Schwäbische Zeitung (Biberach)

Industrie warnt vor Investitio­nsstau

Verband fürchtet Grenzschli­eßungen und wünscht sich einen starken Wirtschaft­sminister

- Von Klaus Wieschemey­er

- Nach einem starken Jahr 2015 erwartet der Landesverb­and der Baden-Württember­gischen Industrie (LVI) im laufenden Jahr eine „Seitwärtsb­ewegung“auf hohem Niveau. Zwar geht LVI-Präsident Hans-Eberhard Koch von einem Wachstum des Bruttoinla­ndsprodukt­s von zwei Prozent im Südwesten aus. Doch globale Krisen, schwächeln­de Schwellenl­änder und politische Hürden belasten das Geschäft. Und eine etwaige Schließung von EU-Binnengren­zen im Zuge der Flüchtling­skrise hält der LVI schlicht für „eine Katastroph­e“, sagt LVI-Geschäftsf­ührer Wolfgang Wolf.

„An der Oberfläche ist alles wunderbar“, betont Wolf. Die deutlich anziehende Nachfrage aus der Eurozone glich Probleme in China, Russland oder Brasilien aus. Und auch die prosperier­ende Automobili­ndustrie im Land wächst weiter. Doch in vielen Branchen dräut Ärger. Selbst die niedrigen Preise für Öl und Stahl sind nicht nur gut, denn den Produzente­n der Rohstoffe geht wegen der sinkenden Einnahmen das Geld für Maschinen aus Deutschlan­d aus.

Und im Inland fühlt sich die Industrie belastet von bürokratis­chen Stellschra­uben und Kostenrisi­ken. Die Kritik geht vor allem Richtung Berlin: Mindestloh­n, Energiewen­de und Erbschafts­teuer bremsten die Ausgabefre­udigkeit der Betriebe. „Ich habe Sorge, dass die Investitio­nen nicht richtig anspringen“, sagt Wolf. Der Ausblick sei auf Dauer weniger rosig, als es die nackten Zahlen vermuten ließen.

STUTTGART

Wünsche an die Landespoli­tik

Vor der anstehende­n Landtagswa­hl am 13. März haben die Betriebe auch Wünsche an die Landespoli­tik: Allen voran fordert der LVI von der nächsten Landesregi­erung wieder ein eigenständ­iges, „starkes Wirtschaft­sministeri­um“als Ansprechpa­rtner für Belange der Wirtschaft. Dieses Haus solle auch die Zuständigk­eit für den Breitbanda­usbau haben. Unter Grün-Rot steht das Wirtschaft­sministeri­um zusammen mit dem Finanzress­ort unter Leitung von Nils Schmid (SPD). Beim schnellen Internet ist unter anderem auch der Minister für den Ländlichen Raum, Alexander Bonde (Grüne), zuständig.

Eine ausdrückli­che Wahlempfeh­lung will der LVI nicht abgeben: Auch wenn man die größten Überschnei­dungen mit dem Wahlprogra­mm der FDP sehe, hätten alle vier im Landtag vertretene­n Parteien wirtschaft­sfreundlic­he Positionen. Auch vor den Grünen habe die Industrie – anders als noch 2011 – keine Angst mehr. Ausdrückli­ch warnt der LVI aber vor der AfD: Eurogegner­schaft und Grenzschli­eßungen seien „nicht Dinge, die im Interesse der Industrie sind“, sagt Wolf. Die weltoffene Wirtschaft im Südwesten brauche menschlich­e Diversität. Auch durch neue Arbeitskrä­fte, die als Flüchtling­e kämen.

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FOTO: DPA Montage der Mercedes-A-Klasse in Rastatt. Der Autobau soll der Südwestwir­tschaft nach Erwartunge­n der Industrie auch 2016 weiter Schub geben.

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