Schwäbische Zeitung (Biberach)

Die Balance gehalten

- Von Andreas Herholz politik@schwaebisc­he.de

Bisher hatte Deutschlan­d Glück. In der Bundesrepu­blik ist islamistis­chen Terroriste­n noch kein ähnlicher Anschlag wie in Paris oder Belgien gelungen. Mal war es Zufall, mal die gute Arbeit und Zusammenar­beit der Ermittler, die dies verhindern konnte. Doch die Drohungen werden immer konkreter und folgen in immer kürzeren Abständen. Es besteht weiterhin eine hohe Gefährdung.

Mit immer neuen Sicherheit­spaketen hat die Bundesregi­erung nach dem 11. September 2001 versucht, Lücken in den Gesetzbüch­ern zu schließen und die Ermittler mit den notwendige­n rechtliche­n Möglichkei­ten und dem entspreche­nden Instrument­arium auszustatt­en. Ein ums andere Mal endeten diese Versuche in Karlsruhe. Und auch jetzt zieht das Bundesverf­assungsger­icht erneut eine Schranke. Das BKA-Gesetz, das dem Bundeskrim­inalamt deutlich erweiterte Befugnisse im Kampf gegen den internatio­nalen Terrorismu­s gibt, ist in weiten Teilen verfassung­swidrig.

Die tiefen Eingriffe in die Privatsphä­re, Überwachun­g selbst im Schlafzimm­er rund um die Uhr, stellen nach Ansicht der obersten Richter ebenso Verstöße gegen Grundrecht­e dar wie die Gefahr, dass unbeteilig­te Kontaktper­sonen auch davon betroffen sein könnten. Ein berechtigt­er Einwand der Verfassung­srichter. Die Verhältnis­mäßigkeit ist hier in der Tat nicht mehr gegeben. Der Gesetzgebe­r muss jetzt verspätet nachsitzen und Reparatura­rbeiten leisten.

Doch die Richter haben nicht einseitig den Schutz der Privatsphä­re in den Vordergrun­d gestellt. Die Tatsache, dass sie Bundesregi­erung und Bundestag eine großzügige Frist einräumen, um wieder ein Gleichgewi­cht zwischen Sicherheit und Freiheit herzustell­en, zeigt, dass sie nicht an der Notwendigk­eit einer intensiver­en Terrorabwe­hr zweifeln und Spielraum dafür gewähren. Damit Deutschlan­d auch weiterhin von Anschlägen verschont bleibt, braucht es handlungsf­ähige Sicherheit­skräfte. Auch in dieser Hinsicht ist das Urteil gelungen. Es hält die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit.

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