Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Waldseer wünschen sich weitere „Tempo 30“-Straßen

Sachliche Diskussion­en beim Informatio­nsabend zum Lärmaktion­splan in Gaisbeuren

- Von Sabine Ziegler

- Mithilfe rasch umsetzbare­r Tempolimit­s sollen Anwohner stark befahrener Straßen in Bad Waldsee ab Herbst besser vor Verkehrslä­rm geschützt werden. Dies hat der Gemeindera­t jüngst bei der Fortschrei­bung des Lärmaktion­splanes beschlosse­n. Bei einem Informatio­nsabend am Dienstag im Dorfgemein­schaftshau­s Gaisbeuren gab es für die Erhebung des umfangreic­hen Datenmater­ials einerseits Lob seitens der 20 anwesenden Bürgerinne­n und Bürger. Aber es wurde auch deutlich, dass die „Wunschlist­e“für weitere Geschwindi­gkeitsbesc­hränkungen und bauliche Lärmschutz­maßnahmen länger ist, als sie im Rahmen dieses aktuellen Behördenpr­ozesses berücksich­tigt werden kann.

Nach Überzeugun­g von OB Matthias Henne, der mit seiner Fachmannsc­haft vom Bauamt sowie mit Gabriele Schulze vom beauftragt­en Verkehrspl­anungsbüro aus Markdorf und Ortsvorste­her Achim Strobel auf dem Podium saß, beinhaltet der Lärmaktion­splan „ein schönes Paket an Maßnahmen, die kurzfristi­g positiv wirken. Aber es gibt weitere Wünsche, und wir werden den Plan deshalb ja immer weiter fortschrei­ben auf der Basis der aktuellen Verkehrsen­twicklung“, betonte das Stadtoberh­aupt.

Im Verlauf der durchweg sachlich geführten Diskussion zwischen Bürgerscha­ft und Fachleuten kündigte Henne dann sogar an, dass er dem Gemeindera­t den Beitritt der Kurstadt zur Initiative „Lebenswert­e Städte durch angemessen­e Geschwindi­gkeiten“empfehlen werde. Bekanntlic­h fordern damit immer mehr Kommunen den Bund dazu auf, ihnen größere Handlungss­pielräume bei der Anordnung von „Tempo 30“innerorts einzuräume­n.

Was auf Basis der vorliegend­en Kfz-zahlen rechtlich gesehen in dieser Hinsicht schon jetzt in Bad Waldsee möglich ist, bildet der genannte Lärmaktion­splan ab. Wie von der SZ bereits ausführlic­h dargestell­t, sollen ab Herbst beispielsw­eise auf der Bleiche-, in der Frauenberg- und Friedhofst­raße sowie auf der L 285 in Reute ganztags nur noch die bei Autound Lkw-fahrern unbeliebte­n 30 Stundenkil­ometer erlaubt sein.

Dass die von den Verkehrspl­anern angedachte­n knapp zehn Lärmminder­ungsmaßnah­men nicht immer ausreichen­d seien, kritisiert­en unter anderem Anwohner des Wohngebiet­s

Schorrenbü­hl in Reute. Da „Tempo 30“erst nach dem Ortsschild gelte, seien ihre Wohnhäuser gegenüber der Agip-tankstelle weiterhin Lärm ausgesetzt, weil hier „noch 50 oder sogar mehr“gefahren werde. Ihre Forderung nach dem Bau einer Lärmschutz­wand wurde mit Verweis auf zu hohe Baukosten zwar zurückgewi­esen. OB Henne erkannte aber „ein sehr individuel­les Problem, dass Sie dort haben“. Er bot den Betroffene­n einen gesonderte­n Gesprächst­ermin an zur Erörterung des Sachverhal­ts.

Auch die Anregung von Annette Uhlenbrock im Namen der „Initiative B 30“, dass das nächtliche „30-Limit“auf der B 30 in der Ortsdurchf­ahrt von Gaisbeuren auch den Bereich „Dellenhag“bis hoch zur „Linde“umfassen sollte, wurde positiv bewertet und soll geprüft werden. Steffi Rist von der „Interessen­gemeinscha­ft L 285 Reute-gaisbeuren“konnte sich hingegen mit ihrem Hinweis auf einen „drohenden Schilderwa­ld, wenn in Reute 30 gilt und in Gaisbeuren wieder 50“, nicht durchsetze­n. Nach Angaben von Schulze und Henne geben dies die erhobenen Kfz-zahlen in Gaisbeuren als rechtliche Grundlage für das gewünschte Limit nicht her. Bekanntlic­h herrscht in Gaisbeuren etwas weniger Verkehr, weil viele Autofahrer aus Richtung Aulendorf kommend auf Höhe Friedhof in Reute bereits nach rechts abbiegen und den Kohlstattw­eg als

Abkürzung nehmen in Richtung Enzisreute/b 30.

Auch in der Kernstadt bleiben im Lärmaktion­splan offenbar Wünsche offen. Für „völliges Unverständ­nis“sorge bei Anwohnern der Wurzacher Straße, „dass nicht die ganze Straße ,Tempo 30’ bekommt, sondern nur der Abschnitt für die Kurgäste beim Haus am Stadtsee. Das kann einfach nicht sein, dass wir Bürger weniger wert sind. Es herrscht zu viel Verkehr und mit Kindergart­en, neuem Wohngebiet, Freibad und Krankenhau­szufahrt sind hier sensible Bereiche betroffen“, unterstric­h Beate Dobler. Die Bürgerin forderte eine Korrektur, zumal hier das Verkehrsau­fkommen zuletzt 2016 ermittelt worden sei.

Ihr zur Seite sprangen Viola und Hans Warter, die ebenfalls die teilweise „sehr hohen Geschwindi­gkeiten“bemängelte­n auf Höhe von Amtsgerich­t/freibad. Und für ihren Hinweis, dass in neu beschlosse­nen „30er-zonen“sowie in der Wurzacher Straße häufiger Radarkontr­ollen angeordnet werden sollten, gab es Beifall im Saal. Allerdings sahen die anwesenden Fachleute aufgrund des erhobenen Datenmater­ials für weite Abschnitte dieser (Landes-) Straße mit weniger als 8200 Kraftfahrz­eugen täglich „leider keine Chance für ,Tempo 30’, so leid uns das tut“, brachte es Jürgen Bucher vom Tiefbauamt abschließe­nd auf den Punkt.

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FOTO: SABINE ZIEGLER Beim Informatio­nsabend in Gaisbeuren wurde deutlich, dass der Lärmaktion­splan der Stadt Bad Waldsee nicht alle Wünsche der Bürgerscha­ft im Hinblick auf weitere Tempolimit­s wird erfüllen können.

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