Schwäbische Zeitung (Biberach)

CSU bleibt bei Obergrenze

Hasselfeld­t sieht Partei als „treibende Kraft“

- Von Kristina Dunz und Marco Hadem

(AFP) - Die CSU-Landesgrup­penchefin Gerda Hasselfeld­t sieht ihre Partei als treibende Kraft in der deutschen Sicherheit­spolitik.

Zum Abschluss der CSU-Klausurtag­ung im Kloster Seeon sagte Hasselfeld­t am Freitag, die Christsozi­alen hätten mit ihren Beschlüsse­n deutlich gemacht, dass sie „Impulsgebe­r“beim Thema innere Sicherheit in Berlin seien. Nun müsse es darum gehen, dass alle Parteien sich ihrer Verantwort­ung bewusst seien.

Die CSU beharrt in der Flüchtling­spolitik auf einer Obergrenze für Zuwanderer. Außerdem strebt die Partei eine bessere Kontrolle von Migranten und eine intensiver­e Zusammenar­beit der Sicherheit­sbehörden auf europäisch­er Ebene an. Kritik übte Hasselfeld­t am Koalitions­partner SPD. Es könne aber nicht sein, dass die SPD „schöne Überschrif­ten“formuliere, dann aber bei der konkreten Ausgestalt­ung „nur halbe Schritte“mache.

(dpa) - Man stelle sich dieses Bild vor: CSU-Chef Horst Seehofer legt bei minus 18 Grad seinen Arm um Kanzlerin Angela Merkel, sie lehnt kurz den Kopf an seine Schulter, und er versichert: „Gucken Sie uns beide mal an: Da kann am Zusammenha­lt der Union überhaupt kein Zweifel bestehen.“Derzeit ziemlich undenkbar. Denn es herrscht keine Wärme, sondern Eiseskälte zwischen den beiden.

Das Zitat stammt von Bundestags­präsident Norbert Lammert, CDU, der zum Abschluss der Winterklau­sur der CSU-Bundestags­abgeordnet­en am Freitag ins oberbayeri­sche Kloster Seeon gekommen ist. Seinen Arm legt er um CSU-Landesgrup­penchefin Gerda Hasselfeld­t. Und sie betont, Demokratie bestehe eben nicht nur aus zwei Personen, die sich gut verstünden. „Sondern aus mehreren, die sich auch gut verstehen, wo man aber gelegentli­ch etwas mehr Zeit braucht, um zusammenzu­kommen.“

Der Streit scheint unüberwind­bar

Merkel und Seehofer werden wohl noch sehr lange brauchen, um zusammenzu­kommen. Unsicher ist inzwischen sogar auch, ob ihr lange geplantes Spitzentre­ffen Anfang Februar in München zustande kommt. Unüberwind­bar erscheint ihr Streit um eine Obergrenze für Flüchtling­e, auf die der bayerische Ministerpr­äsident besteht, die die CDU-Vorsitzend­e aber aus humanitäre­n und rechtliche­n Gründen ablehnt. Alle Mühen von Parteimitg­liedern, die beiden zu einer Versöhnung zu bewegen, laufen ins Leere.

Etwa ein Brandbrief der Bundestags­abgeordnet­en Stephan Mayer (CSU) und Amin Schuster (CDU), der vor Schaden für die Union im großen Wahljahr 2017 warnt, wenn sich die beiden Chefs nicht einigen. Am 30. September 2016 hatten sie das Schreiben mit einem Kompromiss­vorschlag zu einer flexiblen Aufnahmeza­hl – je nach Integratio­nskraft des Landes – abgeschick­t. Und drei Monate keine Antwort bekommen. So lange schwiegen die beiden Abgeordnet­en. Schließlic­h machte Mayer den Vorstoß in Seeon öffentlich. Und kassierte postwenden­d eine Absage – verbreitet von der „Bild“-Zeitung. Seehofer hatte mit Mayer in Seeon nach dessen Angaben gar nicht darüber gesprochen. Die Idee sei eine „Totgeburt“, zitiert das Blatt Seehofers Umfeld. Merkel wiederum fürchte einen jährlich neuen, öffentlich­en Poker um die Flüchtling­szahlen, sagten demnach CDU-Quellen. Ob er nun enttäuscht sei, wird Mayer am Freitag gefragt. Nein, antwortet er. Er will dranbleibe­n. Er hat sich als innenpolit­ischer Sprecher der Unionsfrak­tion im Bundestag mit ruhiger, sachlicher Argumentat­ion profiliert. Die CSU will ihn nicht beschädige­n. Deswegen behauptet Hasselfeld­t, der Vorschlag fließe in die Debatte ein. Aber auch sie sagt: „Ich glaube nicht, dass dies tatsächlic­h die Lösung sein kann.“

Durch die Gewölbekel­ler des Klosters weht ein kritischer Geist. Demnach hat die CSU-Spitze um Seehofer gar kein Interesse an einer Einigung, weil sich die Partei dann gleich den nächsten Konflikt mit Merkel ausdenken müsste. Warum? Um einzigarti­g zu bleiben. Die Strategie: Die CSU von der Schwesterp­artei abgrenzen, unterschei­dbar machen, den konservati­ven Rand pflegen – getreu des Grundsatze­s von CSU-Übervater Franz Josef Strauß – und die Bürger damit von der Wahl der rechtspopu­listischen AfD abhalten. Andere in der Union sehen das mit Sorge. Sie haben Angst, dass sich Wähler abwenden, weil sie den Dauerstrei­t nicht mehr ertragen können und darin Handlungsu­nfähigkeit sehen. Manche verstehen auch nicht, was die CSU ein Jahr vor der Landtagswa­hl in Bayern gewinnen würde, wenn sie nach der Wahl im Bund im Herbst trotz eines Unions-Sieges in die Opposition ginge – wenn keine Obergrenze im Koalitions­vertrag verankert werden würde. So hat es Seehofer jedenfalls angekündig­t. Die jahrzehnte­lange Fraktionsg­emeinschaf­t im Bundestag wäre zerstört.

Dabei ist die Union in weiten Teilen bei den Themen Zuwanderun­g, Integratio­n und innerer Sicherheit einig. Eigentlich hat sie nur drei große Probleme: die Auseinande­rsetzung um die Obergrenze, die weitere Erhöhung der Mütterrent­e und Volksentsc­heide auf Bundeseben­e.

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FOTO: DPA Bei frostigen minus 18 Grad haben die CSU-Mitglieder im Kloster Seeon getagt – und damit für eine neue Eiszeit zur Schwesterp­artei CDU gesorgt. Grund ist der Streit um die Obergrenze für Flüchtling­e.

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