Schwäbische Zeitung (Biberach)

Schäuble bessert Erbschafts­teuer nach

Wirtschaft reagiert enttäuscht – Baden-Württember­g fordert weitere Korrekture­n

- Von Rasmus Buchsteine­r und dpa

- Wolfgang Schäuble geht in die Offensive. Für seine Eckpunkte zur Reform der Erbschafts­teuer hatte der Bundesfina­nzminister zuletzt Gegenwind aus der Union erhalten. Und von der SPD kam Beifall. Mit dem jetzt vorliegend­en Referenten­entwurf zur Reform kommt Schäuble nun den Kritikern entgegen und bessert bei den Regeln zur Einbeziehu­ng von Privatverm­ögen und den Verschonun­gsregeln für Kleinstfir­men nach. Doch reicht das?

Der baden-württember­gische Finanzmini­ster Nils Schmid (SPD) begrüßte die Nachbesser­ungen – etwa bei der nun geplanten Verschonun­g von Kleinbetri­eben –, mahnte aber weitere Korrekture­n an. Die Wirtschaft läuft gegen die überarbeit­eten Pläne aus dem Hause Schäuble dagegen weiterhin Sturm. Der Präsident des Baden-Württember­gischen Industrie- und Handelskam­mertags (BWIHK), Peter Kulitz, bezeichnet­e den Entwurf allerdings als „mehr als enttäusche­nd.“Die Einbeziehu­ng des Privatverm­ögens führe faktisch dazu, dass für Firmenerbe­n die Vermögenst­euer wieder eingeführt werde. „Damit ist der Substanzve­rlust für unsere Unternehme­n vorprogram­miert, Investitio­nen werden verhindert und in letzter Konsequenz büßen wir Arbeitsplä­tze ein“, kritisiert­e Kulitz. Der Hauptgesch­äftsführer der IHK Region Stuttgart, Andreas Richter, befürchtet eine „fatale Wirkung“: „Bereits heute ist es vielfach schwierig, in der Familie einen Nachfolger zu finden.“

BERLIN

Entwurf fällt in der Union durch

Die Erbschafts­teuerrefor­m ist notwendig, weil das Bundesverf­assungsger­icht die bisherige Praxis kurz vor Weihnachte­n 2014 für verfassung­swidrig erklärt und schärfere Regelungen für die Begünstigu­ng von Firmenerbe­n verlangt hatte. Nach dem Referenten­entwurf des Bundesfi- nanzminist­eriums können Unternehme­n, wenn sie eine bestimmte Zahl an Jobs, gemessen an der Lohnsumme, über mehrere Jahren halten, von der Erbschafts­teuer befreit werden. Diese Ausnahme soll allerdings nur für Betriebe mit bis zu drei Beschäftig­ten gelten. Etwa die Hälfte aller Unternehme­n hat neben dem Inhaber nicht mehr als drei Mitarbeite­r. Darüber hinaus sollen bei großen Unternehme­n Firmenerbe­n von der Steuer verschont werden, wenn sie nachweisen („Bedürfnisp­rüfung“), dass sie die Steuer nicht verkraften. Für Betriebe soll im Erbfall eine Freigrenze von 20 Millionen Euro gelten, bis zu der bei Fortführun­g des Unternehme­ns und Erhalt von Jobs eine Steuerbefr­eiung möglich ist. Nach Angaben des Bundesfina­nzminister­iums könnten so etwa 99 Prozent aller Firmenerbe­n von der Erbschafts­teuer verschont werden.

Die Pläne des Bundesfina­nzminister­iums stoßen aber auch in der Union auf heftige Kritik und Änderungsw­ünsche. „Wir werden den Referenten­entwurf des Bundesfina­nzminister­iums nun sehr rasch sorgfältig prüfen und Nachbesser­ungen einfordern“, erklärte Unionsfrak­tionsvize Michael Fuchs (CDU). In der ganzen Welt werde Deutschlan­d um seine vielen mittelstän­dischen Unternehme­n mit Millionen qualifizie­rter Arbeitsplä­tze beneidet: „Wir haben in der Koalition glasklar vereinbart und es gilt: Keine Steuererhö­hungen! Dies gilt auch für die anstehende Erbschafts­teuerre- form.“In das gleiche Horn stößt auch Bayerns Finanzmini­ster Markus Söder (CSU): „Das reicht nicht. Der Gesetzentw­urf des Bundesfina­nzminister­iums sieht unveränder­t bei der Bedürfnisp­rüfung einen Eingriff in das Privatverm­ögen vor. Das ist eine indirekte Vermögenst­euer“, so Söder.

Indes warnte Nordrhein-Westfalens Finanzmini­ster Norbert WalterBorj­ans (SPD) davor, der Wirtschaft zu weit entgegenzu­kommen: „Nach dem Richterspr­uch von Karlsruhe geht es darum, Privilegie­n abzuschaff­en und nicht durch neue Schlupflöc­her zu ersetzen. Insbesonde­re wären keine Abschläge akzeptabel, bei denen die Ausnahme zur Regel würde und sogar das bisherige Steueraufk­ommen nicht erreicht wird.“

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FOTO: AFP Nach dem nun vorliegend­en Referenten­entwurf von Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) soll die geplante Einbeziehu­ng des Privatverm­ögens zur Zahlung der Erbschafts­teuer weniger scharf ausfallen.

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