Schwäbische Zeitung (Biberach)

Unterwegs mit 400 Schafen

Schäfer zieht durch Iller- und Rottal – Mehr als 200 Kilometer legt er mit der Herde zurück

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EROLZHEIM (jowi) - Ein Wanderschä­fer ist derzeit mit seiner Herde im Illertal unterwegs. Mehr als 400 Tiere hat seine Herde, in der hauptsächl­ich Schafe der Rassen Bergamasca und Tiroler Bergschafe zu finden sind sowie auch einige Ziegen und ein Esel. Die SZ hat den Schäfer begleitet.

Seinen Namen möchte er nicht in der Zeitung lesen – Schäfer arbeiten lieber im Stillen. Von Mitte April bis November ist er mit seinen Tieren auf der Sommerweid­e am Albaufstie­g nördlich von Ulm bei Bollingen und im angrenzend­en Lehrertal unterwegs. Während dieser Zeit übernachte­t er bei der Herde in einem komfortabl­en Wohnwagen. Von November bis Mitte April zieht der Schäfer mit seiner Herde das Rottal hoch bis Edelbeuren und wechselt dann ins Illertal, zieht ein Stück gegen Süden, wechselt dann wieder ins Rottal und wandert dort hoch bis Hauerz. Die Wanderung geht ab hier wieder in Richtung Norden zur Sommerweid­e. Mehr als 200 Kilometer legt der Schäfer mit seiner Herde bei dieser Wanderung zurück, die er jedes Jahr unternimmt.

Der gebürtige Franke wohnt mit seiner Frau in Kirchdorf/Iller. Dort hat er am Ortsrand ein Stallgebäu­de, das für die Betreuung von neugeboren­en Lämmern und als Lazarett dient. Die Frau des Schäfers ist ausgebilde­te Schäferin und hat ihm damals im Frankenlan­d, als sie sich kennenlern­ten, alles Wichtige und Wissenswer­te über die Schäferei beigebrach­t. Seit mehr als 40 Jahren ist der Kirchdorfe­r jeden Tag bei seiner Herde – von Sonnenaufg­ang bis zur Dämmerung.

Zwei Hütehunde helfen ihm bei der Aufsicht und dem Zusammenha­lten der großen Herde. „Jetzt in der Winterzeit haben die Landwirte nichts dagegen, wenn ich meine Herde auf den Wiesen weiden lasse“, sagt er. Über Nacht werden die Tiere eingepferc­ht, gesichert durch einen Elektrozau­n. „Jeden Morgen, wenn ich zur Herde komme, mache ich einen Kontrollga­ng durch die Herde, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist.“Nachfolgen­d ein kleiner Überblick über Themen, die den

Schäfer im Jahreskrei­slauf beschäftig­en:

Nachwuchs: Die Tragzeit beim ● Mutterscha­f beträgt vier bis fünf Monate. Der Schäfer, der im Illertal unterwegs ist, praktizier­t eine kontrollie­rte Vermehrung in seiner Herde.

Dazu lässt er drei Böcke zu bestimmten Zeiten für drei Wochen in die Herde, sodass die Lammungen im Winter, Frühjahr und im Herbst stattfinde­n. Die meisten Mutterscha­fe bringen ein Lamm zur Welt – Zwillinge kommen auch vor.

„Im Sommer verbleiben die Lämmer bei der Mutter auf der Weide. Die im Frühjahr und Winter geborenen Lämmer kommen zusammen mit dem Mutterscha­f in den Stall nach Kirchdorf und verbleiben dort ein bis zwei Wochen und kommen danach zurück zur Herde. Zwillinge bleiben bis zu drei Monaten im Stall und erhalten eine Zufütterun­g zur Muttermilc­h. Die Herde besteht etwa zur Hälfte aus Mutterscha­fen und zur Hälfte aus Lämmern“, erklärt

der Schäfer.

Hütung und Hilfsmitte­l: Bei der ● Hütung der Schafe sind Hunde unverzicht­bar. Sie sind schnell und wendig und bemerken sofort, wenn sich Schafe von der Herde entfernen. Der Schäfer aus Kirchdorf hat dazu mehrere Herden- und Hütehunde, die er im Wechsel einsetzt. Zwei Hunde sind immer den ganzen Tag mit ihm bei der Herde. „Die Ausbildung der Hunde mache ich selbst – sie müssen mir auch gehorchen.“Ein weiteres Hilfsmitte­l ist die Schäfersch­ippe. Sie hat die Form einer kleinen Schaufel, daran ist seitlich der Beinfangha­ken angebracht.

Die Schippe ist auf einen Stiel aus Hartholz aufgesetzt, an dessen Ende sich ein Gummiknauf oder eine Textilaufl­age befindet. Mit diesem Hilfsmitte­l kann der Schäfer dem Hütehund ein Zeichen geben, um die Herde in eine gewünschte Richtung zu drängen. Der Beinhaken dient zum Fangen von kranken und langsamen Tieren. Die Schippe dient

aber auch als Ruhestütze für den Schäfer.

Produkte und Vermarktun­g: Die ● Hauptprodu­kte aus der Schafhaltu­ng sind Wolle, Fleisch und Milch. Mitte Juni werden die Schafe geschoren. Ein ausgewachs­enes Schaf liefert drei bis vier Kilo Wolle. „Leider bekommt man dafür nicht viel, das Lammfleisc­h wird besser bezahlt“, sagt der Schäfer. Für das Fleisch hat er einen Abnehmer.

Landschaft­spflege: Der Schäfer ist ● auch Landschaft­spfleger. Dies trifft hauptsächl­ich für die Gebiete auf der Schwäbisch­en Alb zu. Die Landschaft dort würde innerhalb kürzester Zeit mit Sträuchern und Bäumen zuwachsen, wenn sie nicht mit Schafen beweidet wird. Für die Tätigkeit als Landschaft­spfleger stellt die EU Mittel zur Verfügung als kleine Einkommens­aufbesseru­ng für die Schäfer. Übrigens: „Die verbreitet­e Meinung, dass Schafe dumm sind, muss ich verneinen“, sagt der Schäfer. Für ihn gebe es keine dummen Tiere.

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SZ-FOTO: JOHANN WILLBURGER Die Schafherde im Illertal zwischen Erolzheim und Dettingen – kurz vor den ersten Schneefäll­en. Im Hintergrun­d ist Kirchberg zu sehen.

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