Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Verein will Depression aus Tabuzone holen
Grund ist der Suizid eines jungen Freundes – Tanztheater „Die Scheinriesin“in Ravensburg
- Nach dem Suizid eines jungen Mannes haben seine Freunde und Bekannten den Verein Luki gegründet. Sie wollen das Thema Depression aus der Tabuzone in die Öffentlichkeit bringen. Jetzt haben sie sich ein großes Projekt vorgenommen: Sie holen Ramona Springer und ihr Tanz- und Theaterstück „Die Scheinriesin“nach Ravensburg. Es ist am Samstag, 13. April, um 20 Uhr im Konzerthaus zu sehen.
Ramona Springer aus Ulm weiß, worum es geht: Sie leidet selber an einer Depression mit Panikattacken, berichtet sie. Anders als viele Betroffene geht sie jedoch offen mit ihrer Situation um – und ist erstaunt, wie viele Menschen aus ihrem Bekanntenkreis dasselbe Schicksal haben. Aber es wird nicht darüber gesprochen. Sie glaubt, dass sich viele für diese Krankheit schämen und dass zu wenig darüber aufgeklärt wird.
Springer hat Tanz studiert. Unter dem Namen „Die Scheinriesin – meine Depression wollte auf die Bühne“verarbeitet sie ihre eigene Geschichte zu einem Bühnenstück mit viel Tanz, Gesang und Theater. Damit will sie zeigen, wie sich die Krankheit für sie selbst angefühlt hat und wie sie jetzt ihren Weg geht. Wichtig ist ihr, in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für Depressionen zu schaffen. Sie findet: Niemand sollte schief angeschaut oder be- lächelt werden, wenn er oder sie offen damit umgeht.
Uraufgeführt hat Springer ihr Stück im Januar 2023 in Weißenhorn im Landkreis Neu-ulm, im Mai 2023 hat sie es in Ulm gezeigt. Ravensburg ist ihr dritter Spielort. Eingeladen hat sie der Verein Luki mit Sitz in Fronhofen. Das Kürzel steht für „Lasst uns Kids informieren“. Ziel des gemeinnützigen Vereins ist es, psychische Erkrankungen als Thema in die Öffentlichkeit zu bringen und Jugendliche sowie deren Bezugspersonen mit diesem Thema zu erreichen.
Erstes Projekt des Vereins war eine Plakataktion. Zielgruppe waren junge Menschen unter 25, denen es nicht gut geht und die
nicht wissen, wohin sie sich wenden können. In der Region bekannt ist der Verein auch dank der „Sinnbänke“in Zußdorf und Horgenzell. Die S-förmig geschwungenen Holzbänke ermöglichen den Ausblick nach zwei Seiten, eingefräste Sinnsprüche laden zur Kommunikation ein, dazu die Nummer der Telefonseelsorge – als Ermutigung, bei Bedarf dort anzurufen.
Der Verein organisiert Vorträge und Workshops, bisher zum Beispiel am Gymnasium Wilhelmsdorf und an der Humpisschule in Ravensburg. Die Mitglieder sind immer auf der Suche nach Fachkräften, die sie dabei unterstützen. Denn die Nachfrage
ist groß und die Vereinsmitglieder selbst sind nicht vom Fach. „Unser Motto lautet: Unsere Arbeit lohnt sich bereits dann, wenn wir nur eine Person vor dem Suizid bewahren“, sagt Vereinssprecherin Linda Widmann.
Sponsoren und Spender sind ebenfalls immer willkommen. Für das Bühnenstück hat der Verein 20.000 Euro investiert, berichtet Widmann. Bis zu 13.000 Euro könnte der Ticketverkauf einbringen. „Ein Defizit bleibt also auf jeden Fall.“Für die Vereinsmitglieder stehe jedoch an erster Stelle, einen „Abend in toller Konzerthaus-atmosphäre und mit jeder Menge Gefühl und Herzblut“zu bieten.