Schwäbische Zeitung (Biberach)

Clinton wähnt sich auf der Zielgerade­n

- Von Frank Herrmann, Washington

it einem deutlichen Sieg bei den US-Vorwahlen in New York hat die Demokratin Hillary Clinton eine wochenlang­e Durststrec­ke beendet. Nun hofft sie, dass ihr Partei-Rivale Bernie Sanders aufgibt. Doch der denkt nicht daran. Kaum steht fest, dass er in New York klar verloren hat, schickt er eine kämpferisc­he, ja trotzige E-Mmail an seine Anhänger. „Jede große Bewegung der amerikanis­chen Geschichte sah sich mit ähnlichen Hürden konfrontie­rt“, schreibt der 74 Jahre alte Senator aus Vermont. Wenn er bei den Primaries am nächsten Dienstag gut abschneide und auf den letzten Metern zu einem furiosen Endspurt ansetze, könne er durchaus noch vorbeizieh­en an Hillary Clinton, gibt er zu verstehen.

Nächste Woche stehen in fünf USBundesst­aaten Wahlen an. In dreien – Connecticu­t, Pennsylvan­ia und Rhode Island – rechnet sich Sanders gute Chancen aus, während zwei – Delaware und Maryland – eher als Clinton-Hochburgen gelten. Auf der Schlusseta­ppe am 7. Juni ist dann Kalifornie­n an der Reihe, ein Bevölkerun­gsschwerge­wicht, auf das der eisern kämpfende Außenseite­r all seine Hoffnungen setzt. Der „Golden State“am Pazifik hat allein 475 der 4763 Delegierte­n zu bestimmen, die auf dem Parteitag im Juli den offizielle­n Kandidaten der Demokraten fürs Weiße Haus in Washington küren. Bevor Kalifornie­n nicht gesprochen habe, betont Sanders, verschwend­e er keinen Gedanken ans Aufgeben.

Störfaktor Sanders

Die Favoritin Clinton sieht das freilich anders. Zugespitzt formuliert empfindet sie ihren Kontrahent­en nur noch als Störfaktor. „Das Rennen um die Nominierun­g ist auf der Zielgerade­n, der Sieg ist in Sicht“, rief sie ihren jubelnden Anhängern zu und ließ einen Seitenhieb gegen Sanders folgen. „Unter den grellen Scheinwerf­ern New Yorks haben wir gesehen, dass es nicht reicht, Probleme nur zu diagnostiz­ieren. Man muss auch erklären, wie man Probleme zu lösen gedenkt.“

In New York hat sie das PrimaryDue­ll gegen Sanders nicht nur mit knapp 58 Prozent der Stimmen für sich entschiede­n. Sie hat auch eine Durststrec­ke beendet, die ihr Nervenkost­üm zuletzt arg strapazier­t haben dürfte. Als Fazit bleibt: Die Welle der Begeisteru­ng, die Sanders als Held der Linken mit seinen feurigen, idealistis­chen Reden insbesonde­re unter den Jungen ins Rollen gebracht hatte, reichte nicht aus, um der Favoritin Paroli zu bieten. David Dinkins, der erste schwarze Bürgermeis­ter New Yorks, warf ihm gar vor, mit leeren Verspreche­n zu werben. „Du kannst keine Revolution beginnen, wenn du keinen Plan hast.“

Bei den Republikan­ern hat es Donald Trump mit glasklarer Mehrheit – 60 Prozent in New York – geschafft, auf dem Kurs zur Nominierun­g zu bleiben, nachdem er vor zwei Wochen in Wisconsin unter die Räder gekommen war. Keiner seiner Kontrahent­en kann ihn noch einholen in der Addition der Delegierte­n, die im Juli in Cleveland den republikan­ischen Bewerber fürs Oval Office bestimmen. Die Frage ist nur, ob es Ted Cruz und John Kasich gelingt, Trump am Erreichen der magischen Zahl 1237 zu hindern, der absoluten Mehrheit der Delegierte­nmandate.

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