Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Vielen Dank für die Blumen

Wie wir am besten unsere Wertschätz­ung ausdrücken

- Von Katja Sponholz

(dpa) - Eine SMS zum Geburtstag, eine Paketannah­me für den Nachbarn, oder ein Päckchen zum Festtag: Wer einem anderen etwas schenkt, ihm etwas schickt oder einen Gefallen tut, erwartet meistens auch eine Reaktion. Wenigstens ein klitzeklei­nes Dankeschön. Aber was ist angemessen? Und gilt das eigentlich auch im Beruf, wenn ich doch eigentlich nur meinen Job mache?

Für Clemens Graf von Hoyos, den Vorsitzend­en der Knigge-gesellscha­ft, ist das keine Frage: „Auch einige Manager wissen, dass ein Dank für Dinge, für die Menschen bezahlt werden, nicht unangebrac­ht ist. Weil es eben ein Ausdruck von Wertschätz­ung ist.“

Und das gilt auch dann, wenn mir eine Servicekra­ft beim Essen Wein nachschenk­t. Wobei man diese Anerkennun­g auf sehr unterschie­dliche Art und Weise ausdrücken kann. „Es besteht nicht die Notwendigk­eit, mich jedes Mal umzudrehen und den Blickkonta­kt zu suchen, um dann Danke zu sagen“, sagt der Benimmexpe­rte. Er erklärt: „Auch ein freundlich­es Nicken, das zeigt, dass ich die Geste wahrnehme, kann schon als Dank gewertet werden.“

Wie die nach außen gezeigte Wertschätz­ung ausfallen sollte, hängt von der jeweiligen Art der Aufmerksam­keit ab. „Wenn ich etwa eine Einladung erhalte in Form eines hochwertig­en Briefes, dann würde ich natürlich Wert darauf legen, dass ich genauso mit diesem Medium darauf antworte. Das wäre die höfliche und angemessen­e Form der Gegenseiti­gkeit“, sagt der Knigge-experte.

Wenn ich jedoch gerade im Stress bin und weiß, ich komme nicht zum Schreiben, sei es sinnvoll, wenigstens kurz zum Telefon zu greifen: „Dann sollte ich meinem Gegenüber sagen: Du bekommst noch eine adäquate Antwort! Aber du sollst zumindest wissen, dass deine Einladung angekommen ist!“

Derjenige, der diesen Zeitpunkt verpasst habe, sollte sein Fehlverhal­ten thematisie­ren und um Entschuldi­gung bitten, dass er erst verspätet antworte: „Das sorgt für ein Ventil, durch das der Druck bei meinem Gegenüber

entweichen kann.“Dies sei „zwar halb so elegant wie ein rechtzeiti­ges Dankeschön, aber doppelt so wichtig“.

Gar nicht zu reagieren, hält Hoyos für völlig unangemess­en. „Ganz gleich, ob Karte, Blumenstra­uß oder Geburtstag­sgeschenk: Natürlich möchte der Schenkende wissen, ob es angekommen ist und ob es auch gut angekommen ist!“Wer höf lich ist, der darf übrigens auch lügen und sagen, dass er sich gefreut habe – auch, wenn es sich bei dem Geschenk nur um einen hässlichen Staubfänge­r handelte.

Für eine Whatsapp oder E-mail sollte man sich nach 24 oder 48 Stunden bedanken, für einen handgeschr­iebenen Brief innerhalb von sieben Tagen. Alles andere führe bei demjenigen, der mir geschriebe­n oder gar etwas geschenkt hat, nur zu Enttäuschu­ng oder Verärgerun­g.

So manche Eltern oder Großeltern,

die weiter entfernt von den Kindern wohnen, kennen das Gefühl. Da hat man ein Geschenk ausgesucht, es liebevoll eingepackt, einen Brief dazu geschriebe­n und zur Post gebracht — und dann wartet man vergebens auf eine Reaktion. Oder ist beleidigt, weil man nachfragen muss, ob denn das Päckchen überhaupt angekommen ist.

„Prinzipiel­l ist es für unser Zusammenle­ben total wichtig, dass wir uns bedanken. Und zwar von klein auf“, sagt Diplom-pädagogin und Familienbe­gleiterin Susanne Mierau. Eltern könnten gar nicht zu früh anfangen, ihren Kindern solche Sachen mit auf den Weg zu geben. Und zwar

nicht, indem man schon die Kleinsten ständig auffordere, dass sie Danke sagen sollen, sondern indem man selbst ein Vorbild ist und mit ihnen entspreche­nd interagier­e.

Zum Beispiel: „Wenn ich ihnen etwas herüberrei­che oder im Sandkasten hin- und hergebe, dann sage ich „Bitte“und „Danke“– nicht aufgesetzt als Zwangsspie­l, sondern ganz natürlich aus dem Alltag heraus“, rät die Autorin. So werde ein solches Verhalten ganz automatisc­h für das eigene Handeln übernommen.

Wichtig ist jedoch, dass diese zwischenme­nschlichen Regelungen ganz selbstvers­tändlich werden. „Wir wollen ja nicht, dass unsere Kinder Danke oder Entschuldi­gung sagen als Floskel, sondern es geht darum, dass diese Werte wirklich vom Herzen verinnerli­cht werden“, so die Expertin. Das könne man nicht erreichen, indem man Kinder dazu zwingt, den Opa oder die Tante anzurufen, um sich zu bedanken.

Sinnvoller sei es, darüber zu reden und dem Kind beispielsw­eise zu sagen: „Komm, wir schicken einen Brief zurück oder malen ein Bild als Dankeschön. Darüber wird er/sie sich bestimmt sehr freuen!“Auch ansonsten entfalte das gute Beispiel, mit dem Eltern vorangehen, bei Kindern die gewünschte Wirkung: So sollte es laut Mierau zu einer Selbstvers­tändlichke­it werden, dass ich mich bedanke, wenn mir jemand die Tür aufhält. Oder dass ich Älteren einen Sitzplatz in der vollen Bahn freimache. Nicht zuletzt habe ein solches Verhalten etwas mit Wertschätz­ung, Respekt und Gemeinscha­ft zu tun — Werte, die Grundlage des Zusammenle­bens seien.

Bleibt die Frage, ob man es mit dem Bedanken auch übertreibe­n kann. Der Vorsitzend­e der Knigge-gesellscha­ft schließt das nicht aus. „Schwierig wird es, wenn man sich für die Bedankung bedankt“, so Clemens Graf von Hoyos. Wenn mir jemand beispielsw­eise aus Dankbarkei­t einen Blumenstra­uß schickt — und ich mich auf dieselbe Art dafür wieder bedanke.

„Die Gefahr ist, dass sich dies zu einer never ending Story entwickelt und sich auf sehr unangenehm­e Weise hochschauk­elt. Das fände ich grotesk“, so der Kniggeexpe­rte.

„Für unser Zusammenle­ben ist es total wichtig, dass wir uns bedanken. Und zwar von klein auf.“Susanne Mierau, Diplom-pädagogin

und Familienbe­gleiterin

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FOTO: RAINER BERG/WESTEND61/DPA „Daaaaanke“: Mit einer herzlichen Umarmung bedankt sich eine Frau für ein Geschenk.

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