Schwäbische Zeitung (Biberach)
Rottumtalschule Ochsenhausen Der offene Brief des Schulleiters
(aw) - Karl Geßler, Leiter der Rottumtalschule Ochsenhausen, hat nach den jüngsten nächtlichen Auswüchsen auf dem Schulgelände mit der Anrede „Liebe Kinder, liebe Jugendliche und junge Erwachsene in Ochsenhausen“einen offenen Brief an die für die Verwüstung Verantwortlichen gerichtet. Überschrift: „Es reicht jetzt!“
In dem mit Ironie gewürzten Schreiben „bedankt“er sich für die „Scherben, Verunreinigungen, Beschädigungen am Schulhaus, ja sogar für Brandanschläge auf Ausstattungsgegenstände“. Es sei „immer ein besonderes Vergnügen, Eure Hinterlassenschaften nach beinahe jedem halbwegs schönen Wochenende wegzuräumen und die Schäden zu beseitigen“, schreibt Geßler und führt „die vielen Scherben“an, die sich dafür eigneten, dass sich die jüngsten Schüler der Grund- und Rottumtalschule verletzten, sowie „ständig fehlende bzw. verbogene Schilder“
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und „herausgerissene Pfosten“an. Trotzdem „haben wir Eure nächtlichen Aufenthalte auf dem Schulgelände oft geduldet, das vernünftige Gespräch mit Euch gesucht, ja sogar großes Verständnis für Eure Bedürfnisse nach Treffmöglichkeiten aufgebracht. Aber mit der hinterhältigen Heimsuchung habt Ihr endgültig das Verständnis für Eure Belange verspielt“, schrieb Geßler mit Blick auf den Schaden am Bienenstock. „Durch diese feige und sinnlose Handlung endet für mich jegliches vorbehaltloses Verständnis für Eure Situation und dem Wunsch nach Treffpunkten auf dem Schulgelände (...).“
Geßler appellierte an die nicht an den Zerstörungen beteiligten und „ausschließlich am Feiern interessierten“Gruppenmitglieder, dass den Schuldigen „Einhalt geboten wird“und versprach eine Belohnung für Hinweise, die „zur Ermittlung des tatsächlichen Täters, der Täter bzw. der Täterinnen“führten.
- Die Geduld von Karl Geßler ist erschöpft. Am Wochenende hatten Jugendliche und junge Erwachsene den auch für den Unterricht an der Ochsenhauser Rottumtalschule verwendeten Bienenstock beschädigt. Nachdem es schon in der Vergangenheit regelmäßig zu Verwüstungen und Sachbeschädigungen auf dem Schulgelände gekommen war, reagierte Geßler, der Leiter der Rottumtalschule, nun mit einer Anzeige bei der Polizei und einem offenen Brief an die jungen Leute. Die Beschädigung des Bienenstocks „war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte“, sagt der Schulleiter.
Dass sich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene an milden und warmen Abenden auf dem Gelände der Rottumtalschule treffen, ist nicht neu. Die Verantwortlichen der Schule haben das bisher geduldet, obwohl es seit Jahren immer wieder auch Vorfälle gab. „Wir haben montags oft Scherben auf dem Gelände“, sagt Geßler. Reste von Flaschen, auch von hochprozentigen Getränken, liegen auf den Wegen, dem Spielgelände und dem Rasen an der Schule verstreut. Dazu kommen unzählige Zigarettenkippen und FastFood-Hinterlassenschaften. Der Hausmeister beseitigt regelmäßig die Hinterlassenschaften nächtlicher Gelage. „Manchmal muss er mit dem Schubkarren kommen.“Im vergangenen Herbst war auch schon ein Papiercontainer in Flammen aufgegangen.
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Appelle an die Vernunft
Man hat auch schon mit den jungen Leuten geredet, zur Vernunft gemahnt. „Dass sie sich hier treffen, ist ja in Ordnung, wenn sie nichts kaputt machen“, sagt Geßler. Doch die Appelle verfingen nicht – oder sie erreichten mit ihren Worten die falschen Personen. Denn „die jungen Leute kommen nicht regelmäßig, es sind auch verschiedene Gruppen“, so der Schulleiter. Zudem bereiten aus seiner Sicht nicht diejenigen, die schon früh am Abend an der Schule anzutreffen sind, das Problem. „Bei denen, die anfangs da sind, funktioniert es. Das Problem sind die, die später kommen.“Und oft genug angetrunken.
Auch der Anschlag auf den Bienenstock war ein Spätwerk. Aufgrund von Hinweisen von Anwohnern „vermuten wir, dass es in den Morgenstunden des vergangenen Sonntags passiert ist“, sagt Geßler, der sich darüber wundert, dass Jugendliche die ganze Nacht unterwegs sind. „Wissen die Eltern überhaupt, wo ihre Kinder sind“, fragt sich der Schulleiter, dessen Geduldsfaden nun gerissen ist. Als ihn der Hausmeister am Sonntag benachrichtigte und er an der Schule das Ausmaß der neuesten Verwüstung sah, traute er seinen Augen kaum. Wohl mit Dachziegeln des danebenstehenden Wildbienenhotels war auf den Honigbienenstock der Schule eingeschlagen worden, die Bienenwaben lagen auf dem Boden.
Der Bienenstock sei schon einmal beschädigt gewesen, „aber nicht so massiv“. Geßler hat den Stock wieder zusammengesetzt, doch wisse er noch nicht, ob noch eine Königin drin sei. „Ich wollte das Bienenvolk erst einmal zur Ruhe kommen lassen.“Dass am Wochenende Spielplatz und Wege mit Scherben übersät waren und man bei einem Schaukasten die Glasscheibe eingeschlagen hatte, kam obendrauf. Der Schulleiter verständigte die Polizei und erstattete Anzeige.
Überwachung per Kamera?
Die Strafverfolgung ist das eine, die Überlegung, solche Auswüchse in Zukunft zu verhindern, das andere. Einen Zaun um das Gelände zu ziehen, in dem auch die Grundschule liegt, hält Geßler kaum für praktikabel („Das kriegen wir nicht hin“), er will es aber auch nicht. Er kennt das aus der eigenen Kindheit. „Mich als Schüler hat es immer gestört.“Eine Möglichkeit wäre eine Überwachung des Geländes über fest installierte Kameras, aber auch „das widerstrebt mir“, so der Schulleiter. „Aber wenn es noch ein paar Attentate gibt, dann muss man was tun.“
Als Folge der Zerstörungen denken die Verantwortlichen der Schule auch über die geplante Erweiterung des Freiluft-Lehrangebots nach. Bienenstock und Wildbienenhotel sind längst Teil des Unterrichts nicht nur der Rottumtalschule, sondern auch der Grundschule. Er würde zudem gern einen Bienenlehrpfad einrichten und in der Grundschule habe man schon über Blumenwiese sowie Obst- und Gemüsebeete nachgedacht, so Geßler. „Aber eigentlich kann man nichts mehr machen.“