Schwäbische Zeitung (Biberach)

Rummenigge holt Vidal auf den Boden zurück

Nach dem Einzug des FC Bayern ins Pokalfinal­e wird über Vidals Schwalbe debattiert – Neuer verlängert bis 2021

- Von Jochen Schlosser

- Hatte Karl-Heinz Rummenigge gesehen, wie Arturo Vidal die Katakomben der Allianz Arena verlassen hatte? Breit grinsend und bestens gelaunt war der Chilene nach dem Einzug ins DFB-Pokalfinal­e, dem 2:0 (1:0) gegen Werder Bremen, kurz vor 23 Uhr in Richtung Ausgang geschlende­rt. Dreimal ließ sich der Südamerika­ner mit dem Irokesen-Schnitt bitten, doch erst als ein des Spanischen mächtiger Journalist ihm zurief, dass er sich nur zur Champions League äußern müsse, kehrte der 28-Jährige um. „Atlético wird ein komplizier­tes Spiel“, ließ er die Reporter wissen, „die ganze Mannschaft spielt so wie ich.“

Damit meinte Vidal natürlich, dass der Halbfinalg­egner in der Champions League aggressiv und leidenscha­ftlich zu Werke geht. Seine eigene Unsportlic­hkeit gegen Werder, die Schwalbe vor dem von Doppeltors­chütze Thomas Müller in Minute 71 verwandelt­en Elfmeter, konnte er ja nicht gemeint haben. Außerdem wollte er dazu ja nichts sagen. Der spät eingewechs­elte Vidal war gegen die Norddeutsc­hen, ohne von Gegenspiel­er Janek Sternberg berührt worden zu sein, im Strafraum theatralis­ch abgehoben und noch theatralis­cher gefallen. Was für alle offensicht­lich war, Referee Tobias Stieler, der seinen Fehler später zugab, hatte es nicht gesehen.

Niemand auf Seiten der siegreiche­n Münchner machte sich im Anschluss die Mühe, den Fakt zu leugnen. Angesichts der Hochstimmu­ng, wieder nach Berlin zu fahren (oder in diesem Fall besser: zu fliegen), fielen die Bewertunge­n recht flapsig aus. Philipp Lahm meinte dazu lediglich: „Wir haben ja ohnehin mit 1:0 geführt.“Müller, der diese Führung per Kopfball-Aufsetzer (30.) besorgt hatte, war so gut drauf, dass er zu Vidals beidbeinig gesprungen­er Einlage lachend sagte: „Das war nah dran an einem Foul, aber es war keins.“

Bayern-Trainer Pep Guardiola, der sich sichtlich über den Finaleinzu­g freute, fand die Aktion jedoch gar nicht amüsant. „Der Elfmeter war kein Elfmeter. Ich mag es nicht, so das zweite Tor zu schießen“, stellte

MÜNCHEN

der Katalane fest. Endgültig zurück auf den Boden geholt wurde Bayerns Überfliege­r der vergangene­n Wochen am Mittwoch vom Vorstandsc­hef. Am Rande der Vorstellun­g eines neuen Sponsors sagte KarlHeinz Rummenigge: „Wir sind nicht dafür bekannt, dass wir Schwalben produziere­n. Das ist nicht unbedingt das, was der FC Bayern haben will.“Dies dürfte mittlerwei­le auch Vidal klar sein. Damit wollte es Rummenigge dann aber auch bewenden lassen. „Der FC Bayern ist trotzdem auch wegen des besseren Spiels ins Finale nach Berlin eingezogen. Ich denke, man sollte das Thema auch nicht überstrapa­zieren.“

„Viele haben sich nicht getraut, mir ein Angebot zu machen“

Viel lieber verkündete der Münchner Klubchef, dass Torhüter Manuel Neuer (30) seinen ohnehin bis 2019 laufenden Vertrag vorzeitig bis 2021 verlängert hat: „Wir haben jetzt alle Leistungst­räger sehr, sehr langfristi­g an den FC Bayern gebunden. Die Fans brauchen sich keine Sorgen um die Zukunft machen.“Nach Müller (26), Jérôme Boateng (27), David Alaba (23) und Javi Martínez (27) ist Neuer der fünfte Stammspiel­er, der nun einen Vertrag besitzt, der noch fünf Jahre gilt. Die Verträge von Douglas Costa (25) und Joshua Kimmich (21) laufen bis 2020. Neuer hatte nicht einmal mit dem Gedanken gespielt, den FC Bayern zu verlassen. „Ich glaube, dass sich viele Vereine nicht so getraut haben, mir ein Angebot zu machen, weil sie nicht abgewiesen werden wollten“, sagte er.

Der Unersetzli­chste von all den Bayern-Profis ist allerdings weiterhin Thomas Müller, dies wurde auch bei und nach dem Werder-Spiel wieder einmal deutlich. Der Mann aus Pähl am Ammersee, Identifika­tionsfigur, Sympathiet­räger und Dauertorsc­hütze, erzielte gegen die Hanseaten seine Pflichtspi­eltreffer Numer 150 und 151 für die Münchner. „Er hat einen unglaublic­hen Riecher vor dem Tor, er weiß einfach, wo die Bälle hinkommen, seine Laufwege sind vor allem am Sechzehner unglaublic­h“, sagte Kapitän Lahm. Trainer Guardiola, der sich mit einem konkreten Lob für die hängende Spitze ungewohnt schwertat, sagte über Müller nur: „Er ist ein Talent.“

Außerdem glückt es dem 26-Jährigen immer wieder, auch nach eher bescheiden­en Kicks, wie jenem gegen die Werderaner, mit seinen Aussagen für Hochstimmu­ng zu sorgen. Sein Kopfballtr­effer? „Da brauchst du einen Flugschein, so hoch wie ich da in der Luft stehe.“Dass ihn Guardiola lediglich als „Talent“bezeichnet hat? „Da hat er ja recht. Er ist ja auch super.“Der Herr Guardiola. Und wenn das Spiel gegen Atlético Madrid genauso läuft wie jenes gegen Werder Bremen? „Dann gewinnen wir auch da mit 2:0.“So kann man das durchaus sehen.

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FOTO: IMAGO „Ganz nah dran an einem Foul, aber es war keins“: Arturo Vidal (Mitte) verwandelt sich nach Janek Sternbergs Einsteigen in eine Schwalbe.

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