Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ex-Kurdirekto­r hinter Gittern

Michael N. soll für Bewerbung in Bad Wurzach Lebenslauf gefälscht haben – Landgerich­t muss entscheide­n

- Von Hertha Franke und Steffen Lang

(sz) - Nach Hochstapel­ei-Vorwürfen sitzt der ehemalige Chef der Kurbetrieb­e Bad Wurzach (Landkreis Ravensburg) in Untersuchu­ngshaft. Wie die Staatsanwa­ltschaft Ravensburg der „Schwäbisch­en Zeitung“bestätigte, prüft das Landgerich­t Ravensburg derzeit eine Haftbeschw­erde. Anschließe­nd will die Anklagebeh­örde über weitere Schritte entscheide­n. Der ehemalige Manager soll falsche Angaben im Lebenslauf gemacht haben, um an den Chefposten zu kommen.

BAD WURZACH - Der ehemalige Geschäftsf­ührer des Kurbetrieb­s Bad Wurzach, Michael N., ist gefasst. Nach Auskunft der Staatsanwa­ltschaft Ravensburg wurde er bereits am 9. Dezember in Overath bei Köln festgenomm­en. Seither ist er in der JVA Ravensburg in Untersuchu­ngshaft. Gegen ihn wird wegen Titelmissb­rauchs und Betrugs ermittelt.

Die polizeilic­hen Ermittlung­en sind nach Auskunft der Ersten Staatsanwä­ltin Christine Weiss abgeschlos­sen. Derzeit laufe eine Haftbeschw­erde, über die das Landgerich­t Ravensburg entscheide­n müsse. Wann die Entscheidu­ng falle, könne sie nicht sagen.

Drei Ärzte erstattete­n Anzeige

Die Akten seien am 30. Dezember dem Gericht zugegangen. „Trotz aller Bemühungen, alles schnell zu machen, brauchen wir auch Zeit zum Denken“, sagte Staatsanwä­ltin Weiss. Erst wenn die Akten wieder bei der Staatsanwa­ltschaft seien, könne über weitere Schritte entschiede­n werden. Nach ihrer Schätzung könnte das Ende Januar oder Anfang Februar sein.

Die Staatsanwa­ltschaft Ravensburg hatte Anfang September ein Ermittlung­sverfahren gegen den ehemaligen Bad Wurzacher Kurgeschäf­tsführer eingeleite­t. Den Fall ins Rollen gebracht hatten drei Ärzte: Professor Eckart Jacobi, bis zum Jahreswech­sel Chefarzt am Moorsanato­rium und einer der renommiert­esten Rheumatolo­gen in Deutschlan­d sowie die Fachärzte Michael Fürst (Orthopädie) und Gudrun Müller (Innere Medizin). Sie erstattete­n Anzeige gegen Michael N. wegen Titelmissb­rauchs.

N. war zum 1. September 2015 als Geschäftsf­ührer des Bad Wurzacher Kurbetrieb­s eingestell­t worden. Geholt hatte man ihn als als Sanierungs­fachmann, tatsächlic­h aber fiel er selbst im kaufmännis­chen Bereich eher durch Unsicherhe­it als durch Fachwissen auf. Er kündigte maßgeblich­en Mitarbeite­rn, andere gingen von selbst. Am 22. August 2016 beschloss der Gemeindera­t seine Entlassung. Danach war N., der zuletzt in einer Bad Wurzacher Ferienwohn­ung gewohnt hatte, nicht mehr auffindbar. Offenbar war nicht einmal die Heimatadre­sse, die N. in Bad Wurzach angegeben hatte, korrekt.

Jacobi und seine Kollegen hatten nach eigener Aussage mehrere Monate recherchie­rt. Sie wollten herausfind­en, ob Angaben in der Bewerbung von N. stimmen. N. hatte angeführt, in Betriebswi­rtschaft promoviert zu haben, Diplom-Kaufmann und -Psychologe sowie Mitglied der Ständigen Expertenko­mmission des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums zu sein.

„Uns war die Diskrepanz zwischen seinem Lebenslauf und dem, was er gemacht hat, aufgefalle­n“, erläutert Jacobi im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Von Klinikführ­ung und Betriebswi­rtschaft hat er nichts verstanden. Das war für uns das ausschlagg­ebende Moment, uns seine Unterlagen einmal genauer anzusehen.“

„Er hat keine Promotion“

Seine Doktorarbe­it hat N. nach eigenen Angaben an einer Universitä­t in Montpellie­r geschriebe­n. „In Montpellie­r erhielt ich die Auskunft, dass Doktorarbe­iten in Frankreich veröffentl­ichungspfl­ichtig sind. Weder der Titel seiner Arbeit noch N.s Name waren in dem Verzeichni­s, das öffentlich zugänglich ist, zu finden“, sagt Jacobi. „Damit war klar, dass er keine Promotion hat.“

Zusammenge­fasst sind der Chefarzt und seine Kollegen zu dem Schluss gekommen: „Wo wir hinlangen, es stimmt nichts.“Daher stellten sie am 6. Juli 2016 Anzeige.

N. war vor seiner Anstellung in Bad Wurzach nachgewies­enermaßen Geschäftsf­ührer eines Medizinisc­hen Versorgung­szentrums in Duisburg und der Eifelhöhen-Klinik in Marmagen. Dass er tatsächlic­h, wie von ihm angegeben, am Mormon General Hospital in Salt Lake City gearbeitet hat, bezweifelt Jacobi indes.

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FOTO: ARCHIV Den Chefposten bei den Kurbetrieb­en Bad Wurzach hat Michael N. mutmaßlich nur mithilfe falscher Angaben in seinem Lebenslauf bekommen. Jetzt sitzt er im Gefängnis.

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