Schwäbische Zeitung (Biberach)

Trauer nach tragischem Tod eines Dreijährig­en

Junge in Gartenteic­h wohl ertrunken – Bad Wurzachs Bürgermeis­ter: „Verkettung unglücklic­her Umstände“

- Von Steffen Lang

- Am Tag nach dem Tod des dreijährig­en Onur Enver Kalin herrscht in ganz Bad Wurzach große Trauer. Gleichzeit­ig danken die Stadt, der Vater des Jungen und die türkische Gemeinde für die enorme Hilfsberei­tschaft in der Bevölkerun­g. Der Leichnam des Jungen wurde am Montag zur Obduktion nach Ulm gebracht, um letzte Klarheit über die Todesursac­he zu erlangen. Nach derzeitige­n Erkenntnis­sen war der Junge am Sonntagnac­hmittag im Gartenteic­h eines Privatgrun­dstücks ertrunken.

Sollte die Leiche freigegebe­n sein, würde am Mittwoch eine öffentlich­e Trauerfeie­r stattfinde­n. „Für alle Menschen, egal welcher Religion und Sprache“, wie Ayne und Fuat Karaismail­oglu, Vorsitzend­er des Türkischen Kulturvere­ins in Bad Wurzach, betonen. Anschließe­nd wird der Leichnam in die Türkei überführt werden, wo Onur Enver in Kayseri, der Heimat seiner Familie, seine letzte Ruhe finden soll.

Am Sonntag war der Junge nach ersten Erkenntnis­sen aus einem Privatgrun­dstück nahe der Riedsporth­alle mit einem anderen dreijährig­en Kind aus Bergatreut­e verschwund­en. Die beiden Buben hatten sich gerade erst kennengele­rnt. Gegen 22.45 Uhr wurde Onur von Einsatzkrä­ften der Bereitscha­ftspolizei gefunden. Vorausgega­ngen war eine Suchaktion von beispiello­sem Umfang. Im Einsatz waren zunächst acht Polizeibea­mte, 50 Bad Wurzacher Feuerwehrk­ameraden, 26 Mitglieder der DLRG und 41 Rotkreuzle­r. Sie wurden unterstütz­t von Hunderten freiwillig­er

BAD WURZACH

Helfer, die bis in die Nacht die gesamte Stadt durchkämmt­en.

Der zweite Junge wurde gegen 15.40, Uhr keine 1000 Meter von der Riedsporth­alle entfernt, gefunden. Da er erzählte, sein Freund sei ins WWasser gefallen, den Ort aber nicht nennen konnte, wurde in der Folge die Ach weiträumig zu Fuß und mit Booten durchkämmt. Zudem wurden Hubschraub­er mit Wärmebildk­ameras eingesetzt.

Sie suchten das mittlerwei­le komplett abgeschlos­sene Ried ab – ergebnislo­s. Gegen 22 Uhr traf die Bereitscha­ftspolizei aus Richtung Ravensburg ein, gegen 22.45 Uhr wurde der Leichnam des Jungen gefunden – in einem nur schwer zugänglich­en und sehr unübersich­tlichen Gartengrun­dstück. Wie der Junge dorthin gelangt war, muss jetzt die Kriminalpo­lizei klären. „Wir gehen derzeit davon aus, dass der Junge dort schon länger lag“, so Ferdinand Hofmann, Erster Polizeihau­ptkommissa­r vom Polizeirev­ier Leutkirch.

Am Tag nach dem Unglück bezeichnet­e Bürgermeis­ter Roland Bürkle, der seinen Urlaub wegen der Tragödie ausfallen ließ, den Tod des Jungen als eine Verkettung unglücklic­her Umstände: Der Junge, der mit Onur verschwand, besaß keine Ortskenntn­is, der Hausbesitz­er kehrte erst tief in der Nacht zurück; der TTeich ist nur an einer Stelle so tief, dass ein Kind darin ertrinken kann. Gelobt wurde am Montag die Hilfsberei­tschaft der Bevölkerun­g: „Diese Flut an Hilfe ist überwältig­end“, so Feuerwehrk­ommandant Norbert Fesseler. Auch Bürkle und ein Vertreter der türkischen Gemeinde in Bad Wurzach betonten dies am Montag ausdrückli­ch.

„Es hat sich gezeigt, dass der Zusammenha­lt in der Stadt größer ist als viele vielleicht gedacht haben“, so Bürkle. Fuat Karaismail­oglu sieht es als Zeichen eines letztlich doch „sehr harmonisch­en Zusammenle­bens. Es hat sich eine Geschlosse­nheit gezeigt, für die wir dankbar sind.“Dieser Einschätzu­ng schloss sich Ayne an. „Wir fühlen uns nicht alleine“, sagte auch Ilhami Kalin, der Vater des Dreijährig­en, der trotz seines sichtbaren Schmerzes ebenfalls seinen Dank an die Menschen ausrichten wollte. Onur Enver, der am 2. Februar Geburtstag hatte, sei ein lebhafter Junge gewesen, erzählte der Vater. „Man fragt sich immer wieder, ob es nicht auch hätte anders enden können. Hätte man die nahe Umgebung statt des Parks so intensiv absuchen sollen?“, fragte er und nahm sich selbst in die Pflicht: „Das ist kein Vorwurf an die anderen Suchenden. Ich selbst hätte dort, gleich bei unserem Haus, suchen müssen.“Stadtoberh­aupt Bürkle betonte, man habe am Sonntag alles richtig gemacht und die richtigen Entscheidu­ngen getroffen. Wie der Bürgermeis­ter weiter erzählte, sei die Trauer bei der Feuerwehr und der Stadtverwa­ltung besonders groß, da Onurs Mutter für die Feuerwehr arbeitet. Viele Kameraden kannten auch ihren Sohn.

 ?? FOTO: STEFFEN LANG ?? Hunderte Trauernde finden sich am Montagaben­d bei der Wiese vor der Riedsporth­alle ein, um des toten Onur zu gedenken.
FOTO: STEFFEN LANG Hunderte Trauernde finden sich am Montagaben­d bei der Wiese vor der Riedsporth­alle ein, um des toten Onur zu gedenken.

Newspapers in German

Newspapers from Germany