Schwäbische Zeitung (Biberach)
Der Kaiser wird ein bisschen zur Kasse gebeten
Fifa-Richter belangt Franz Beckenbauer wegen Nicht-Kooperation bei Ermittlungen mit 7000 Franken Geldstrafe
(dpa/SID) - Seine zögerliche Kooperation mit den Fifa-Ethikhütern im Verfahren um die FußballWeltmeisterschaften 2018 und 2022 haben Franz Beckenbauer eine Verwarnung und eine Geldstrafe von 7000 Franken (umgerechnet rund 6300 Euro) eingebracht. Im Vergleich zu den Anschuldigungen rund um die ins Zwielicht geratene WMVergabe 2006 sind die nun unter dem Vorsitz von Fifa-Richter Jack Kariko aus Papua-Neuguinea sanktionierten Vergehen allerdings Marginalien. Will heißen: Sie tangieren den Fußball-„Kaiser“ohne offizielles Amt wohl nicht sonderlich.
In dem schon seit der WM 2014 laufenden Verfahren ging es nicht um Korruptionsverdacht, nicht um Amtsmissbrauch – nur um die anfänglich verweigerte Aussagebereitschaft Beckenbauers zu den Turniervergaben an Russland und Katar. Auch das Wahlverhalten des ehemaligen Fifa-Exekutivmitglieds Beckenbauer war nicht Gegenstand des Verfahrens. „Im vorliegenden Fall unterließ es Franz Beckenbauer trotz wiederholter entsprechender Aufforderungen, an einer Untersuchung der Ethikkommission mitzuwirken“, hieß es in der Fifa-Mitteilung am Mittwoch. Damit habe der Ex-Funktionär gegen gleich drei Artikel des Fifa-Ethikcodes verstoßen. Seine geringschätzige Meinung über das Verfahren als solches hatte Beckenbauer nie verborgen. Von einem „Aprilscherz“hatte er gesprochen, später lediglich eingestanden, die Sache „anfangs unterschätzt“zu haben.
Was war passiert? Im Zuge ihrer Untersuchung um mögliche Bestechung befragten die Fifa-Ermittler alle Wahlmänner der Abstimmung
ZÜRICH
pro Russland und Katar im Dezember 2010. Beckenbauer reagierte auf die auch schriftlich gestellte Anfrage zunächst nicht. Seine Erklärung: Er habe die im Juristen-Englisch formulierten Fragen nicht verstanden. Die Ethikhüter sperrten Beckenbauer mitten im WM-Sommer 2014 provisorisch für 90 Tage.
Der „Kaiser“lieferte daraufhin die geforderten Antworten, und die Sperre wurde nach 14 Tagen wieder aufgehoben. Eine geplante Reise zum WM-Halbfinale sagte der in seinem Stolz gekränkte Beckenbauer dennoch ab. Das Verfahren lief weiter. Nicht nur gegen Beckenbauer, sondern auch gegen den Fifa-Vize- präsidenten Angel Maria Villar Llona aus Spanien, der im November sogar mit 25 000 Franken zur Kasse gebeten wurde, weil er nicht adäquat kooperierte.
Beckenbauer äußerte sich zunächst nicht zu dem Richterspruch vom Mittwoch. Gegen das Urteil könnte er bei der Beschwerdekammer der Fifa Berufung einlegen und theoretisch sogar den Sportgerichtshof Cas anrufen – beides erscheint angesichts der Geringfügigkeit als unwahrscheinlich, zumal die Erfolgsaussichten gen Null tendieren.
Ganz andere Sorgen
Und: Beckenbauer und sein Management haben andere Sorgen. Im „Sommermärchen“-Skandal wird am 4. März der Bericht der internen DFB-Ermittler der Kanzlei Freshfields präsentiert. Beckenbauer und sein langjähriger Wegbegleiter Fedor Radmann sind derzeit nicht mit juristischen Ermittlungen konfrontiert. Doch Beckenbauers Kenntnis eines dubiosen 6,7-Millionen-EuroKredits und seine Unterschrift unter einen verdächtigen Vertrag mit dem mittlerweile lebenslang gesperrten ehemaligen Fifa-Vizepräsidenten Jack Warner sind dokumentiert. Die derzeitige DFB-Spitze wertete diesen als möglichen Bestechungsversuch. Radmann sprach von einer „Art Beruhigungsvertrag“wenige Tage vor der WM-Vergabe 2000 an Deutschland unter Beckenbauers Organisationsvorsitz.
Die Fifa-Untersuchungen zu den Weltmeisterschaften 2018 und 2022 sind ergebnislos abgeschlossen. Die Schweizer Bundesanwaltschaft ermittelt aber noch; auch die US-Justiz hat Interesse an den Ergebnissen.