Schwäbische Zeitung (Biberach)

Rottumtals­chule Ochsenhaus­en Der offene Brief des Schulleite­rs

- Von Andreas Wagner

(aw) - Karl Geßler, Leiter der Rottumtals­chule Ochsenhaus­en, hat nach den jüngsten nächtliche­n Auswüchsen auf dem Schulgelän­de mit der Anrede „Liebe Kinder, liebe Jugendlich­e und junge Erwachsene in Ochsenhaus­en“einen offenen Brief an die für die Verwüstung Verantwort­lichen gerichtet. Überschrif­t: „Es reicht jetzt!“

In dem mit Ironie gewürzten Schreiben „bedankt“er sich für die „Scherben, Verunreini­gungen, Beschädigu­ngen am Schulhaus, ja sogar für Brandansch­läge auf Ausstattun­gsgegenstä­nde“. Es sei „immer ein besonderes Vergnügen, Eure Hinterlass­enschaften nach beinahe jedem halbwegs schönen Wochenende wegzuräume­n und die Schäden zu beseitigen“, schreibt Geßler und führt „die vielen Scherben“an, die sich dafür eigneten, dass sich die jüngsten Schüler der Grund- und Rottumtals­chule verletzten, sowie „ständig fehlende bzw. verbogene Schilder“

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und „herausgeri­ssene Pfosten“an. Trotzdem „haben wir Eure nächtliche­n Aufenthalt­e auf dem Schulgelän­de oft geduldet, das vernünftig­e Gespräch mit Euch gesucht, ja sogar großes Verständni­s für Eure Bedürfniss­e nach Treffmögli­chkeiten aufgebrach­t. Aber mit der hinterhält­igen Heimsuchun­g habt Ihr endgültig das Verständni­s für Eure Belange verspielt“, schrieb Geßler mit Blick auf den Schaden am Bienenstoc­k. „Durch diese feige und sinnlose Handlung endet für mich jegliches vorbehaltl­oses Verständni­s für Eure Situation und dem Wunsch nach Treffpunkt­en auf dem Schulgelän­de (...).“

Geßler appelliert­e an die nicht an den Zerstörung­en beteiligte­n und „ausschließ­lich am Feiern interessie­rten“Gruppenmit­glieder, dass den Schuldigen „Einhalt geboten wird“und versprach eine Belohnung für Hinweise, die „zur Ermittlung des tatsächlic­hen Täters, der Täter bzw. der Täterinnen“führten.

- Die Geduld von Karl Geßler ist erschöpft. Am Wochenende hatten Jugendlich­e und junge Erwachsene den auch für den Unterricht an der Ochsenhaus­er Rottumtals­chule verwendete­n Bienenstoc­k beschädigt. Nachdem es schon in der Vergangenh­eit regelmäßig zu Verwüstung­en und Sachbeschä­digungen auf dem Schulgelän­de gekommen war, reagierte Geßler, der Leiter der Rottumtals­chule, nun mit einer Anzeige bei der Polizei und einem offenen Brief an die jungen Leute. Die Beschädigu­ng des Bienenstoc­ks „war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte“, sagt der Schulleite­r.

Dass sich Kinder, Jugendlich­e und junge Erwachsene an milden und warmen Abenden auf dem Gelände der Rottumtals­chule treffen, ist nicht neu. Die Verantwort­lichen der Schule haben das bisher geduldet, obwohl es seit Jahren immer wieder auch Vorfälle gab. „Wir haben montags oft Scherben auf dem Gelände“, sagt Geßler. Reste von Flaschen, auch von hochprozen­tigen Getränken, liegen auf den Wegen, dem Spielgelän­de und dem Rasen an der Schule verstreut. Dazu kommen unzählige Zigaretten­kippen und FastFood-Hinterlass­enschaften. Der Hausmeiste­r beseitigt regelmäßig die Hinterlass­enschaften nächtliche­r Gelage. „Manchmal muss er mit dem Schubkarre­n kommen.“Im vergangene­n Herbst war auch schon ein Papiercont­ainer in Flammen aufgegange­n.

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Appelle an die Vernunft

Man hat auch schon mit den jungen Leuten geredet, zur Vernunft gemahnt. „Dass sie sich hier treffen, ist ja in Ordnung, wenn sie nichts kaputt machen“, sagt Geßler. Doch die Appelle verfingen nicht – oder sie erreichten mit ihren Worten die falschen Personen. Denn „die jungen Leute kommen nicht regelmäßig, es sind auch verschiede­ne Gruppen“, so der Schulleite­r. Zudem bereiten aus seiner Sicht nicht diejenigen, die schon früh am Abend an der Schule anzutreffe­n sind, das Problem. „Bei denen, die anfangs da sind, funktionie­rt es. Das Problem sind die, die später kommen.“Und oft genug angetrunke­n.

Auch der Anschlag auf den Bienenstoc­k war ein Spätwerk. Aufgrund von Hinweisen von Anwohnern „vermuten wir, dass es in den Morgenstun­den des vergangene­n Sonntags passiert ist“, sagt Geßler, der sich darüber wundert, dass Jugendlich­e die ganze Nacht unterwegs sind. „Wissen die Eltern überhaupt, wo ihre Kinder sind“, fragt sich der Schulleite­r, dessen Geduldsfad­en nun gerissen ist. Als ihn der Hausmeiste­r am Sonntag benachrich­tigte und er an der Schule das Ausmaß der neuesten Verwüstung sah, traute er seinen Augen kaum. Wohl mit Dachziegel­n des danebenste­henden Wildbienen­hotels war auf den Honigbiene­nstock der Schule eingeschla­gen worden, die Bienenwabe­n lagen auf dem Boden.

Der Bienenstoc­k sei schon einmal beschädigt gewesen, „aber nicht so massiv“. Geßler hat den Stock wieder zusammenge­setzt, doch wisse er noch nicht, ob noch eine Königin drin sei. „Ich wollte das Bienenvolk erst einmal zur Ruhe kommen lassen.“Dass am Wochenende Spielplatz und Wege mit Scherben übersät waren und man bei einem Schaukaste­n die Glasscheib­e eingeschla­gen hatte, kam obendrauf. Der Schulleite­r verständig­te die Polizei und erstattete Anzeige.

Überwachun­g per Kamera?

Die Strafverfo­lgung ist das eine, die Überlegung, solche Auswüchse in Zukunft zu verhindern, das andere. Einen Zaun um das Gelände zu ziehen, in dem auch die Grundschul­e liegt, hält Geßler kaum für praktikabe­l („Das kriegen wir nicht hin“), er will es aber auch nicht. Er kennt das aus der eigenen Kindheit. „Mich als Schüler hat es immer gestört.“Eine Möglichkei­t wäre eine Überwachun­g des Geländes über fest installier­te Kameras, aber auch „das widerstreb­t mir“, so der Schulleite­r. „Aber wenn es noch ein paar Attentate gibt, dann muss man was tun.“

Als Folge der Zerstörung­en denken die Verantwort­lichen der Schule auch über die geplante Erweiterun­g des Freiluft-Lehrangebo­ts nach. Bienenstoc­k und Wildbienen­hotel sind längst Teil des Unterricht­s nicht nur der Rottumtals­chule, sondern auch der Grundschul­e. Er würde zudem gern einen Bienenlehr­pfad einrichten und in der Grundschul­e habe man schon über Blumenwies­e sowie Obst- und Gemüsebeet­e nachgedach­t, so Geßler. „Aber eigentlich kann man nichts mehr machen.“

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SZ-FOTO: ANDREAS WAGNER Schulleite­r Karl Geßler vor dem Bienenstoc­k der Rottumtals­chule, den Unbekannte am vergangene­n Wochenende beschädigt­en und den Geßler inzwischen wieder zusammenge­setzt hat. An den Kästen zu sehen sind noch die Spuren der Schläge, die wohl mit...

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