Schwäbische Zeitung (Biberach)
Asyl: Die großen Probleme kommen erst noch
2016 steht einem Flüchtling mehr Wohnraum zu – Landkreis Ravensburg kann Anforderungen nicht gerecht werden
Quadratmeter zur Verfügung. Das ändert sich mit dem Jahreswechsel. Das heißt: Theoretisch könnten in Kanzachmühle keine 48 Flüchtlinge mehr untergebracht werden.
Ab 1. Januar 2016 soll jeder Flüchtling in der Erstunterbringung durchschnittlich mindestens sieben Quadratmeter Wohnraum haben (§ 23 Flüchtlingsaufnahmegesetz). Das umzusetzen, wird der Kreis, der für die Erstunterbringung der Flüchtlinge zuständig ist, nicht schaffen. „Nach heutigem Stand ist davon auszugehen, dass die Einhaltung dieser neuen Regelung in der Realität nicht gewährleistet werden kann“, antwortet Franz Hirth, Pressesprecher des Landratsamts Ravensburg, auf Anfrage der SZ. Laut Hirth werde der Landkreis alles Mögliche dafür tun, „um zunächst die geforderte Anzahl an Flüchtlingen aufzunehmen und adäquat unterzubringen“.
Aus heutiger Sicht muss der Landkreis bis Dezember Raum für umgerechnet 762 Plätze zusätzlich schaffen. Wird die Quadratmeterzahl von Wohn- und Schlaffläche erhöht, kommt ein zusätzlicher Bedarf von 254 Plätzen hinzu. Das macht insgesamt 2198 Plätze aus. Stand heute: Es fehlen 1016. Die Plätze werden nach Schätzungen des Landratsamts um etwa 40 Prozent teurer. Das Land wird deswegen die Kostenpauschale pro Asylbewerber für die Landkreise von 3055,53 Euro in diesem Jahr auf 3618,26 Euro (2016) erhöhen.
Bei einem Vor-Ort-Termin in Berg sagte auch der Grünen-Landtagsabgeordnete Manfred Lucha, dass wegen der vielen Flüchtlinge dieses Ziel kaum zu erreichen ist. Er lobte aber auch den Landkreis Ravensburg für seine Flüchtlingspolitik. Auch die Sozialdezernentin des Kreises, Diana E. Raedler, sagte: Während in anderen Regionen Deutschlands Flüchtlinge in Turnhallen oder Zelten untergebracht werden müssen, hat es der Landkreis Ravensburg geschafft, seine Flüchtlinge in echten Räumen unterzubringen.
Gemeinden sind auf der Suche
Die Flüchtlinge bleiben maximal zwei Jahre in der Erstunterbringung, danach müssen sich die Gemeinden um die Anschlussunterbringung kümmern, bis sie sich selber versorgen können. In allen Gemeinden wird bereits nach neuen Räumen für die Anschlussunterbringung gesucht. Ähnlich wie bei den Obdachlosen ist die Flüchtlingsunterbringung dann Sache einer jeden einzelnen Gemeinde: Die Kommunen müssen sich um den Wohnraum kümmern. Doch wie lange werden sie darin bleiben? „Das können durchaus bis zu zehn Jahre oder länger sein“, vermutet Daniel Steiner.