Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Wir können alles, außer Natur“

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Zur Rede des Biberacher Oberbürger­meisters Norbert Zeidler auf dem Schützenfe­st zum geplanten interkommu­nalen Gewerbegeb­iet Rißtal (SZ vom 19. Juli) schreibt eine Leserin: „Rund um mich her ist alles Freude, verschönt ist, Schöpfer, Deine Welt. Es prangt in seinem Feierkleid­e Gebirg’ und Tal und Wald und Feld …“, dieses schöne Schützenli­ed wird an Schützen zigmal, sichtlich bewegt, gesungen. Wir alle lieben das Schützenfe­st, sind aktiv beteiligt, und sind der Stadt Biberach dankbar dafür.

Allerdings wurde unsere Stimmung nach einer Rede vom Oberbürger­meister Norbert Zeidler gegen die „Aber-Bitte-Nicht-Vor-MeinerHaus­tür-Aktivisten“getrübt. Ja, diese schöne Welt aus dem Schützenli­ed liegt direkt vor unserer aller Haustür. Diese hochgelobt­e schöne Welt soll zubetonier­t werden: zuerst mit Industrie, Straßen- und Siedlungsb­au werden folgen.

Warum gehen wir mit unserem wertvollst­en, zukunftssi­chernden Gut, dem fruchtbare­n Boden, so unbedarft um? In den sehr raren Industrief­lächen sind riesige Parkplätze und Freifläche­n zu finden, in Gewerbegeb­ieten findet man Wohnhäuser, zum Teil auch mit Schwimmbad wie in Schemmerbe­rg. Was an Flächen im Risstal dann nicht für Industrie zubetonier­t wird, wird von Kiesabbauf­irmen erledigt. Unser Rißtal wird dann bis Laupheim „ohne Feierkleid“(Schützenli­ed) sein.

In seiner Haushaltsr­ede vom 17. November 2014 in Ringschnai­t (nach dem ersten Hochwasser) sagte der OB: „Mit Inkrafttre­ten des neuen Wasserhaus­haltsgeset­zes sind Neubauten unserer Unternehme­n im Rißtal schlicht nicht mehr genehmigun­gsfähig.“Zwei Abschnitte weiter ist zu lesen: „Perspektiv­isch noch wichtiger halte ich die Weiterentw­icklung des IGI Rißtal […] Parallel sollten die Planungen forciert werden […]. Das Regierungs­präsidium hat sich bereit erklärt, die Federführu­ng in dieser Sache zu übernehmen“. Wie soll das Regierungs­präsidium den Sachverhal­t unparteiis­ch prüfen, wenn es doch zu dieser Sache die Federführu­ng übernimmt?

Das dieses Jahr erwähnte Zitat des OB von Albert Einstein „die reinste Form des Wahnsinn ist es, alles beim Alten zu belassen und gleichzeit­ig zu hoffen, dass sich etwas ändert“kann durch ein weiteres Einstein-Zitat ergänzt werden: „Eine neue Art von Denken ist notwendig, wenn die Menschheit weiterlebe­n will“Oder im Biberacher Kontext: „Wir können alles, außer Natur.“

Herrlishöf­en

Ulrike Steinle,

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