Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Bürger reichen Petition gegen Windräder ein

Widerstand wächst, seitdem die Planungen auf bis zu neun Anlagen vergrößert wurde

- Von Karin Kiesel

- Der Widerstand von Bürgern aus Tannhausen und Tannweiler gegen die geplanten Windräder in ihrer unmittelba­ren Nähe wird größer. Das liegt vor allem daran, dass anstatt vier sogar neun Windräder möglich sind. Nun wurde von Bürgern eine Petition gegen die Windräder gestartet. Adressaten sind der Regionalve­rband Bodensee-oberschwab­en, die Stadt Aulendorf sowie der Petitionsa­usschuss des Landtags von Baden-württember­g.

Gestartet wurde die Petition unter dem Titel „Verhindern Sie den Bau von Windkrafta­nlagen Tannhausen/tannweiler“auf der Online-plattform change.org. Mehr als 700 Unterzeich­ner haben sich bisher angeschlos­sen. Für Tobias Rees aus Tannweiler, der die Petition initiiert hat, ist das ein deutliches Zeichen, dass die Bewohner der beiden kleinen Orte die Windräder nicht haben möchten. Wie er der SZ berichtete, sei er nach der Informatio­nsveransta­ltung, bei der die Stadt und die Firma Uhl Windkraft über das Vorhaben informiert hatten, erschrocke­n gewesen über die konkreten Planungen und die Standorte der Windräder. Das sei vielen anderen Bürgern so gegangen.

Zwar räumte er selbstkrit­isch ein, sich nicht früher ausführlic­her mit den Planungen beschäftig­t zu haben, die durchaus in mehreren öffentlich­en Gemeindera­tssitzunge­n oder Einwohnerv­ersammlung­en kontinuier­lich besprochen wurden, dennoch kritisiert­e er den zeitlichen Ablauf. „Nach der Infoverans­taltung wurde vielen Anwesenden erst klar, dass nur noch wenige Tage Zeit sind, um eine Stellungna­hme beim Regionalve­rband abzugeben.“Eine entspreche­nde Kritik an Bürgermeis­ter Matthias Burth findet sich in der Petition. Bekanntlic­h war der Abend für Februar anberaumt gewesen, musste aber wegen dem erkrankten Bürgermeis­ter auf den 19. März verschoben werden.

Was steht in der Petition? Zunächst wurde gefordert, auf zwei Windräder zu verzichten, die jeweils am nächsten an Tannhausen und Tannweiler geplant sind. Mittlerwei­le wurden die Forderunge­n erweitert: So sollen insgesamt sechs konkrete Anlagen, also so gut wie alle, nicht gebaut

werden. Auf der Karte sind das die Windenergi­eanlagen mit den Nummern 1, 3, 4, 5, 6 und 8. Also bis auf ein Windrad alle im Dreieck zwischen Tannhausen, Tannweiler und Halsanden. Bei Haslach und Lippertsre­ute zielt die Kritik auf eine der drei möglichen Anlagen ab.

Dass die Petition nun mehr Windräder beinhaltet, die wegfallen sollen, hat nach Angaben von Rees den Grund, dass jüngst im Dorfgemein­schaftshau­s Tannhausen rund 60 Bürger zusammenka­men, die sich dies gemeinscha­ftlich so gewünscht hätten. Außerdem wurde die Petition seit Erstellung zwischenze­itlich um die Forderung erweitert, dass das komplette Gebiet als Windkrafta­real gestrichen werden beziehungs­weise massiv verkleiner­t werden soll.

Als Gründe werden Werteverlu­st von Grundstück­en und Immobilien und vor allem negative Auswirkung­en auf die heimische Flora und Fauna sowie auf die Gesundheit der Menschen aufgezählt – sei es beispielsw­eise durch Lärmbeläst­igung oder durch Infraschal­l, welcher gemäß Studien Auswirkung­en auf die Herzleistu­ng und den Herzrhythm­us habe. Das Gebiet sei zudem Lebensraum seltener Vogelarten wie die

Waldschnep­fe oder der Schwarzsto­rch.

Weitere Punkte sind etwa die Nähe des Waldkinder­gartens Tannhausen zu einem Windrad (Nummer 1) sowie eine Familie, die autark im Waldgebiet lebe und das dortige Wasservork­ommen mittels Brunnen nutze. Hier gebe es Ängste, dass das durch den Bau von Windradfun­damenten künftig nicht mehr möglich sei.

In der Petition gibt es zudem Ausführung­en von Martin Elsäßer, der mehr als 30 Jahre lang dem Landwirtsc­haftlichen Zentrum Baden-württember­g in Aulendorf (LAZBW) angehörte. Er betont, dass es sich um das größte zusammenhä­ngende Waldgebiet von Aulendorf handele. Es weise mit seinen Moorfläche­n eine hohe Vielfalt an Lebensräum­en, Tier- und Pf lanzenarte­n und Rückzugsge­bieten für selten gewordene Arten auf. Dieses Waldgebiet sei zusammen mit dem Altdorfer Wald von überregion­aler Bedeutung.

Besonders betroffen sei eine hufeisenfö­rmige Moorf läche, die von mehreren Windrädern einkesselt werde (Nummern 1 bis 4). Windrädern könnten das Mikroklima beeinf lussen, indem sie zur Austrocknu­ng des Bodens führen.

„Intakte Moore sind nachweisli­ch durch die Kohlenstof­fspeicheru­ng von enormer Bedeutung bei der Verlangsam­ung des Klimawande­ls. In vielen Bereichen Oberschwab­ens werden sie aus diesem Grund wieder vernässt.“Zudem sei das Windpotenz­ial hier gering. Entspreche­nd lautet die Forderung, komplett auf Windräder im Tannhausen­er Wald zu verzichten.

Was sagt die Stadt dazu? Für Bürgermeis­ter Burth kommt die Petition nicht überrasche­nd. „Das war zu erwarten“, wie er auf Sz-anfrage sagte. Dass sich Bürger in den Prozess einbringen und ihre Möglichkei­ten zum Protest oder einer Stellungna­hme nutzen, sei völlig normal und in Ordnung. Allerdings machte er darauf aufmerksam, dass es bei Stellungna­hmen an den Regionalve­rband vor allem um Flächen gehe und nicht um die Anzahl oder die Standorte von Windrädern (siehe Zweitstück).

Zur Kritik, dass die Infoverans­taltung erst Mitte März stattfand, äußerte er: Von einer bewussten Verzögerun­g könne nicht die Rede sein. Auf den neuen Termin sei zudem frühzeitig über verschiede­ne Kanäle öffentlich aufmerksam gemacht worden.

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GRAFIK: SZ/QUELLE: UHL WINDKRAFT Das sind die Standorte von neun Windrädern, die im Gebiet Tannhausen und Tannweiler sowie bei Haslach und Lippertswe­iler möglich sind.

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