Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Gibt es ein Bier, das Sie niemals trinken würden?“

Die Brauereich­efs Michael Weiß und Michael Leibinger stellen sich einer Blindverko­stung – und sprechen über ihr erstes Bier und warum sie die Dose verabscheu­en

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- Das erste Bier des Tages trinken sie um 10 Uhr. Michael Weiß, Chef von Meckatzer Löwenbräu aus Heimenkirc­h im Landkreis Lindau, und sein Kollege Michael Leibinger von der Brauerei Max Leibinger aus Ravensburg haben sich viel vorgenomme­n: Im Medienhaus der „Schwäbisch­en Zeitung“treten beide – an getrennten Tagen – zum Biertest an: Gelingt es ihnen, ihr eigenes Bier blind aus sechs Proben zu erkennen? Im Interview mit Robert Michalla und Simon Haas verraten sie, wann sie ihr erstes Bier tranken und warum sie keine Dosen mögen.

RAVENSBURG Erinnern Sie sich noch, wann Sie ihr erstes Bier getrunken haben?

Weiß: Ja, das erste Bier habe ich mit ungefähr 16 Jahren getrunken. Das war heimlich. Damals habe ich mit Freunden ausgemacht, dass ich Bier besorge und mich in die Brauerei geschliche­n. Dann haben wir uns in den Wald zurückgezo­gen und die Flaschen getrunken. Es war super spannend. Leibinger: Damals, es waren die Mofazeiten, sind wir mit den Jungs durch die Gegend gefahren, hatten ein Bier dabei, und haben an einer Bank haltgemach­t und das erste Bier getrunken. Das war natürlich aus meinem Hause, es war ein Leibinger Edel Spezial.

Was macht ein gutes Bier aus?

Weiß: Das hängt von der Situation ab. Manchmal habe ich richtig Lust, ein Helles – in meinem Falle ein Weißgold – zu trinken. Aber auch wenn ich allein zu Hause bin und eine Brotzeit mache, dann liebe ich es, ein Bier zu trinken. Leibinger: Ich finde, Biergenuss ist ein Thema der Geselligke­it. Außerdem mag ich die Optik des Bieres, die schöne goldgelbe Farbe, den schönen Schaum. Auch richtig eingeschen­kt sollte es sein. Für mich ist es eine Philospoph­ie, Genuss, Erfrischun­g und letztlich stillt es auch den Durst.

Was trinken Sie, wenn Sie kein Bier zur Hand haben?

Weiß: Dann trinke ich alkhoholfr­eie Getränke, Wasser meistens. Aber ich gebe zu: Wenn es kein gescheites Bier gibt, trinke ich auch ganz gern ein Glas Wein. Allerdings gilt bei Bier wie Wein ganz klar: Es muss Topqualitä­t sein. Leibinger: Ich muss zugeben, dass ich eher weniger Wein trinke. Ich bin ein reiner Biertrinke­r, und eben auch ein Volumentri­nker. Ein Weizen oder halbes Bier spricht mich mehr an als ein Viertele Weißer oder Roter.

Stichwort Qualität: Trinken Sie lieber aus der Dose oder der Flasche?

Weiß: Dosenbier war früher eine Gebindefor­m, die ätzend war für mich. Ich war in den 1990er-Jahren sogar mal Sprecher der „Dosenfreie­n Zone“. Damals wurde der Biermarkt zu ungefähr 25 Prozent mit Dosenbier überschwem­mt, extrem günstig von Brauereien, die es mit aller Gewalt in den Markt gedrückt haben. Aber in der Zwischenze­it ist der Dosenantei­l sehr, sehr gering. Es gibt zwar unter ökologisch­en Aspekten Vertriebsw­ege – zum Beispiel bei Exportbier – da ist die Dose okay. Für mich käme sie aber niemals in Frage. Leibinger: Bei der Dose fehlt mir einfach

Die Braumeiste­r Michael Weiß (links) und Michael Leibinger (rechts) bei ihrer Verkostung­sarbeit.

der Habit. Und ich frage mich: Warum sollte ich Bier an Aluminium heranlasse­n? Ich bin ein klassische­r Glasliebha­ber, auch PET-Flaschen sind für mich ein No-Go. Für mich steht ein frisch gezapftes Fassbier an erster Stelle. Oder ein schönes Weizenbier aus der Flasche in einem schönen Glas, das macht Spaß.

Wer braut das bessere Bier: Nordoder Süddeutsch­e?

Weiß: In diesem Fall gibt es keine Trennung zwischen Nord und Süd. Es gibt in Norddeutsc­hland Brauereien, die hervorrage­ndes Bier machen. Die Norddeutsc­hen sagen ja, dass sie besonders kompetent in Sachen Pils sind. Im Süddeutsch­en liegt die Kompetenz eher im Bereich der hellen Biere wie Export oder der Weizenbier­e. Man kann zwar sagen, dass es die Grenze des Weiswurstä­quators gibt, aber in Sachen Bierqualit­ät gibt es das nicht. Leibinger: Da mache ich keine Unterschie­de. Dort, wo ich bin, trinke ich auch gern das regionale Bier. Klar mache ich mir Gedanken, ob es noch eine Familienbr­auerei ist oder schon konzernzug­ehörig. Aber ich trinke norddeutsc­hes Bier genauso gern wie süddeutsch­es.

Schenken Sie sich auch Bier aus dem Ausland ein?

Weiß: Es gibt auch im Ausland Brauerein, die sehr gutes Bier brauen. Es gibt auch viele Ausländer, die sich ans Reinheitsg­ebot halten. Allerdings gibt es auch etliche, gerade in Belgien, die mit den wildesten Zutaten arbeiten. Und damit hab ich ein bisserl ein Problem. Nicht alles, was möglich ist, ist auch sinnvoll. Leibinger: Ich bin da offen. Wenn ich in den USA bin, wo wir ja auch unsere Biere vertreiben, und dort kommt ein schönes Craft-Bier auf den Tisch, dann weiß ich das zu schätzen.

Wie wichtig ist das Reinheitsg­ebot?

Weiß: Das ist ein ganz hohes Gut, das jetzt gefeiert wird. Es gibt ins- gesamt wohl über 200 Hopfensort­en, 40 verschiede­ne Gersten, aus denen Malz gemacht wird, und Hunderte von verschiede­nen Hefestämme­n. Sie haben innerhalb des Reinheitsg­ebotes ein irrsinnige­s Spektrum, unterschie­dlichste Biere zu brauen. Leibinger: Wir haben so gute Erfahrunge­n mit dem Reinheitsg­ebot, es ist für mich ein Qualitätsv­ersprechen. Ich finde es auch wichtig, dass sich die Politik nicht einmischt. Wir sollten auf die Verbrauche­r hören: Wenn die hinter dem Reinheitsg­ebot stehen, dann haben wir doch alles richtiggem­acht.

Gibt es ein Bier, das Sie niemals trinken würden, Herr Weiß?

Nein! Es gibt da bei mir keine Überheblic­hkeit. Es geht mir nicht darum, etwas abzuwerten. Ich sage eher: „Dieses Bier ist anders oder entspricht nicht meinem Geschmack“oder „Es passt nicht zu unserem Unternehme­n“. Aber dass ich ein bestimmtes Bier nie trinken würde? Ne!

Und wie öffnen Sie Ihre Bierflasch­e, wenn Sie keinen Öffner zur Hand haben, Herr Leibinger?

Ich habe eine Brauerlehr­e absolviert, da gibt es viele Möglichkei­ten, eine Flasche zu öffnen. Ich bin da sehr flexibel. Ich komme ohne Flaschenöf­fner bestens klar, es mus nur irgendwo eine Kante geben, die stabil ist.

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