Schwäbische Zeitung (Biberach)
Wahlkampf gegen die Parteispitze
CDU hadert mit Umfragewerten und der Flüchtlingspolitik – Kritik an Klöckner und Wolf
- Lange Zeit sahen die CDU und damit auch Bundeskanzlerin Angela Merkel wie die sicheren Sieger bei den drei Landtagswahlen am 13. März in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt aus. Jüngste Umfragen machen der Parteispitze Kopfzerbrechen: Laut aktueller Prognosen der Demoskopen liegen die Grünen in Baden-Württemberg mit 30,5 Prozent erstmals knapp vor den Christdemokraten mit nur noch 30 Prozent der Stimmen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann kann sich wieder Hoffnungen machen, im Amt zu bleiben. CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf dagegen muss um Platz eins am Wahlabend bangen.
BERLIN
Klöckners Vorsprung schmilzt
Auch CDU-Vizechefin Julia Klöckner, die in Mainz gerne SPD-Frau Malu Dreyer als Ministerpräsidentin ablösen würde, muss wieder zittern. Die CDU-Hoffnungsträgerin verliert ein Prozent, Amtsinhaberin Dreyer und die SPD legen ein Prozent zu, und schon heißt es nur noch 35 zu 33 Prozent – der Vorsprung der Christdemokraten liegt nur noch bei zwei Prozent. Und in Sachsen-Anhalt muss Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) um sein Amt und die Fortsetzung der Großen Koalition mit der SPD fürchten. Für viele in der Union liegt deshalb der Verdacht nahe, dass der Kurs der Kanzlerin in der Flüchtlingspolitik die CDU in den Ländern mächtig nach unten zieht.
Die Wahlkämpfer Klöckner und Wolf gingen am Wochenende auf Distanz zu Merkel und forderten eine Umkehr in der Flüchtlingspolitik. .Sie setzen auf eine Begrenzung und eine ähnlich rigide Haltung wie der Nachbar Österreich, um so vielleicht noch bei den Wählern zu punkten. Doch die Kanzlerin denkt gar nicht daran, ihren Kurs zu ändern; sie ließ ihre Parteifreunde am Montag abblitzen. Bei den Vorschlägen aus Mainz und Stuttgart handele es sich lediglich um „parteiinterne Überlegungen“, wies Regierungssprecher Steffen Seibert im Auftrag Merkels die Forderungen zurück. Die Regierung setze weiter auf eine europäische Lösung und ein positives Ergebnis beim geplanten EU-Sondergipfel am 7. März.
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) übte harte Kritik an seinen Parteifreunden Klöckner und Wolf. Deren Forderungen schwächten die Bemühungen der Kanzlerin um eine Lösung. „Jeden Tag neue Vorschläge führt, glaube ich, nicht zum Ziel“, sagte Kauder. Er könne nur allen raten, den Kurs der Kanzlerin fortzusetzen, der erfolgreich sein werde. Zuvor hatte sich SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel hinter Merkel gestellt. Es sei „weder klug, noch anständig“, der Kanzlerin jetzt während der europäischen Beratungen über eine Bewältigung der Herausforderung in den Rücken zu fallen. Klöckners „österreichische Lösung“und „nationale Sonderwege“würden nicht zum Erfolg führen.
Klöckner hält die Kritik für unberechtigt. „Wir müssen selbst auch wissen, wie wir mit Flüchtlingen umgehen, die nicht bleiben dürfen in Deutschland“, sagte die CDU-Vizechefin am Montag in Koblenz. Aus ihrer Sicht gebe es auch keine Diskrepanz zu Kanzlerin Merkel: „Wenn’s eine gäbe, gäbe es sicherlich keinen Grund, dass wir so viele Auftritte gemeinsam hätten“, sagte die CDU-Spitzenkandidatin mit Blick auf den Wahlkampf. Beim gemeinsamen Auftritt am Montag in Landau ließen sich die Kanzlerin und Kritikerin jedenfalls nichts anmerken. Sie demonstrierten Einigkeit.