Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Bin zuversichtlich für die Ortsdurchfahrt“
Der Mittelbiberacher Bürgermeister Hans Berg erhofft sich einiges vom Landessanierungsprogramm – Neues Baugebiet in Reute
(mad) - Der Mittelbiberacher Bürgermeister Hans Berg blickt im Interview mit Markus Dreher zurück auf 2016 und voraus auf 2017.
Herr Bürgermeister Berg, vor einem Jahr lautete die Überschrift des Interviews „Zukunft der Werkrealschule entscheidet sich“. Inzwischen steht fest, dass sie ausläuft, und es wurden Pflöcke eingeschlagen: vorerst keine Ganztagsschule und vorerst keine Schulsozialarbeit.
Unsere Befürchtung, dass wir auch 2016 nicht genügend Anmeldungen für die fünfte Klasse unserer Werkrealschule bekommen, hat sich leider bestätigt. Nachdem wieder nur zwei Anmeldungen aus unserer Gemeinde vorlagen und wir damit zum zweiten Mal die Mindestzahl von 16 bei Weitem nicht erreicht haben, gibt es nur noch die Klassen 7 bis 9. Nach den nächsten drei Jahren wird es dann nicht mehr möglich sein, an unserer Schule einen Hauptschul-/ Werkrealschulabschluss zu machen. Das ist bedauerlich, aber bei diesen geringen Anmeldezahlen nicht mehr zu ändern. Wir werden aber auch künftig eine zweizügige Grundschule mit stabilen Kinderzahlen haben. Bei einer Informationsveranstaltung haben sich die Eltern mit deutlicher Mehrheit gegen eine Ganztagsgrundschule ausgesprochen, zumal sie mit der im Hort angebotenen Nachmittags- und Ferienbetreuung sehr zufrieden sind. Zur Schaffung einer halben Stelle für die Schulsozialarbeit haben wir Mitte des Jahres einen Zuschussantrag eingereicht, über den vom Landesjugendamt leider noch immer nicht entschieden wurde. Erst danach wird der Gemeinderat darüber endgültig entscheiden. Zusammen mit der neuen Schulleiterin und dem Lehrerkollegium werden wir an unserer gut ausgestatteten Schule weiter eine gute pädagogische Arbeit anbieten.
Die rechtlichen Voraussetzungen für das Baugebiet in Reute stehen. Wann können die ersten Bauherren beginnen?
Der Bebauungsplan ist inzwischen rechtskräftig, die Ausschreibung der Erschließungsarbeiten erfolgt in der nächsten Woche. Nach dem Baubeginn im Frühjahr werden dann die erschlossenen Bauplätze im Herbst 2017 zur Verfügung stehen.
Das Landessanierungsprogramm bietet die Chance, der Mittelbiberacher Ortsdurchfahrt ein neues Gesicht zu geben. Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass die Bürger mitziehen?
Über das Landessanierungsprogramm werden kommunale und private Sanierungsmaßnahmen finanziell gefördert. Das Ergebnis der vorbereitenden Untersuchungen liegt inzwischen vor und der Gemeinderat hat die Satzung über die Festlegung des Sanierungsgebiets erlassen. Die Gemeinde wird bereits in diesem Jahr bei der Sanierung der Winkelstraße erhebliche Zuschüsse erhalten. Sowohl die Umfrageaktion als auch erste Gespräche mit Gebäumeindegebiet deeigentümern zeigen, dass großes Interesse besteht. Insoweit bin ich zuversichtlich, dass sich bald auch durch private Maßnahmen einige Veränderungen im Bereich der Ortsdurchfahrt ergeben werden.
Ein weiteres großes Thema war der Friedhof in Mittelbiberach. Wie bewerten Sie das Erreichte und was gibt es an Rückmeldungen aus der Bürgerschaft?
Die Planung zur Weiterentwicklung wurde auf den Weg gebracht und erste Maßnahmen für die Anlegung eines weiteren Grabfeldes für 30 Urnengräber sowie vorbereitende Arbeiten für einen Friedhain zur Bestattung von Urnen unter Bäumen sind bereits durchgeführt. Es ist vorgesehen, im Frühjahr den Friedhain fertigzustellen und dann die Gesamtkonzeption mit dem Gemeinderat abschließend zu beraten. Ziel ist es, die weiteren Maßnahmen einschließlich der Anlegung eines Urnengartens zeitnah umzusetzen. Die Weiterentwicklung des Friedhofs mit der Möglichkeit, zusätzliche Bestattungsformen anzubieten, halte ich für wichtig und notwendig. Positive Rückmeldungen aus der Bürgerschaft bestätigen dies.
Ein prägendes Ereignis 2016 waren die Starkregenfälle im Sommer, die zu Überschwemmungen führten. Mittelbiberach hat’s nicht am schlimmsten getroffen, dennoch haben sich einige Bürger beklagt, die Gemeinde unternehme zu wenig für den Hochwasserschutz.
Die Starkregenereignisse haben uns allen gezeigt, wie machtlos man den Naturgewalten gegenübersteht. Wir sind im Vergleich mit vielen anderen Gemeinden glimpflich davongekommen. Trotzdem hatten einige Hausbesitzer erhebliche Schäden an Gebäuden und Gärten, insbesondere im Teilort Reute, zu beklagen. Für die Betroffenen führte das auch zu großen psychischen Belastungen wegen der ständigen Angst vor weiteren Regenfällen. Bei uns hatten die Starkregen keine negativen Auswirkungen im Bereich der Bäche oder der Kanalisation. Unser großes Problem war das wild abfließende Oberflächenwasser aus den Außenbereichen, das unkontrolliert auf das Ge- zufließt. Die Möglichkeiten der Gemeinde, bei so starken Regenfällen etwas zu unternehmen, sind sehr gering. Wir haben uns aber sofort der Machbarkeitsstudie für eine Hochwasserschutzkonzeption des Landkreises angeschlossen. Diese Studie beinhaltet Untersuchungen zur Problematik des „wild abfließenden Oberflächenwassers“. Wir hoffen, dass es daraus baldmöglichst Erkenntnisse gibt. Es ist mir ein besonderes Anliegen, allen Feuerwehrkameraden aus Mittelbiberach und Reute für ihren selbstlosen ehrenamtlichen Einsatz zu danken.
Auch wenn die Zahl der neu ins Land kommenden Flüchtlinge zurückgeht, so werden doch auch nächstes Jahr noch Personen aus den Gemeinschaftsunterkünften auf die Gemeinden verteilt. Wie sehen Sie die Gemeinde aufgestellt?
Wir haben eigene und angekaufte Gebäude instand gesetzt und Wohnungen gemietet. 2016 konnten wir damit die Zuweisungsquote des Landratsamts fast vollständig erfüllen. Für 2017 werden uns nach dem jetzigen Kenntnisstand weitere 22 Flüchtlinge zugewiesen. Dazu werden wir im kommenden Jahr wieder gemeindeeigene Gebäude umbauen und können die zugewiesenen Personen dann aufnehmen. Bezüglich der Integration bin ich sehr froh, dass es viele Ehrenamtliche im Helferkreis gibt, die die Flüchtlinge unterstützen. Das reicht von Hausaufgabenbetreuung über Deutschunterricht und handwerkliche Hilfe bis zu Patenschaften für Familien. Bei uns leben viele Familien mit Kindern, die im Kindergarten und in der Schule sind, das funktioniert gut. Es gibt das Café International im Pfarrhaus, die Kirche unterstützt das. Insgesamt finde ich es sehr lobenswert, wie die Leute sich ehrenamtlich für die Unterstützung der Flüchtlinge einsetzen.
Was waren für Sie darüber hinaus die wichtigsten Vorhaben und Ereignisse im vergangenen Jahr?
Die genannten Themen Baugebiet in Reute, Friedhof, Landessanierungsprogramm und Winkelstraße haben den Gemeinderat und die Verwaltung stark beschäftigt. Zudem sind beispielhaft die umfangreichen Abwasserbeseitigungsmaßnahmen nach der Eigenkontrollverordnung sowie die Belastungen durch die Erweiterung der Kläranlage des Abwasserzweckverbands zu nennen.
Was ist 2017 geplant, welche Projekte wollen Sie unbedingt anpacken?
Die umfangreichen Vorbereitungen in den genannten Bereichen sind abgeschlossen, die Vorhaben können 2017 umgesetzt werden. Größere Investitionen sind außerdem bei den technischen Anlagen zur Steigerung der Energieeffizienz in der Schule sowie Turn- und Festhalle Mittelbiberach vorgesehen. Der Gemeinderat hat bereits den Haushaltsplan 2017 einstimmig beschlossen. Die Finanzierungen sind ohne Kreditaufnahmen gesichert, die Gemeinde bleibt also schuldenfrei.