Schwäbische Zeitung (Biberach)
Kältewelle im Südwesten
Selbst in Neapel fällt Schnee, und in Moskau werden bis zu minus 40 Grad erwartet
(dpa) - Die Temperaturen im Südwesten sind am Dreikönigstag weit unter den Gefrierpunkt gefallen. Mit minus 22 Grad in der Nacht zum Freitag wurde in Merklingen auf der Schwäbischen Alb der bislang kälteste Wert in diesem Winter im Land gemessen, wie ein Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Stuttgart sagte.
Besonders kalt soll es in den nächsten Tagen auf der Alb, im Schwarzwald sowie am Alpenrand werden.
(dpa) - Eine Kältewelle lässt weite Teile Europas bibbern. In Deutschland sanken die Temperaturen in der Nacht zu Freitag vor allem im Süden auf die bisher tiefsten Werte des Winters. Zwischen Fränkischer Schweiz und Oberpfalz seien vielfach Minusrekorde gemessen worden, sagte ein Sprecher des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach. In Schorndorf-Knöbling in Bayern gingen die Temperaturen zwei Meter über dem Boden auf bis zu minus 22,6 Grad runter, auf der Zugspitze waren es minus 26,6 Grad.
In Überlingen aber starteten Taucher am Freitag zum traditionellen Dreikönigstauchen in den Bodensee – mit 5 Grad deutlich wärmer als die Luft. Die Teilnehmer kämen nicht nur wegen der im See versteckten Schatzkiste, erklärte die örtliche Tauchgruppe. „Vielmehr lockt auch das im Winter glasklare Wasser und natürlich die Gelegenheit, vor der Überlinger Promenade tauchen zu dürfen, was seit einigen Jahren sonst nicht mehr erlaubt ist.“
An der Ostsee starteten erste Vermessungsflüge nach der schweren Sturmflut. Zwei mit spezieller Lasertechnik bestückte Maschinen flogen über die Insel Usedom sowie von Warnemünde Richtung FischlandDarß-Zingst. Ein Datenabgleich soll dann zeigen, wo an der Küste es die größten Schäden gab. In Zempin waren in der Sturmnacht zu Donnerstag Dünen in einer Tiefe von 10 bis 15 Metern weggebrochen.
Auch in vielen anderen Ländern tobt der Winter, natürlich auch in
Russland. Die Moskauer Behörden sprechen von „ungewöhnlich kaltem Wetter“. Die Temperaturen liegen bei bis zu minus 30 Grad und damit im Mittel bis zu 12 Grad niedriger als üblich, teilte die Stadt mit. Auch einen Rat für die Bevölkerung gab es: nicht länger als notwendig draußen aufhalten, „lange Aufenthalte auf der Straße dringlichst vermeiden“. Am heutigen Samstag, wenn die Russen das orthodoxe Weihnachtsfest feiern, sollten die Temperaturen noch einmal fallen: auf knapp minus 40 Grad, noch dazu bei eisigem Wind.
Aus Ungarn wurde eine erste Bilanz der Kältetoten gemeldet: Demnach erfroren in diesem Winter bereits mindestens 80 Menschen in dem Land – doppelt so viele wie im Jahr zuvor, die aktuelle Kältewelle noch nicht eingerechnet. Betroffen waren den Daten des Ungarischen Sozialforums zufolge viele Obdachlose. Rund 30 Menschen seien in ihren Häusern und Wohnungen erfroren, weil sie sich wegen ihrer Armut keine Heizung mehr leisten konnten.
In Bulgarien legten Sturm und Schneefall vielerorts das öffentliche Leben lahm. Am schwersten betroffen war der Nordosten des Balkanlandes. Im Raum Blagoewgrad im Südwesten erfror ein Mann im Freien, berichtete das Staatsradio. Teile der beiden West-Ost-Autobahnen seien geschlossen, sagte Regionalministerin Liljana Pawlowa. Die Regierung appellierte an die Menschen, auf Autofahrten zu verzichten. Die Winterferien an den Schulen wurden verlängert. Der Seehafen und der Flughafen der Schwarzmeerstadt Warna wurden wegen Sturm und schlechter Sicht geschlossen. In Hunderten Orten im Nordosten mussten die Menschen ohne Strom auskommen, weil viele Leitungen beschädigt wurden. Vielerorts gab es auch kein Leitungswasser.
In Italien lag Schnee in sonst selten von Flocken berührten Regionen – selbst in Neapel schneite es. In den kürzlich von Erdbeben heimgesuchten Gebieten in Mittelitalien machten Schnee und klirrende Kälte den Menschen besonders zu schaffen. In weiten Teilen des Landes kam der Verkehr zum Erliegen – auch in südlichen Regionen wie Apulien, Kampanien und Sizilien. An der Adria-Küste wurde eine Bahnstrecke auf der Strecke Bologna-Ancona vorübergehend gesperrt. Der Fährverkehr zu den Mittelmeerinseln Capri und Ischia wurde wegen heftigen Windes zeitweise eingestellt.
Auch in Griechenland sorgten Sturm und Schnee für Verkehrschaos: Der Fährverkehr wurde lahmgelegt, erst am Freitagvormittag konnten zumindest die größeren Fähren aus Piräus auslaufen, wie das Staatsradio (ERT) berichtete. Zahlreiche Landstraßen in den Provinzen Epirus und Mazedonien waren am Freitag nur mit Schneeketten befahrbar. In den nördlichen Regionen herrschte Dauerfrost. Die Städte öffneten beheizte Hallen für Obdachlose. Für heute wurde mit Schneefall sogar auf Kreta gerechnet.