Schwäbische Zeitung (Biberach)

Gabriel legt sich für Freihandel­sabkommen ins Zeug

Wirtschaft­sminister: Ohne TTIP droht Europa der Abstieg – Handelsger­icht soll Kritiker besänftige­n

- Von Tim Braune

(dpa) - Vetorecht für den Bundestag, keine Extrawürst­e für große Konzerne: Bundeswirt­schaftsmin­ister Sigmar Gabriel (SPD) will mit roten Linien die zahlreiche­n Kritiker des EU-USA-Handelsabk­ommens TTIP auf seine Seite ziehen. Einen Abbruch der Gespräche zwischen Brüssel und Washington lehnt er ab. „Stoppt die Verhandlun­gen heißt: Ich gebe auf“, sagte Gabriel am Dienstag in Berlin. Der Wirtschaft­sminister warnte, Europa drohe ohne Zugang zum Welthandel der Abstieg

Der extra aus Washington angereiste Handelsbea­uftragte von USPräsiden­t Barack Obama, Michael Froman, betonte kurz vor dem G7Gipfel auf Schloss Elmau, TTIP sei in unruhigen weltpoliti­schen Zeiten eine einzigarti­ge Chance: „Wir möchten nicht, dass es einen Ausverkauf der Standards gibt.“Europa und die USA könnten gemeinsam im Welthandel weiter den Ton angeben – das sei gut für Wirtschaft und Bürger.

EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström will das Abkommen noch während Obamas Amtszeit abschließe­n, der Anfang 2017 das Weiße Haus verlässt. Darauf dringt auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

BERLIN

Am 13. Juli beginnt in Brüssel die zehnte TTIP-Verhandlun­gsrunde.

Mit der Abschaffun­g privater Schiedsger­ichte, vor denen Konzerne bislang Staaten auf hohen Schadeners­atz verklagen können, will SPD-Chef Gabriel die Kritiker, auch in seiner eigenen Partei, von TTIP überzeugen. Als Alternativ­e schlägt Gabriel ein Handelsger­icht mit unabhängig­en Richtern vor, wo Streitfrag­en geklärt werden sollen. „Ehrlich gesagt, ich halte das für eine ziemlich schlaue Idee.“Damit sei „eine Menge Luft“aus der aufgeheizt­en TTIP-Debatte herausgeno­mmen worden, meinte Gabriel. ObWashingt­on mitspielt, ist aber offen. Froman sagte zwar, auch die USA wollten den Investitio­nsschutz überarbeit­en. Konkrete Zusagen machte der US-Chefunterh­ändler aber nicht. Zu Gabriels roten Linien, die er auf Druck von SPD und Gewerkscha­ften ziehen musste, gehört zudem, dass die Bundesregi­erung darauf besteht, dass der Bundestag am Ende TTIP zustimmen muss. Auch wollen die Sozialdemo­kraten in Brüssel erreichen, dass die USA alle internatio­nalen Arbeitnehm­erstandard­s akzeptiere­n.

Gabriel unterstric­h, Deutschlan­ds Zustimmung zu TTIP sei auf keinen Fall in Stein gemeißelt. Ein Nein sei keineswegs ausgeschlo­ssen: „Ich bin nicht sicher, ob wir am Ende ein Handelsabk­ommen hinkriegen.“Viele Bedenken der TTIP-Gegner seien jedoch grundlos. Kein Gesetz oder Verbrauche­rschutz in Europa werde durch TTIP ausgehöhlt. Umgekehrt könnten deutsche Autobauer bei der Angleichun­g von Standards Milliarden sparen, wenn sie bei jedem in die USA verkauften Auto künftig nicht mehr andere Blinker und Ähnliches einbauen müssten.

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FOTO: DPA In weiten Teilen der Bevölkerun­g wird TTIP skeptisch beäugt.

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