Schwäbische Zeitung (Biberach)
Prozess um Autoraser
Radfahrerin getötet – Angeklagte weisen illegales Rennen von sich
(dpa) - Ein Unfall mit fatalen Folgen: Bei einem illegalen Autorennen sollen zwei junge Männer den Tod einer Radfahrerin verursacht haben. Vor Gericht bestreiten die beiden Angeklagten das.
Eine 19-Jährige ist mit dem Fahrrad auf dem Weg von der Kölner Uni nach Hause. Sie fährt auf dem Radweg und trägt einen Helm. Plötzlich schleudert ein Auto auf die junge Frau zu, trifft sie mit voller Wucht. Der Fahrer hat bei hohem Tempo die Kontrolle über seinen Wagen verloren. Drei Tage nach dem Unfall stirbt die junge Frau an ihren Verletzungen. Die Ermittler sind überzeugt: Der Unfallfahrer hat sich ein Rennen mit einem anderen Raser geliefert.
KÖLN
Schon 11 000 Raser erwischt
Am Mittwoch sitzen die beiden Beschuldigten auf der Anklagebank des Kölner Landgerichts. Die Staatsanwaltschaft wirft den 22 und 23 Jahre alten Männern fahrlässige Tötung und Gefährdung des Straßenverkehrs vor. Der Verteidiger des 23-Jährigen verliest eine Erklärung: Ja, sein Mandant sei viel zu schnell gefahren und habe den Unfall verursacht. „Es tut mir unendlich leid, dass durch mein Verhalten ein Mensch gestorben ist.“Aber zu einem Rennen hätten die beiden jungen Männer sich nicht verabredet. Das betont auch der zweite Angeklagte, dessen Anwalt für ihn vorträgt: „Ich trage keine strafrechtliche Verantwortung, fühle mich aber moralisch mitschuldig.“
Es ist nicht der erste Unfall dieser Art in Köln: Nur wenige Wochen zuvor war der Fahrgast eines Taxis ums Leben gekommen – das Taxi war mit einem Raser zusammengestoßen, der an einem Rennen beteiligt war.
Nach dem Tod der 19-Jährigen richtet die Polizei eine Ermittlungsgruppe ein, um die Raser-Szene unter Druck zu setzen. Bis heute hat die „EG Rennen“nach Angaben eines Sprechers rund 11 000 Raser erwischt. In 70 Fällen ermitteln die Beamten wegen illegaler Rennen, knapp 150 getunte, verkehrsuntaugliche Autos wurden sichergestellt. Illegale Rennen führen immer wieder zu schweren Unfällen. Erst vor zwei Wochen kam ein 69-Jähriger in Berlin ums Leben, als sein Auto gerammt wurde.
Für die meist 18 bis 25 Jahre alten Raser mit ihren oft getunten, PS-star- ken Wagen hat das Auto Kultstatus. Viele der jungen Männer litten unter mangelndem Selbstwertgefühl, sagt der Verkehrspsychologe Karl-Friedrich Voss: „Das wollen sie dann mit dem Auto kompensieren.“
Um Raser zu bremsen, fordert die Deutsche Polizeigewerkschaft eine PS-Obergrenze für Fahranfänger. Der ADAC plädiert für eine Verlängerung der Fahrausbildung.
„Egal, wie das Urteil ausgeht – es macht den Tod der Tochter nicht ungeschehen“, sagt Rechtsanwalt Bernd Neunzig, der die Eltern des Opfers als Nebenkläger vertritt. „Aber vielleicht trägt eine angemessene Bestrafung dazu bei, dass Menschen im Straßenverkehr künftig vernünftiger handeln.“