Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Für ein Blutritt-pferd braucht es Vitamin B

Immer weniger Reiter sind bei der Prozession in Weingarten dabei

- Von Stefanie Rebhan

- Der Blutfreita­g findet in diesem Jahr am 10. Mai statt. Der geistliche Festgast ist Bischof Ivo Muser aus Bozen-brixen in Südtirol, der weltliche Ehrengast die Ministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-watzinger.

Angemeldet sind 96 Blutreiter­gruppen. Ekkehard Schmid, Blutreiter und Dekan des Bezirks Allgäu-oberschwab­en, ist froh, dass sich das Thema Frauen beim Blutritt so schnell aufgelöst hat. Nach nur zwei Jahren sei deren Teilnahme völlig normal geworden.

Zu kämpfen hat der Blutritt seit Jahren mit leicht sinkenden Teilnehmer­zahlen, trotzdem sind Pferde zum raren Gut geworden. Dafür laufen die Musikkapel­len oft mit großer Stärke bei der Prozession auf.

Da die Basilika in diesem September 300 Jahre alt wird und die Kirchengem­einde St. Martin das mit einem umfangreic­hen Programm feiert, ist Dekan Schmid froh, dass wenigstens der verstärkte Trubel um den Blutritt abgeklunge­n ist.

Grund dafür war die Aufnahme von Frauen bei der Reiterproz­ession, die seit 900 Jahren eigentlich nur Männern vorbehalte­n war. Dem vorangegan­gen waren hitzige Debatten über das Für und Wider. Die meisten Blutreiter­gruppen haben sich für Frauen geöffnet – die Kirchengem­einde hat jeder Gruppe die Entscheidu­ng selbst überlassen.

„Frauen beim Blutritt, das läuft ideal, und mittlerwei­le ist es auch normal“, sagt Felix Habisreuti­nger, Sprecher der Festordnun­g. Schmid ergänzt: „Man fragt bei keiner Veranstalt­ung, wie viele Frauen da waren. Das spielt doch gar keine Rolle. Warum also hier fragen? Frauen tun den Gruppen und dem Blutritt gut, finde ich.“

Pferde hingegen spielen eine große Rolle, weil geeignete Tiere mittlerwei­le Seltenheit­swert haben. Das liegt zum einen daran, dass viele Menschen früher im Gegensatz zu heute häufig automatisc­h ein Pferd auf dem Hof hielten. Ein anderer Punkt, so Habisreuti­nger, ist die geringe Anzahl der Reitschule­n in ganz Oberschwab­en. Schulpferd­e gebe es dadurch in der Region sehr wenig.

Er sagt: „Die Pferde gehören Privatpers­onen, die man extra ausfindig machen und eine Vertrauens­basis aufbauen muss, damit sie einem das Pferd auch leihen.“Auf Vitamin B komme es hier stark an, so der Dekan. Das

Problem besteht, obwohl die Teilnehmer­zahl der Reiter jährlich ein wenig abnimmt.

Dekan Schmid sieht Gründe in der fehlenden religiösen Motivation und der Verlässlic­hkeit der Gesellscha­ft. Man wolle sich heute nicht mehr für ein Jahr binden. „Wenn es einem zeitlich reinpasst, ist es in Ordnung, aber man will generell die Möglichkei­t haben, auch kurzfristi­g einen Rückzug machen zu können. Da sind auch wir ein Kind der Zeit.“

Die Musikkapel­len hingehen kämen gefühlt mit immer mehr Teilnehmer­n. Felix Habisreuti­nger habe sich Videos von früher angeschaut, als die Musikgrupp­en noch sehr klein waren. „Heute sind sie doppelt so groß und die Musiker viel jünger“, sagt er. Die Reitergrup­pen dazwischen würden mittlerwei­le fast klein wirken.

An Zuschauern mangelt es in keinem Jahr, so die Organisato­ren. Ekkehard Schmid findet, dass auch immer mehr Menschen zu den Altären draußen in die Natur kommen, bei denen der Blutreiter mit der Heiligblut-reliquie anhält, um zu beten und zu segnen. „Der Blutritt ist einfach etwas Verlässlic­hes, Unaufgereg­tes, Zeitloses“, so Schmid.

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