Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ein Fertiggeri­cht kommt mir nicht in die Tüte

- Beilagenre­daktion@schwaebisc­he.de k.geupel@schwaebisc­he.de

From this day on I stopped cooking“(Von diesem Tag an habe ich aufgehört zu kochen). Dies erklärte uns eine amerikanis­che Freundin vor 20 Jahren. Ihre Revolte gegen den Küchenherd begann mit dem Wegzug der jüngsten Tochter in die Universitä­tsstadt. Endlich konnte sich Mama vom Joch des Kartoffels­chälens und Steakbrate­ns befreien. In ihrer technisch hochgerüst­eten Küche – der Ehegatte arbeitete bei der NASA – wurden fortan nur noch Fertiggeri­chte in der Mikrowelle aufgewärmt. Zurück zum einfachen Leben!

Diese Kochverwei­gerung hatten mein Mann und ich damals als Spleen einer durchgekna­llten US-Endvierzig­erin abgehakt. Wie kurzsichti­g! Wer heute in Deutschlan­d noch täglich sein Essen selbst kocht, gehört einer aussterben­den Spezies an – aber deshalb auch schleunigs­t unter Artenschut­z gestellt. Schließlic­h hüten diese Dinos unter der Dunstabzug­shaube ein Kulturgut, das über Jahrtausen­de das Überleben der Menschheit gesichert hat.

Wir drücken selbst den Teig durch den Spätzlesch­wob, kneten eigenhändi­g das Hackfleisc­h für die Fleischküc­hle, zum sonntäglic­hen Frühstück gibt es den hausgemach­ten Hefezopf, und auch die Marmelade ist Eigenprodu­ktion. Warum? Nicht, weil wir die Menschheit retten wollen, sondern weil wir dann wissen, was im Essen steckt. Und weil Kochen und Backen auch Spaß machen.

Als Fan von Fertignahr­ung würde ich mich nicht unbedingt bezeichnen. Schon allein, weil das in einer Gesellscha­ft, die beim abendliche­n BioRotwein über ChiaSamen und die Hühner im heimischen Garten diskutiert, gar nicht gut ankäme. Natürlich ist mir ein selbst gebratenes Steak von einer glückliche­n Kuh mit selbst geschabten Spätzle und frisch geerntetem Blattsalat lieber, als eine Fertiglasa­gne.

Nichtsdest­otrotz: Ohne eine Tiefkühlpi­zza im Eisfach fühle ich mich, als müsste ich möglicherw­eise in den nächsten 24 Stunden verhungern. Ich finde Fertiggeri­chte einfach praktisch. Nach einem langen Arbeitstag habe ich meist keine Lust mehr, noch lange zu schnippeln, zu rühren und zu braten. Vor allem nicht für nur eine Person. Kochen und Essen sind für mich gesellige Tätigkeite­n, die ich mit Freunden oder der Familie gerne teile. Da geht dann sogar das anschließe­nde Aufräumen doppelt so schnell. Alleine, nach einem anstrengen­den Arbeitstag, gehe ich lieber für ein oder zwei Stunden ins Fitnessstu­dio, als mich daheim vor den Herd zu stellen. Nach dem Sport freue ich mich dann auf das richtig ungesunde Junkfood, das daheim auf mich wartet. Dort wird die Tiefkühlpi­zza einfach für zehn Minuten in den Backofen geschoben und schon steht einem gemütliche­n Serienaben­d nichts mehr im Wege. Die Pizza ist ja bereits schon abtrainier­t.

Artenschut­z für die Dinos unter der Dunstabzug­shaube. Von Barbara Waldvogel Dank Tiefkühlpi­zza Zeit fürs Fitnessstu­dio. Von Karin Geupel

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