsse bei dem Feld ein Eintel eingegeben werden (1/1). „Das Feld muss auf jeden Fall bedient werden.“
Fröhlich betont, dass nur die Website www.grundsteuer-bw die Daten habe und warnt vor Webseiten im Internet, auf denen Informationen, die eigentlich gratis sind, kostenpflichtig verkauft werden. „Nur grundsteuerbw oder die Seite des Finanzamts sind sichere Seiten“, stellt er klar.
Doch Betrüger versuchen nicht nur im Netz ihr Glück. „Zwei Steuerbürger haben uns kontaktiert und erzählt, dass sie von Unbekannten angerufen worden seien. Diese haben sich als Mitarbeiter des Finanzamts ausgegeben und gesagt, dass sie wegen der Grundsteuerreform ihr Grundstück besichtigen müssen“, berichtet Fröhlich. Er rät in einem solchen Fall, sich die Nummer aufzuschreiben und den Anruf der Polizei zu melden. „Das Finanzamt kommt nicht, um Grundstücke zu besichtigen. Das tun wir nicht“, erklärt Widmaier mit Nachdruck.
Den Mitarbeitern des Finanzamts würde für Hausbesuche zurzeit vermutlich auch die Zeit fehlen. „Unsere Telefone stehen gerade nicht mehr still“, berichtet Widmaier. Bis zu 14 Telefonleitungen seien von morgens bis abends mit Fragen von Bürgern zur Grundsteuerreform belegt. „Wir helfen gern, aber aufgrund des Ansturms bitten wir um Geduld, wir versuchen jedem gerecht zu werden“, wirbt Fröhlich um Verständnis.
Und was machen Eigentümer, die sich nicht so gut mit Computern und Internet auskennen? Das dürfte nicht nur auf hochbetagte Seniorinnen und Senioren zutreffen. „Wenn Sie selbst nicht klarkommen, fragen Sie Ihre Kinder, Enkel, Neffen, Nichten oder auch Freunde oder Bekannte um Hilfe. Als Gefälligkeit dürfen auch diese die Erklärungen übermitteln“, sagt Widmaier an Eigentümer gewandt, die zweifeln, ob sie die Erklärungen allein hinbekommen.
Wer die Erklärung nicht digital machen kann und auch niemanden hat, der ihm hilft, kann als Härtefall die Erklärung auf einem gedruckten Formular abgeben. Doch um dieses Formular zu erhalten, müssen Eigentümer einen Vor-ort-termin beim Finanzamt vereinbaren. Was zunächst wie eine Schikane klingt, stellt sich als Serviceleistung der Behörde heraus.
„Bürgerinnen und Bürger können vor Ort bei uns im Finanzamt die Papiererklärung ausfüllen. Danach gehen Mitarbeiter die Erklärung mit ihnen durch“, erläutert Fröhlich. Das erhöhe die Qualität der Daten und sei als Service für die Bürger gedacht. „Dafür muss man einen Termin ausmachen und zu dem Termin Informationsschreiben, Personalausweis, Grundbuchauszug oder Kaufvertrag mitbringen“, so Fröhlich. „Den Härtefällen helfen wir gerne“, betont Widmaier. „Aber jeder sollte bitte selbst überlegen, ob er oder sie wirklich ein Härtefall ist.“