Schwäbische Zeitung (Biberach)
Der letzte Schrei
Urlaub machen ohne Kinder liegt im Trend – auch in der Region gibt es „Adult only“-Hotels
- Urlauben unter Erwachsenen: „Adult only“-Hotels werben damit, Singles, kinderlosen Paaren und gestressten Eltern eine kinderfreie Auszeit zu ermöglichen. Im Ausland sind solche Hotels seit Jahren gefragt, jetzt breitet sich der Trend in Deutschland aus. Auch in der Region gibt es Betriebe, die sich den Ausschluss von kleinen Urlaubern groß auf die Fahnen schreiben.
„Ruhe und Entspannung ab 18 Jahren“– mit diesem Slogan wirbt etwa der Burgunderhof in Hagnau im Internet um Gäste. Jahrzehntelang begrüßte Inhaberin Andrea Renn in ihrem Hotel sowohl Erwachsene als auch Kinder. Doch mit dem Pool kam das Problem. Eigentlich sollte das Schwimmbad den jungen Gästen eine neue Spielmöglichkeit im Garten bieten, doch schnell wurde klar: Planschende, schreiende Kinder und erholungsuchende Erwachsene, die am Beckenrand gemütlich ein Buch lesen wollen, das verträgt sich nicht. „Wir mussten uns entscheiden, welche Gästegruppe uns wichtig ist.“
Die Hoteliersfamilie entschied sich für die Erwachsenen, im Hotel dürfen nur noch volljährige Gäste einchecken. Ausnahmen gibt es keine, auch nicht für ein chinesisches Paar, das einmal nach der Buchung plötzlich mit seinen beiden Kindern an der Rezeption stand. Die anderen Gäste schlichen sofort argwöhnisch durch die Lobby, erzählt Renn, die weit gereisten Gäste wurden schließlich in einem Ersatzhotel untergebracht.
RAVENSBURG
Kinderfrei gleich kinderfeindlich?
„Kinder bringen Unruhe mit sich, das ist nun mal so“, sagt die Hotelbesitzerin, die selbst zwei Kinder hat. Ihre Hotelgäste würden aber vor allem die Ruhe suchen. Glaubt man dem „Wall Street Journal“, dann ist diese Sehnsucht nach Stille sogar typisch deutsch. Das Magazin widmete dem kinderfreien Reisetrend in Deutschland jüngst eine große Geschichte. Der Tenor: Hotels für Erwachsene seien in Deutschland die logische Konsequenz von Mittagsruhe, Tanzverboten in Diskotheken vor Feiertagen oder der Regelung, Altglas nicht nach 19 Uhr zu entsorgen.
Außerdem habe Deutschland eine niedrige Geburtenrate, also generell kein besonders großes Herz für Kinder. Diesen Vorwurf kennt auch Sabine Ertl-Schneider. Die 41-Jährige ist Inhaberin des Hotels Seeschau in Meersburg – als sie vor acht Jahren ihr Konzept auf Erwachsene umstellte, habe das „für Furore gesorgt“. „Wir haben viele böse Mails bekommen und mussten für diese Entscheidung hart einstecken. Keine Kinder mehr ins Hotel zu lassen, dafür wur- den wir von manchen schief angeschaut.“
Kinderfreie Hotels seien jedoch kein Zeichen für Kinderfeindlichkeit. Der wahre Grund für die Entwicklung ist für sie der zunehmende Stress im Job. „Viele Menschen fährt der Alltag regelrecht an die Wand, die brauchen bei uns im Hotel erst mal zwei Tage, um anzukommen. Und weil die Urlaubszeit so kostbar ist, braucht der abgekämpfte Manager am Frühstückstisch dann nicht noch schreiende Kinder.“
Zu den Gästen gehören kinderlose Paare, Eltern mit Kindern, die gerne allein sein möchten, und Großeltern, die einmal eine Auszeit von der Enkelbetreuung brauchen. In Spanien, Griechenland, der Türkei aber auch in Ländern wie Thailand wurden sie schon lange fündig. Doch auch kleinere Betriebe springen jetzt auf den Trend auf. „Früher war das Angebot in diesem Bereich überschaubar, jetzt sind viele Hotels nach einer Renovierung plötzlich kinderfrei“, weiß Aysel Brutscher vom L’TUR-Reisebüro Ravensburg. Die Lage solcher Häuser sei oft besonders idyllisch, die Zimmer exklusiv ausgestattet, der Preis entsprechend höher. Viele Kunden würden explizit solche Unterkünfte nachfragen, im Internet bieten Seiten wie travelwithoutchildren.com eine Übersicht kinderfreier Hotels. Die Domäne travelwithoutadults.com ist dagegen noch zu haben.