Schwäbische Zeitung (Biberach)
Flüchtlinge lernen Grundsätze des Rechtsstaats kennen
Volkshochschule Biberach bietet als eine der ersten im Land dieses dreistündige Seminar an
(sz) - Die VHS Biberach bietet als eine der ersten Volkshochschulen in Baden-Württemberg Rechtsstaatsunterricht für Flüchtlinge an. Der VHS-Verband und das Justizministerium hatten im April einen entsprechenden Kooperationsvertrag unterzeichnet. Die Teilnahme an den Kursen ist freiwillig, in Biberach haben 21 Flüchtlinge das erste Seminar besucht.
20 Männer und eine Frau hatten sich zum ersten Seminar mit rund drei Stunden Dauer gemeldet. Der Kurs wurde in arabischer Sprache gehalten, eine Dolmetscherin begleitete den Unterricht. Weitere Seminare, dann wahrscheinlich in afghanischer und englischer Sprache, seien geplant, teilt die Stadt mit.
Für Volkshochschulverbands-Direktor Dr. Hermann Huba ist neben dem Spracherwerb für eine gelingende Integration entscheidend, „den zu uns Kommenden unsere grundlegenden Werte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Religionsfreiheit und die Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu vermitteln“. Der Rechtsstaatsunterricht soll dies Flüchtlingen und Asylsuchenden
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nahebringen. „Dass die Vermittlung in der persönlichen Begegnung mit amtierenden Richterinnen und Richtern sowie amtierenden Staatsanwältinnen und Staatsanwälten erfolgt, schafft zusätzliches Vertrauen“, so Huba. Beim Auftaktunterricht waren es der Präsident des Landgerichts Ravensburg Thomas Dörr und Dr. Julia Wichmann, Richterin für Strafrecht am Amtsgericht Biberach. Die Fachreferentin für Sprachen, Integration und Grundbildung des VHS-Verbands, Martina Haas, war ebenfalls mit dabei.
Nach der Grundlagenvermittlung im ersten Teil wurden in Gruppenarbeit Fälle besprochen. Zum Beispiel: „Eltern möchten nicht, dass ihre Tochter in der Schule neben einem Jungen sitzt.“Die Teilnehmer diskutierten emotional und die Richter waren unterstützt von der Dolmetscherin stark gefordert darzulegen, dass die Gleichberechtigung von Mann und Frau ein Grundrecht ist.
Das Ministerium für Justiz und für Europa finanziert das Projekt „Richtig. Ankommen. Rechtsstaatsunterricht für Flüchtlinge“. Minister Guido Wolf hebt hervor: „Wir verlangen, dass unsere Rechtsordnung und Werte eingehalten und respektiert werden. Daher müssen wir diese auch vermitteln. Unser Ziel ist es, möglichst vielen Flüchtlingen und Asylbewerbern die Grundzüge der freiheitlich demokratischen Grundordnung sowie unser Rechts- und Wertesystem nahezubringen.“Gleichzeitig gehe es darum, der Justiz ein Gesicht zu geben und um Vertrauen in den Rechtsstaat und seine Institutionen zu werben, so Wolf.
Zum Abschluss bedankten sich die Teilnehmer für den Unterricht und betonten alle, dass sie viel gelernt hätten. Besonders die Meinungsfreiheit wurde von allen gelobt, weil es diese in den Herkunftsländern nicht gibt.