Schwäbische Zeitung (Biberach)
Blitzer- statt lärmgeplagt
Es naht wieder jene Nacht des Jahres, auf die ich mich am wenigsten freue. Warum? Weil mir die Erfinder der Sommerzeit dann wieder eine Stunde meines Schönheitsschlafs rauben. Außerdem ist es nach der Zeitumstellung morgens immer so dunkel. Na ja, spätestens nächstes Jahr wird es im Landkreis ohnehin richtig hell. Zuckende Blitze aus mehr als 30 neuen Geschwindigkeitsmessanlagen werden den Himmel über Biberach und dem Umland derart erhellen, dass sich so mancher geradezu nach etwas Dunkelheit sehnen wird. Oder übertreibe ich jetzt? Nein, ich habe ernsthaft die Befürchtung, dass die Anwohner der Biberacher Durchgangsstraßen, die heute wegen Verkehrslärms nicht schlafen können, es spätestens in einem Jahr nachts zwar etwas ruhiger haben; schlafen werden sie aber trotzdem nicht können, weil die Geschwindigkeitsblitzer aus der Innenstadt eine blinkende Disco machen. Aber wenn’s um Blitzer, Ampelanlagen oder Zebrastreifen geht, haben wir in der Stadt sowieso gefühlt 32 000 Experten – das ist so ähnlich wie mit den 80 Millionen Bundestrainern. Meinen Kollegen von der Zeitung wird dann wortreich erklärt, dass Tempo 30 für den Lärmschutz nix bringt, weil dann alle absichtlich mit voller Drehzahl im ersten Gang fahren (ist jemand im Ernst so blöd?). Andere vermuten sofort einen Fehler in der Programmierung, wenn sie an der Ampel gefühlt eine Minute länger warten müssen und dann nicht alles auf Grün springt, wenn sie angerauscht kommen. Und wieder andere fordern den nicht mehr existenten, weil rechtlich nicht zulässigen Zebrastreifen vor der inzwischen ebenfalls nicht mehr existenten Zeppelin-Apotheke zurück – aus Gründen der Vernunft und des gesunden Menschenverstands. Ganz ehrlich, an manchen Tagen bin ich wirklich froh, dass ich kein Zeitungsredakteur, sondern nur ein alter Esel bin. Schönes Wochenende!
Euer Marktplatz-Esel