Schwäbische Zeitung (Biberach)
Dividende weg, Zukunft düster
Deutschlands zweitgrößter Energiekonzern RWE muss zusätzliche Milliarden abschreiben
(dpa) - Der schwer gebeutelte Energiekonzern RWE greift zu weiteren schmerzhaften Mitteln. Nach einem Verlust im vergangenen Jahr will der Vorstand den Großteil der Dividende streichen, wie das Unternehmen am Mittwoch in Essen mitteilte. Zudem kündigte RWE nun an, das laufende Sparprogramm im Konzern noch einmal zu verschärfen.
2016 rechnet der Vorstand mit weiteren Ergebnisrückgängen. „Wir wissen, dass wir mit der heutigen Entscheidung viele Aktionäre enttäuschen. Sie ist jedoch notwendig, um unser Unternehmen zu stärken“, erklärte Vorstandschef Peter Terium.
Lediglich die Vorzugsaktionäre sollen noch eine Mini-Ausschüttung von 13 Cent je Anteilschein bekommen. Für die Stammaktionäre soll es nichts geben. In den vergangenen beiden Jahren hatte der in der Vergangenheit für seine verlässlichen Ausschüttungen bekannte RWEKonzern noch einen Euro pro Aktie gezahlt. Das entsprach einer Gesamtauszahlung von 615 Millionen Euro. Jetzt sollen gerade noch insgesamt fünf Millionen Euro an die Vorzugsaktionäre fließen.
ESSEN
Kommunen sind sauer
Der Kämmerer der Stadt Essen, Lars Martin Klieve, reagierte entsetzt auf den Vorschlag des Vorstands. „Das übertrifft meine schlimmsten Alpträume“, sagte er. Sein Kollege Guntram Pehlke, Stadtwerke-Chef in Dortmund und als solcher ebenfalls RWE-Großaktionär, schimpfte: „Unverschämtheit, das hätte man nicht entscheiden dürfen, ohne den Aufsichtsrat einzubinden.“Das Kontrollgremium tagt erst in gut zwei Wochen. Viele Kommunen, mit fast einem Viertel wichtigste RWE-Ei- gentümer, sind sauer. Sie müssen insgesamt auf rund 150 Millionen Euro Dividende verzichten, wie die „Rheinische Post“vorrechnet.
2015 hatte sich die Talfahrt des zweitgrößten deutschen Versorgers beschleunigt. Vor allem in der konventionellen Stromerzeugung brechen die Gewinne angesichts des durch den Ökostrom-Boom ausgelösten Verfalls der Preise im Großhandel weg. RWE musste wegen der immer schlechteren Aussichten rund 2,1 Milliarden Euro auf seine Kohle-, Atom- und Gaskraftwerke abschreiben. Unter dem Strich stand ein Netto-Verlust von 200 Millionen Euro.
Ein Ende des Absturzes ist in diesem Jahr nicht in Sicht. So soll der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) von sieben auf 5,2 bis 5,5 Milliarden Euro sinken, wie RWE mitteilte. Dabei rechnet das Unternehmen mit einem weiteren Verfall der Gewinnanteile seiner Kohle-, Atom- und Gasmeiler. Hinzu kommen dürften weitere Belastungen wegen großer Probleme im britischen Geschäft. Weitere Schwierigkeiten kommen auf das Unternehmen mit den am Ende anfallenden Kosten für den Atomausstieg zu.
Das betriebliche Ergebnis soll von 3,8 auf 2,8 bis 3,1 Milliarden Euro sinken. Um Sondereffekte bereinigt, rechnet der Vorstand noch mit einem Überschuss zwischen 500 und 700 Millionen Euro nach 1,1 Milliarden im vergangenen Jahr. Schulden und Mitarbeiterzahl sollen sich hingegen kaum verändern. Der Energiekonzern beschäftigt knapp 60 000 Menschen.
Dass die Hauptversammlung am 20. April Terium die Entlastung verweigern könnte, erwartet kaum jemand. Der Aufstand wird wohl ausbleiben. Die kritische Stimmung dürfte sich aber wohl in einem mäßigen Abstimmungsergebnis niederschlagen, erwarten Beobachter. Das Vertrauen für Terium scheint ausgeschöpft.