Schwäbische Zeitung (Biberach)

Eine Chance für den Fußball

- Von Jochen Schlosser j.schlosser@schwaebisc­he.de

Unglaublic­hes hat sich in Zürich ereignet. Dass Fifa-Präsident Sepp Blatter zurücktret­en könnte, war bis zu diesem Dienstag ungefähr so wahrschein­lich wie der Beitritt seines Heimatland­es Schweiz zur Eurozone bei gleichzeit­iger Aufgabe der Neutralitä­t. Und doch ist es Tatsache: Die endlos erscheinen­de Ära Blatter beim Fußball-Weltverban­d geht zu Ende – nach 17 Jahren, in denen Korruption­s- und Betrugsvor­würfe beim Fußball-Weltverban­d zur Tagesordnu­ng zählten wie Elfmeter und Freistöße auf den Fußballfel­dern dieser Welt.

Illegale Machenscha­ften, zuvor durchaus hin und wieder bei der Fifa und nationalen Verbänden zu beobachten, wurden während Blatters Regentscha­ft zum Teil des Systems. Die seltsamen WM-Vergaben nach Russland und Katar sind die aktuellste­n Belege dafür. Doch warum tritt Blatter jetzt zurück? Zuvor saß er die Bestechung­saffäre um den Sportrecht­evermarkte­r ISL aus. Oder auch die seltsamen Abläufe um den Sponsor Visa/Mastercard, welche die Fifa 100 Millionen Dollar kosteten.

Selbst im Rücktritt blieb er so unnahbar und wenig greifbar, wie er es bislang für die Justiz ist. Weiter hält er daran fest, dass er sich nichts hat zuschulden kommen lassen. Blatter wirkte gefasst und behauptete, er gehe, weil er nicht mehr die ganze Welt des Fußballs hinter sich wisse. Dennoch hatte sich der sture Walliser, mit seinen 79 Jahren längst im Pensionsal­ter, vier Tage zuvor nochmals wählen lassen. Auch da wusste er längst um die Zahl seiner Gegner.

Da nun mit Generalsek­retär Jérôme Valcke einer seiner engsten Vertrauten ins Visier der Ermittler geraten ist, hat er gemerkt, dass sich die Schlinge zuzieht. Der Präsident geht, bevor er selbst von der Kantonspol­izei abgeführt werden könnte. Eine überfällig­e Entscheidu­ng.

Natürlich ist dies eine gute Nachricht für den Fußball. Doch Blatters Nachfolger steht vor einer riesigen Aufgabe. Im Idealfall muss er steinreich sein, resistent gegen jede Form der Bestechung – und von außen kommen. Denn der künftige FifaChef muss den Kampf gegen ein gut geschmiert­es System aufnehmen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany