Schwäbische Zeitung (Biberach)
Clinton wähnt sich auf der Zielgeraden
it einem deutlichen Sieg bei den US-Vorwahlen in New York hat die Demokratin Hillary Clinton eine wochenlange Durststrecke beendet. Nun hofft sie, dass ihr Partei-Rivale Bernie Sanders aufgibt. Doch der denkt nicht daran. Kaum steht fest, dass er in New York klar verloren hat, schickt er eine kämpferische, ja trotzige E-Mmail an seine Anhänger. „Jede große Bewegung der amerikanischen Geschichte sah sich mit ähnlichen Hürden konfrontiert“, schreibt der 74 Jahre alte Senator aus Vermont. Wenn er bei den Primaries am nächsten Dienstag gut abschneide und auf den letzten Metern zu einem furiosen Endspurt ansetze, könne er durchaus noch vorbeiziehen an Hillary Clinton, gibt er zu verstehen.
Nächste Woche stehen in fünf USBundesstaaten Wahlen an. In dreien – Connecticut, Pennsylvania und Rhode Island – rechnet sich Sanders gute Chancen aus, während zwei – Delaware und Maryland – eher als Clinton-Hochburgen gelten. Auf der Schlussetappe am 7. Juni ist dann Kalifornien an der Reihe, ein Bevölkerungsschwergewicht, auf das der eisern kämpfende Außenseiter all seine Hoffnungen setzt. Der „Golden State“am Pazifik hat allein 475 der 4763 Delegierten zu bestimmen, die auf dem Parteitag im Juli den offiziellen Kandidaten der Demokraten fürs Weiße Haus in Washington küren. Bevor Kalifornien nicht gesprochen habe, betont Sanders, verschwende er keinen Gedanken ans Aufgeben.
Störfaktor Sanders
Die Favoritin Clinton sieht das freilich anders. Zugespitzt formuliert empfindet sie ihren Kontrahenten nur noch als Störfaktor. „Das Rennen um die Nominierung ist auf der Zielgeraden, der Sieg ist in Sicht“, rief sie ihren jubelnden Anhängern zu und ließ einen Seitenhieb gegen Sanders folgen. „Unter den grellen Scheinwerfern New Yorks haben wir gesehen, dass es nicht reicht, Probleme nur zu diagnostizieren. Man muss auch erklären, wie man Probleme zu lösen gedenkt.“
In New York hat sie das PrimaryDuell gegen Sanders nicht nur mit knapp 58 Prozent der Stimmen für sich entschieden. Sie hat auch eine Durststrecke beendet, die ihr Nervenkostüm zuletzt arg strapaziert haben dürfte. Als Fazit bleibt: Die Welle der Begeisterung, die Sanders als Held der Linken mit seinen feurigen, idealistischen Reden insbesondere unter den Jungen ins Rollen gebracht hatte, reichte nicht aus, um der Favoritin Paroli zu bieten. David Dinkins, der erste schwarze Bürgermeister New Yorks, warf ihm gar vor, mit leeren Versprechen zu werben. „Du kannst keine Revolution beginnen, wenn du keinen Plan hast.“
Bei den Republikanern hat es Donald Trump mit glasklarer Mehrheit – 60 Prozent in New York – geschafft, auf dem Kurs zur Nominierung zu bleiben, nachdem er vor zwei Wochen in Wisconsin unter die Räder gekommen war. Keiner seiner Kontrahenten kann ihn noch einholen in der Addition der Delegierten, die im Juli in Cleveland den republikanischen Bewerber fürs Oval Office bestimmen. Die Frage ist nur, ob es Ted Cruz und John Kasich gelingt, Trump am Erreichen der magischen Zahl 1237 zu hindern, der absoluten Mehrheit der Delegiertenmandate.