Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Museumspädagogik überzeugt die Kreisräte
Museumsdorf Kürnbach punktet mit modernen Angeboten und erreicht neue Besuchergruppen
(gw) - Das Museumsdorf Kürnbach erfreut sich großer Beliebtheit. „Wir haben jetzt schon mehr Jahreskarten verkauft und Besucher gehabt als 2019“, verkündete Museumsleiter Jürgen Kniep in der Sitzung des Kultur- und Schulausschusses des Kreistags. Den Erfolg führt Kniep auch auf die gute Vermittlungsarbeit zurück.
„Wir sind innovativ und besser als manches Landesmuseum“, stellte er fest.
In den vergangenen Jahren hat das Museumsdorf zwei moderne Vermittlungsprinzipien in den Mittelpunkt gerückt, das Storytelling und die Partizipation. Im Bereich Storytelling biete das Museum gut erzählte und faktengesättigte Geschichten,
so Kniep. Der Bereich Partizipation gehe weit über interaktive Mitmachangebote hinaus. Die zentrale Frage laute: Was können und wissen die Besucher, das das Museumsteam nicht kann und nicht weiß? Eingesetzt wird diese Herangehensweise beispielsweise bei der Ausstellung „Freiheit auf vier Rädern? Wie das Auto Oberschwaben verändert hat“, in der die Besucher mit eigenen Erinnerungen zentrale Aussagen der Ausstellung gestalten können.
Die Museumspädagogik wird in Kürnbach nicht nur als Angebot gegenüber Schulklassen definiert. Hier laufen alle Bemühungen zusammen, den sehr unterschiedlichen Besuchern möglichst passgenaue Informations- und Beteiligungsangebote zu machen. In Kürnbach wird die Museumspädagogik nicht als Sonderbereich der Museumsarbeit, sondern als integraler Bestandteil auch in Konzeption und Umsetzung von Ausstellungen und Veranstaltungen verstanden.
Verena Amann ist seit fast drei Jahren schwerpunktmäßig für die Pädagogik im Museumsdorf zuständig und bildet mit dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Torsten Albinus das Team „Sammlung und Vermittlung“. Museumsleiter Kniep und Sophia Distler, Leiterin des Teams Management und Kommunikation, unterstützen sie. Amann stellte den Ausschussmitgliedern ihre Arbeit vor und lieferte ein Zwischenfazit des Projekts „Gemeinsam(es) erleben im Museumsdorf“, das noch bis April 2023 läuft, genauso lang wie der befristete Vertrag der Museumspädagogin.
Das Projekt nimmt mit neuen Formaten Gruppen in den Blick, die bislang unter den Museumsbesuchern unterrepräsentiert sind. Dazu gehören unter anderem Kinder und Jugendliche mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen, Schüler jenseits der Gymnasien, Menschen mit Migrationshintergrund, Personen mit Sehbehinderung und die Generation 65 plus.
Amann berichtete, dass das Museum auch Menschen mit und ohne
Behinderung zusammenbringe. „Gelebte Inklusion gibt allen Beteiligten etwas zurück“, so ihre Erfahrung. Gerade werde ein Erlebnisprojekt für Schulklassen mit Behinderung entwickelt. Zudem werde eine Multiplikatorenschulung für Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen angeboten. „Außerdem gehen wir raus zu Gruppen, die sich mit einem Besuch bei uns schwertäten“, ergänzte Kniep, auch wenn zwei Drittel der Gebäude mittlerweile barrierefrei zugänglich seien.
„Die Zahl der Modellprojekte und Förderungen von EU. Bund und Land zeigt: Hier ist nichts verstaubt, hier gibt es innovative Vermittlungsarbeit“, lobte Landrat Heiko Schmid und bezeichnete das Museumsdorf als einen „zentralen Bestandteil der Bildungsinfrastruktur im Landkreis Biberach“. Mit Blick auf das im kommenden April endende Projekt sagte Schmid: „Wir möchten gern die Vermittlungsarbeit auf dem hohen Niveau stabilisieren und zugleich weiterhin innovative Ansätze verfolgen, um die Menschen zu erreichen.“Der beeindruckende Überblick habe gezeigt, wie viel dabei eben auch von den Menschen abhänge, die zuverlässige Netzwerker und Ansprechpartner seien.
Die Ausschussmitglieder stimmten einstimmig dafür, die bis April 2023 befristete Museumspädagogikstelle im Rahmen der Haushaltsberatungen für 2023 zu entfristen. Zuvor hatte der Förderverein des Museumsdorfs bereits signalisiert, die Stelle bei einer Entfristung für ein weiteres Jahr mit 20 Prozent zu fördern.