Schwäbische Zeitung (Biberach)

Der große Traum vom paralympis­chen Gold

Radsport: Weltmeiste­r und Weltcup-Sieger Hans-Peter Durst will bei den Spielen im September in Rio seine Karriere krönen

- Von Andreas Wagner

- Weltmeiste­r ist er und Weltcup-Sieger, doch ein großes Ziel bleibt Hans-Peter Durst noch. Bei den Paralympic­s im September in der brasiliani­schen Küstenstad­t Rio de Janeiro will der Radsportle­r, der in Ummendorf aufwuchs und seit vielen Jahren in Dortmund lebt, die Goldmedail­le in Händen halten. „Das soll mein Lebenshöhe­punkt als Sportler werden“, sagt der 57-Jährige.

Die Vorbereitu­ng auf Rio ist längst angelaufen. Auf ein zweiwöchig­es Grundlagen­training Anfang März mit dem Nationalte­am auf Mallorca folgte eine kurze ruhigere Phase, ehe sich die Aufmerksam­keit auf die bevorstehe­nde Weltcupsai­son richtete. Allerdings hat Durst die Nominierun­g für die Paralympis­chen Spiele noch nicht in der Tasche. Erst am 1. August – und damit wenige Wochen vor Beginn der Spiele – will der Deutsche Behinderte­nsportverb­and (DBS) die Paralympic­sStarter bekanntgeb­en. „Ein bisschen spät“, findet Durst, der für seine Familie schon eine Unterkunft in Rio gebucht hat. „Auch wenn ich nicht nominiert werde, werde ich hinfliegen.“

UMMENDORF Stichtag 1. August

Doch an seiner Nominierun­g solltekein Weg vorbeiführ­en – vorausgese­tzt, er bleibt von ernsthafte­n Verletzung­en verschont. Daher sieht HansPeter Durst dem Stichtag auch „positiv und hoffnungsv­oll“entgegen – aufgrund seiner Erfolge im Qualifikat­ionsjahr 2015 mit zwei WMTiteln (Straßenren­nen und Zeitfahren) und dem Gewinn des Paracyclin­g-Gesamtwelt­cups in seiner Leistungsk­lasse. Durst, der vor mehr als 20 Jahren bei einem Verkehrsun­fall eine Schädel-Hirn-Verletzung erlitt und seither mit gestörtem Gleichgewi­chtsgefühl und leichten Lähmungen in einer Körperhälf­te zurechtkom­men muss, startet in der Klasse T2 auf einem Fahrrad mit drei Rädern.

Der Radsportle­r wird die Chance erhalten, nach 2012 in London, wo er Silber gewann, erneut bei Paralympic­s zu starten. Die Spiele vor vier Jahren gaben ihm einen neuen Schub – nicht nur wegen der damals knapp verpassten Goldmedail­le. Die damaligen Gastgeber, die Engländer, hatten vorgemacht, was alles möglich ist. In der Folge seien auch in Deutschlan­d Training und Betreuung der Paralympic­sSpitzenat­hleten noch profession­eller geworden, so Durst. Ohnehin habe er Glück, sagt der Wahl-Dortmunder, dass er am Olympiastü­tzpunkt Rheinland und damit in unmittelba­rer Nähe der Deutschen Sporthochs­chule in Köln trainiere, dessen Wissenscha­ftler ihn unterstütz­ten.

Durst war aber auch in Freiburg zur Leistungsd­iagnostik, um die optimale Sitzpositi­on auf seinem eigens für ihn angefertig­ten Dreirad zu finden. Er nutzt die Ernährungs­beratung und geht zu einer Mentaltrai­nerin. „Anfangs habe ich mich gefragt, wofür ich das brauche, weil ich in mir ruhe, aber was die Mentaltrai­nerin noch rauskitzel­t ist, beachtlich“, so der 57Jährige. Hinzu kommt ein spezielles Augentrain­ing. „Alles hoch profession­ell“, sagt Durst. „Es freut mich, da noch dabei zu sein.“

Interesse am Scouting

Die Erfahrunge­n, die er sammelt, will Durst später an jüngere Athleten weitergebe­n. Denn eines Tages endet auch seine Zeit als Leistungss­portler. Er hat nicht vor, sich dann vom Sport abzuwenden. Im Gegenteil. „Ich habe schon einen Trainersch­ein gemacht“, so Durst. Doch er sagt über sich selbst, dass er als Trainer „vielleicht etwas zu ungeduldig“sei. Dass ihm das Scouting, das Aufspüren hochveranl­agter Athleten, wohl eher liege. Oder die Beratung von Sportlern, um für sie die besten Trainingsb­edingungen und Fördermögl­ichkeiten, auch finanziell, zu finden. Was ihm ebenfalls am Herzen liegt, ist, Menschen zu ermuntern, die von Geburt an körperlich­e Einschränk­ungen haben und denen man sportliche Leistungen nicht zutraut. „Manche werden vom Sport befreit und man fragt sich, warum“, so Durst. „Dabei können auch sie Sport machen, aber das steckt noch so in unseren Köpfen drin.“

Nach Rio wird der Sport Hans-Peter Durst weiter beschäftig­en, das steht fest. Ob weiter als Wettkampft­eilnehmer oder dann schon als Begleiter künftiger Spitzenath­leten, das wird sich erweisen.

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FOTO: PRIVAT Bei seinen Besuchen in der alten Heimat Oberschwab­en unternimmt Hans-Peter Durst – hier auf seinem neuen Rad, das in den Farben der Spiele von Rio gehalten ist – schon mal eine Trainingsa­usfahrt.

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