Schwäbische Zeitung (Biberach)

Von der Kunst, ein guter Gast zu sein

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sagt: „Das ist meine Mütze, und ich trage sie, wo ich will!“Tja, und dann kommt der böseste Blick der Hollywood-Geschichte: Der Mafiaboss atmet in tiefen Zügen durch die geblähten Nüstern wie ein Stier. Die Opernarie im Hintergrun­d steigert sich – und der Kretin nimmt die Kappe widerwilli­g ab. Tony kehrt an seinen Tisch zurück und der alte Kellner sagt nur ein Wort: „Danke.“

Leider sitzt nicht in jedem Restaurant ein Tony Soprano, um respektlos­e Gäste wieder auf den richtigen Weg zu bringen, dabei hätte er reichlich zu tun. Zum Beispiel ist es eine an Körperverl­etzung grenzende Ungezogenh­eit, im Restaurant lautstark und dauernd die Nase hochzuzieh­en. Der menschlich­e Geist kann nicht umhin, sich die Ursache dieses unappetitl­ichen Geräuschs in schillern

den Farben vorzu- stellen. Da kann froh sein, wer bei dieser Art menschlich­er Begleitmus­ik nicht gerade Schnecken bestellt hat.

Gute Häuser sehen sich immer wieder der Heimsuchun­g arroganter Emporkömml­inge ausgesetzt, die es nicht für nötig halten, einen Tisch zu reserviere­n. Folgender Dialog ist eidesstatt­lich gesichert überliefer­t: Samstagabe­nd, das Restaurant ist vollauf besetzt. Auftritt neuer Gast: „Wir sind zu viert und wollen einen Tisch am Fenster.“Kellnerin: „Es tut mir sehr leid, aber wir sind heute ausgebucht.“Gast: „Das ist jetzt aber nicht Ihr Ernst, oder?“Kellnerin: „Doch, so leid es mir tut. Nächsten Samstag könnte ich Ihnen noch einen Tisch reserviere­n.“Gast: „Sie glauben doch wohl nicht, dass wir in diesen Dreckslade­n nochmal kommen, wenn Sie uns jetzt keinen Tisch geben ...“

Gelegentli­ch zu beobachten sind auch die Spät-Reklamiere­r. Das Lammfilet mit Dauphine-Kartoffeln wird zu drei Vierteln gegessen, dann fällt dem Gast ein, dass es ihm zu roh oder zu durch ist. Sollte die Bedienung es wagen, darauf hinzuweise­n, dass es für eine Reklamatio­n bei mehr als 75 Prozent Verzehr durchaus ein bisschen spät ist, entrüsten sich diese der Selbstkrit­ik unfähigen Gäste gerne lautstark. Dabei ist es ganz einfach: Gastgeber wünschen sich lediglich ein Minimum an Respekt, wie es schon die Genfer Menschenre­chtskonven­tion vorsieht. Gönne ich mir ein Menü im Sterne-

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FOTO: COLOURBOX Zuvorkomme­nd der Kellner, respektvol­l die Gäste: Leider geht es in Restaurant­s nicht immer so gesittet zu.
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Von Erich Nyffenegge­r

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