Schwäbische Zeitung (Biberach)

Vier Amtsgerich­te für Tausende Vereine

Lokale Anlaufstel­len für Ehrenamtli­che fallen weg – Register werden digitalisi­ert

- Von Robin Uhlenbruch

- Tausende Vereine in Baden-Württember­g haben bald nur noch vier Ansprechpa­rtner für juristisch­e Fragen: Statt zuvor 108 Amtsgerich­te sind jetzt nur noch die Standorte Ulm, Stuttgart, Mannheim und Freiburg für die Beratung und die künftig digitalen Vereinsreg­ister zuständig. Die Reform soll für weniger Papierkram sorgen und den OnlineZuga­ng für Vereine ermögliche­n.

„Nach einer Woche war alles weg“, sagt der Direktor des Ravensburg­er Amtsgerich­ts Matthias Grewe und meint damit kistenweis­e Karteikart­en. Seit dem Jahr 1900 mussten die Vereinsreg­ister in Karteiform geführt werden. Das hielt die Landesregi­erung im 21. Jahrhunder­t für überholt. „Einen leeren Karton haben wir noch – als Andenken sozusagen.“Das Amtsgerich­t Ravensburg erhielt eine Verpackung­sanleitung von den Ulmer Gerichtsko­llegen, erklärt Grewe, dann sei alles ganz schnell gegangen.

RAVENSBURG

Karteikart­en sind Geschichte

Ulm ist neben Stuttgart, Freiburg und Mannheim einer von nur noch vier Standorten, die ab kommendem Sommer für die Belange der Vereine zuständig sind. Das beschloss die grün-rote Landesregi­erung im Herbst 2012. Seit Anfang 2014 wurden die Vereinsreg­ister schrittwei­se digitalisi­ert. Am 8. Juni sollen die letzten Karteikart­en verschwind­en, bestätigt Peter Wieczorek, Sprecher des baden-württember­gischen Jus- tizministe­riums. Die Kosten belaufen sich auf knapp 158 000 Euro.

Eine Rechtspfle­gerin und eine weitere Mitarbeite­rin waren zuvor für die knapp tausend Vereine im westlichen Landkreis Ravensburg zuständig. „Dazu zählen sämtliche Musik-, Sport- und Schulverei­ne von den Dörfern“, sagt Grewe: „Hier gibt es traditione­ll viele Vereine.“Die Rechtspfle­gerin wurde beim Amtsgerich­t abgezogen. Sie war unter anderem für die Beratung der Vereine zuständig. „Wir hätten sie gerne behalten“, sagt Grewe, „zumindest haben wir andere Aufgaben für die zweite Mitarbeite­rin gefunden.“Landesweit habe es keine Entlassung gegeben, betonte das Justizmini­sterium auf Nachfrage der „Schwäbi- schen Zeitung“. Dennoch muss das Justizress­ort fünf Stellen einsparen, so sieht es die Reform vor.

„Der persönlich­e Kontakt und mögliche Beratungen beschränkt­en sich bislang auf ein Minimum“, sagt Hubert Vogel, Vorsitzend­er des Aalener Sportverei­ns Germania Fachsenfel­d (SVG). „Was wir wissen müssen, wussten wir bereits.“Der Vorsitzend­e sieht deswegen keinen erkennbare­n Nachteil an den jetzt zentral erfassten Registern. Nach den Änderungen auf der letzten Jahreshaup­tversammlu­ng steht der SVG derzeit in Kontakt mit dem Ulmer Amtsgerich­t. „Dann wird sich in den nächsten Tagen herausstel­len, ob es besser oder schlechter funktionie­rt.“An die neue Registernu­mmer hat sich der SVG aber noch nicht gewöhnt, wie ein Blick auf die Homepage zeigt – dort steht noch die alte, dreistelli­ge. Künftig besteht sie aus sechs Zahlen.

Das meiste läuft telefonisc­h

Für Amtsgerich­tsleiter Grewe bleiben die Einschnitt­e für die Vereine überschaub­ar. Mitglieder und Vorstände hätten schon vor der Reform viel telefonisc­h geregelt. Größere Beschwerde­n seien bislang ausgeblieb­en, obwohl die Vereinsmit­glieder mit ihren Fragen nun bei einer Hotline landen. Nur wenige suchten vor der Reform den persönlich­en Kontakt, wenn es Fragen bei Neuanmeldu­ngen, Änderungen oder der Auflösung gab, sagt Grewe. „Es gab sogar Vereine, die hätten besser häufiger den Kontakt gesucht.“

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