Schwäbische Zeitung (Biberach)
Oberliga-Endrunde wird zur Farce
Schach, Oberliga: TG Biberach ist württembergischer Vizemeister – Stuttgarter Schützenhilfe bleibt aus
(disc) - Vor dem zentral in Sontheim/Brenz ausgespielten letzten Spieltag der Schach-Oberliga am Sonntag ist die Ausgangslage im Aufstiegsrennen klar gewesen. Wenn die TG Biberach noch an Spitzenreiter SC Böblingen vorbeiziehen wollte, waren die Biberacher auf Schützenhilfe der Stuttgarter SF angewiesen. Von der Papierform her waren die Chancen gut, aber dann saßen plötzlich nur vier Stuttgarter an den acht Brettern. Mit vier kampflosen Siegen gewann Böblingen locker 5:3 und hatte den Spieltag bereits nach gut 30 Minuten entschieden. Das Biberacher 4:4 im Oberschwabenderby mit dem SV Jedesheim war somit bedeutungslos.
Um 9 Uhr war ein Treffen aller Mannschaftsführer mit der Verbandsspielleitung angesetzt, dort sollten die Aufstellungen bekannt gegeben werden. Spielbeginn war um 10 Uhr. Es fehlte jedoch der Stuttgarter Mannschaftsführer und kurz vor Freigabe der Uhren war klar, dass vier von acht Stuttgarter Spielern nicht erscheinen werden. Laut der offiziellen Verlautbarung sei das Auto mit den vier Stuttgartern nach einem Bedienfehler des Navigationssystems aus Versehen nach Biberach gefahren, das ja auch an der Brenz liege. Unklar blieb unter anderem, warum es nicht möglich war, die knapp 80 Kilometer von Biberach nach Sontheim innerhalb der 90 Minuten zwischen dem Treffen um 9 Uhr und dem Verlust der Partien nach halbstündiger Karenzzeit um 10.30 Uhr zu schaffen.
Stuttgart, von der Papierform her eine der stärksten Mannschaften der dritten Liga, beglückte Böblingen somit mit einer direkten 4:0-Führung und der Spieltag wurde – vor allem aus TG-Sicht – zur Farce. Als zudem ein Böblinger in eher schlechterer Stellung ein Remis vereinbaren konnte, war das Aufstiegsrennen kurz nach 10.30 Uhr bereits entschieden. Die verbliebenen Stuttgarter kämpften dafür bravourös und zeigten mit drei Punkten, was bei voller Besetzung möglich gewesen wäre.
Für die TG Biberach hatte derweil Oliver Weiß Brett zwei kampflos gewonnen, da Jedesheim zwar eine starke Mannschaft, aber nur sieben Spieler zusammengebracht hatte. Angesichts des feststehenden Böblinger Siegs vereinbarten sichtlich frustrierte Biber an allen weiteren Brettern in mehr oder weniger ausgeglichenen Stellungen mit ihren Gegnern Remis. Einzig Thomas Oberst musste weiterspielen, da sein Gegenüber Druck auf eine Bauernschwäche an Brett drei machen wollte. Oberst kämpfte aufopferungsvoll, verlor aber später den Bauern und nach fast sechs Stunden auch die Partie. Das resultierende 4:4-Unentschieden spielte aus Biberacher Sicht aber ohnehin keine Rolle mehr.
Bei aller Tragik und schalem Beigeschmack des letzten Spieltags darf jedoch nicht übersehen werden, welche großartige Saison die Schachbiber abgeliefert haben. Als Underdogs hatten sie die Liga zusammen mit Böblingen angeführt und wurden mit 15:5 Punkten und den besten Brettpunkten deutlich vor dem SK Bebenhausen württembergischer Vizemeister. Andreas Schulze wurde mit ungeschlagenen 8,5 von zehn Punkten Topscorer der Liga, Oberst sammelte sieben von neun Punkten und kam auf Platz fünf unter 148 Spielern.
Spitzenspieler Bernhard Sinz kam ebenfalls unter die besten zehn, weißt erneut die beste Bilanz am ersten Brett auf und erspielte sich gar eine Norm als internationaler Meister. In einer Liga, in der die meisten Mannschaften mit Antrittsprämien internationale Spitzenspieler anheuern, kamen die Biber als reine Amateure mit tollem Mannschaftsgeist und durchweg guten Bilanzen viel weiter, als ihnen vor der Saison zugetraut worden war. Dass der Traum von der Zweiten Bundesliga ganz am Ende so schnöde platzte, lag nicht mehr in ihrer Macht.