Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Für ein Blutritt-pferd braucht es Vitamin B
Immer weniger Reiter sind bei der Prozession in Weingarten dabei
- Der Blutfreitag findet in diesem Jahr am 10. Mai statt. Der geistliche Festgast ist Bischof Ivo Muser aus Bozen-brixen in Südtirol, der weltliche Ehrengast die Ministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-watzinger.
Angemeldet sind 96 Blutreitergruppen. Ekkehard Schmid, Blutreiter und Dekan des Bezirks Allgäu-oberschwaben, ist froh, dass sich das Thema Frauen beim Blutritt so schnell aufgelöst hat. Nach nur zwei Jahren sei deren Teilnahme völlig normal geworden.
Zu kämpfen hat der Blutritt seit Jahren mit leicht sinkenden Teilnehmerzahlen, trotzdem sind Pferde zum raren Gut geworden. Dafür laufen die Musikkapellen oft mit großer Stärke bei der Prozession auf.
Da die Basilika in diesem September 300 Jahre alt wird und die Kirchengemeinde St. Martin das mit einem umfangreichen Programm feiert, ist Dekan Schmid froh, dass wenigstens der verstärkte Trubel um den Blutritt abgeklungen ist.
Grund dafür war die Aufnahme von Frauen bei der Reiterprozession, die seit 900 Jahren eigentlich nur Männern vorbehalten war. Dem vorangegangen waren hitzige Debatten über das Für und Wider. Die meisten Blutreitergruppen haben sich für Frauen geöffnet – die Kirchengemeinde hat jeder Gruppe die Entscheidung selbst überlassen.
„Frauen beim Blutritt, das läuft ideal, und mittlerweile ist es auch normal“, sagt Felix Habisreutinger, Sprecher der Festordnung. Schmid ergänzt: „Man fragt bei keiner Veranstaltung, wie viele Frauen da waren. Das spielt doch gar keine Rolle. Warum also hier fragen? Frauen tun den Gruppen und dem Blutritt gut, finde ich.“
Pferde hingegen spielen eine große Rolle, weil geeignete Tiere mittlerweile Seltenheitswert haben. Das liegt zum einen daran, dass viele Menschen früher im Gegensatz zu heute häufig automatisch ein Pferd auf dem Hof hielten. Ein anderer Punkt, so Habisreutinger, ist die geringe Anzahl der Reitschulen in ganz Oberschwaben. Schulpferde gebe es dadurch in der Region sehr wenig.
Er sagt: „Die Pferde gehören Privatpersonen, die man extra ausfindig machen und eine Vertrauensbasis aufbauen muss, damit sie einem das Pferd auch leihen.“Auf Vitamin B komme es hier stark an, so der Dekan. Das
Problem besteht, obwohl die Teilnehmerzahl der Reiter jährlich ein wenig abnimmt.
Dekan Schmid sieht Gründe in der fehlenden religiösen Motivation und der Verlässlichkeit der Gesellschaft. Man wolle sich heute nicht mehr für ein Jahr binden. „Wenn es einem zeitlich reinpasst, ist es in Ordnung, aber man will generell die Möglichkeit haben, auch kurzfristig einen Rückzug machen zu können. Da sind auch wir ein Kind der Zeit.“
Die Musikkapellen hingehen kämen gefühlt mit immer mehr Teilnehmern. Felix Habisreutinger habe sich Videos von früher angeschaut, als die Musikgruppen noch sehr klein waren. „Heute sind sie doppelt so groß und die Musiker viel jünger“, sagt er. Die Reitergruppen dazwischen würden mittlerweile fast klein wirken.
An Zuschauern mangelt es in keinem Jahr, so die Organisatoren. Ekkehard Schmid findet, dass auch immer mehr Menschen zu den Altären draußen in die Natur kommen, bei denen der Blutreiter mit der Heiligblut-reliquie anhält, um zu beten und zu segnen. „Der Blutritt ist einfach etwas Verlässliches, Unaufgeregtes, Zeitloses“, so Schmid.